Monatsforum Juli Mamis 2016

mal wieder ein Diskussionsthema

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Friederike1

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Kennt noch jemand das Kontinuum-Konzept von Jean Liedloff? Habe erst jetzt ihr Buch gelesen und wünschte mir ich hätte es schon in der Schwangerschaft getan. Liebe Grüße


Rübenkind

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Bei dem Wort "Diskussion" kribbeln mir sofort die Finger ;-) Hab mich gerade mal schlau gemacht, worum es da geht. Warum meinst du, du hättest es besser schon vorher gelesen? Glaubst du, deinem Kind fehlt irgendetwas, oder es wäre anders/besser entwickelt, wenn du es bis jetzt herumgetragen hättest? (Weil ich durchaus dazulerne, erspare ich euch an dieser Stelle eine überspitzte Formulierung und bitte, das wohlwollend zur Kenntnis zu nehmen ;-) ) Ich glaube übrigens, dass ihr Konzept durchaus auf einige Kinder zutrifft. Aber wie es nun mal so ist: Kein Kind ist gleich. Meins zum Beispiel hat erst dann abends keine Schreiattacken mehr, als wir ihn einfach nach der Abend-Flasche ins Bett gelegt haben. Im Wohnzimmer bei uns hatte er die Krise gekriegt, dabei dachten wir, er braucht Nähe. Tragetuch fand er von Anfang an scheiße und im Kinderwagen ist er immer sofort weggepennt. Ich bin allgemein kein Freund von "so MÜSST ihr das machen, sonst bekommt euer Kind diese oder jene Störung später" (außer bei Impfungen, klar.) Ich glaube, jede Mama weiß selbst am besten - oder lernt es - was das Kind braucht...


Mitglied inaktiv

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Ich kannte das Konzept nicht, hab es mir gerade kurz durchgelesen hier: http://continuum-concept.de/texte/wie-das-continuum-concept-zu-verstehen-ist.html Also weder für mich noch für meine Kinder so ein Konzept. Es mag Kinder geben, die das brauchen und Mütter, die das wollen - dann vielleicht auch erzwingen können. Hätte ich meinen Großen ständig getragen hätte ich den Zweiten nie bekommen, denn dann wäre mein Rücken jetzt kaputt. Außerdem wäre er dann sicherlich nicht mit 9 Monaten gelaufen... Dafür hat er sehr viel Körperkontakt zum Einschlafen gebraucht und den auch bekommen. Mein Zweiter brauch keinen ständigen Körperkontakt zum Einschlafen, im Gegenteil, er schläft sobald man ihn ins Bett legt. Und ja, ich weiß soooooo gut, wieviel das wert ist... Dafür kommt er jetzt jede Nacht zum kuscheln zu mir ins Bett rüber gekrabbelt und darf das auch gern weiterhin tun, so lange er es möchte. Tragen konnte ich beide Kinder, aber beide sind mäßig begeistert davon, denn da sehen sie weniger als wenn sie im KiWa sitzen. Also mache ich das nur, wenn ich partout keinen Wagen gebrauchen kann und damit sind alle zufrieden - Kinder wie mein Rücken. Mein Fazit: Nettes Konzept, aber wie alle Konzepte in Bezug auf Kinder kann man es nicht verallgemeinern. Es gibt Kinder die brauchen das nicht, dann gibt es Kinder, die WOLLEN das nicht und es gibt Kinder bei denen geht es gar nicht anders. Und wieder andere brauchen wie meiner nur Teilbereiche. Welches Kind man hat und was das eigene Kind braucht, kann man denke ich gut selbst herausfinden. Klar kann so ein Konzept einem Ideen geben. Aber wenn dein Kind von Anfang an begeistert im KiWa gefahren wäre, würdest Du doch nicht auf die Idee kommen, es unbedingt rumschleppen zu müssen, oder? Und wenn dein Kind wie meiner umkippt sobald das Licht ausgeht, würdest du ihn auch nicht erst noch drei Stunden im Arm schunkeln. Jedes Kind ist anders... und manche sind besonders ;) LG Lilly


Gustavinchen

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Na da steige ich doch mal voll ein. Ich habe es mir gerade in der von Lilke zitierte Zusammenfassung durchgelesen. Ich muss ganz ehrlich gestehen - auch wenn ich das Buch gehabt hätte, ich hätte nichts anders gemacht, als ich es auch so getan habe. Nein, ich habe mein Kind nicht permanent getragen. Aber die Kleine hat von Anfang an sehr viel Körperkontakt bekommen. Ich habe fünfeinhalb Monate gestillt. Ganz oft ist sie auf meinem Arm eingeschlafen und ich habe dann über Stunden ruhig dagesessen, sie einfach nur festgehalten und die Zeit genossen - weil nicht nur sie das gebraucht hat, sondern ich auch! Generell sind viele der von Liedloff monierten Dinge im Umgang mit Babys doch bereits Vergangenheit. Mein Kind wurde nach der Kaiserschnitt-Geburt zwar von der Hebamme den normalen Untersuchungen unterzogen, aber da war mein Mann dabei. Und als sie nach ca. 30 min damit fertig war, hat sie meinem Mann das Baby in den Arm gedrückt, der es festgehalten und unserer Kleinen vorgesungen hat, bis die beiden dann zu mir kommen konnten. Unser Krankenhaus praktiziert das Rooming-In, so dass Elli die ganze Zeit bei mir im Zimmer war. Sie schlief zwar nicht im Elternbett, aber im Beistellbett direkt an meiner Seite. Ins Bett "gegangen" ist sie mit uns zusammen, bis dahin hat sie im Stubenwagen bzw. im Laufställchen geschlafen. Erst mit etwa 5 Monaten haben wir angefangen, sie nach ihrem letzten Fläschchen schon mal in ihr Bettchen im Schlafzimmer zu legen, weil sie dann immer aufgewacht ist, wenn wir sie rüber getragen haben. Ansonsten schläft sie nämlich durch. Wir bleiben bei ihr, bis sie schläft. Niemals würden wir unser Baby einfach schreien lassen. Mittlerweile nörgelt sie auch manchmal, wenn sie einfach nur Zuwendung will - dann machen wir schon noch unsere aktuelle Tätigkeit schnell zuende, bevor wir uns ihr zuwenden. Wenn sie aber erkennbar aus einer echten Not heraus weint, dann lassen wir alles sofort aus der Hand fallen und eilen zu ihr. Füttern nach Zeitplan ist ja nun schon seit Jahren passé, darüber braucht man wohl kein Wort zu verlieren. Wir füttern natürlich auch nach Bedarf. Laut Liedloff erleben Babys heutzutage, "dass Betreuungspersonen es oft ignorieren, entmutigen, kleinhalten wollen oder sogar bestrafen, wenn es weint oder andersseine Bedürfnisse mitteilt" - ääähhh WAS?! Wer bestraft denn sein Baby, wenn es weint??? Oder "hält es klein" (was immer damit gemeint ist)? Wir tun nichts davon, also hätte ich dafür auch das Buch nicht gebraucht. Und dann wird es ganz abstrus: Ein heutiges Baby ist der Erfahrung ausgesetzt, "daß es die Erwartungen seiner Betreuer spürt (und sich danach richtet), es sei nicht fähig, sich selbst zu schützen, es sei von Geburt an antisozial und könne angemessenes Verhalten nicht ohne strenge Kontrollen, Drohungen und eine ganze Vielzahl von manipulativen Erziehungstechniken erlernen, die den hervorragend entwickelten natürlichen Prozess seines Lernens untergraben." Also ehrlich gesagt, ein Baby KANN sich tatsächlich nicht selbst schützen. Was will es denn auch tun? Ein potentielles Raubtier mit Weinen in die Flucht schlagen? Das Schreien von Säuglingen ist von der Natur gerade dafür vorgesehen, dass ein Baby um Hilfe rufen kann, damit seine Eltern es beschützen. Und wer von Euch droht seinem Baby, damit es "angemessenes Verhalten" erlernt? Tut mir leid, aber das ist schlicht und ergreifend absoluter HAFER. Sowas macht mich richtig wütend. Liedloff hat eines vergessen: dass nämlich die Evolution nicht in der Steinzeit stehen geblieben ist. Wenn dem so wäre, würden nämlich beispielsweise auch die Väter unser Babys sich nicht um die Kleinen kümmern. Und vielleicht hätte Liedloff mal in einen Zoo gehen sollen: Affenmütter gehen teilweise ganz schön rabiat mit ihren Babys um. Da gibt es Klapse auf die Hände, den Po, den Kopf. Mal ein kleines Zitat: "An Rhesusaffen untersuchten die Primatenforscher, wieso in manchen Affenfamilien Gewalt von Generation zu Generation weitergegeben wird. Viele Rhesusaffen-Mütter misshandeln ihre Babys während der ersten sechs Lebensmonate: Etwa einmal pro Stunde kontrollieren und bestrafen sie dann ihren Nachwuchs übermäßig, beißen ihn oder behandeln ihn wie ein lebloses Objekt, das man am Schwanz oder einem Bein durch die Gegend zerren oder durch die Luft werfen kann." (Darius Maestripieri von der University of Chicago im Fachjournal "Proceedings of the National Academies of Science" (Band 102, S. 9276)) Wer von Euch macht das mit seinem Baby? Also ich nicht - bin ich da jetzt eine Rabenmutter, weil ich die von der Evolution vorgegebenen Dinge ignoriere? Sollte mein Kind diese Erfahrungen machen, damit es sich "gesund" entwickelt? Man sollte wie in so vielen anderen Dingen gesunden Menschenverstand walten lassen und ruhig auch mal auf sein Bauchgefühl hören. Leider gibt es natürlich viel Verunsicherung, zumal die wenigsten von uns in einem großen Familienverband aufgewachsen sind, in dem mehrere Generationen sich mit Rat und Tat zur Seite stehen. Aber während die Erziehungsratgeber früherer Zeiten mit ihren Tipps (Baby schreien lassen, nach Zeitplan füttern etc.) sicherlich die natürlichen Bedürfnisse von Säuglingen ignoriert haben, so falsch und überzogen ist in meinen Augen auch das Continuum-Concept. Mit einem goldenen Mittelweg fahren Eltern und Babys meines Erachtens am Besten. Und man muss natürlich immer auch im Auge behalten, was das EIGENE Baby nun braucht. Nochmal, ich hätte wirklich nichts anders gemacht, wenn ich das Konzept schon früher gekannt hätte. Und ich habe ein absolut fröhliches, ausgeglichenes Baby, das offensichtlich Freude am Leben hat, gern mit uns spielt, sich auch mal allein mit seinem Spielzeug beschäftigt und gerade eben hinter mir seine Spieluhr aufzieht, um mir zu zeigen, dass es jetzt wieder wach ist und meine Aufmerksamkeit zu schätzen wüsste. Und die bekommt es jetzt auch.


3-Mam

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Gustavinchen hat die Zusammenfassung ja schön auseinandergenommen. Ich will nur noch ergänzen: Das Buch ist von 1977, d.h. also es kann aktuelle Entwicklungen (z. B . Rooming-in in fast allen Geburtskliniken) nicht berücksichtigen. Es waren für die damalige Zeit sicher gute Denkanstöße drin, aber ich bin auch kein Freund von "nur SO ist das richtig". Wenn ich das richtig mitbekommen hab, war doch dein Kleiner gar kein Freund der Trage. Du hast ihn doch viel auf dem Arm gehabt...dann hast du auch ohne Buch das Richtige getan.


Friederike1

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wusste ich´s doch. Ein tolles Thema zum Diskutieren und so kriegen wir Rübenkind wieder mit ins Boot (kleiner Spaß) Gebt mir Zeit, ich brauch ein bisschen zum ausführlichen Antworten. Melde mich. Liebe Grüße


Gustavinchen

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Antwort auf Beitrag von Friederike1

Ja, das Thema eignet sich trefflich für eine Diskussion. &521; Dass das Buch schon älter ist, dachte ich mir, trotzdem Danke an Rübenkind für den Hinweis auf das Erscheinungsjahr. Und ich denke, dass es durchaus Leuten wie Liedloff zu verdanken ist, dass wir heute wieder mehr auf die tatsächlichen Bedürfnisse unserer Babys zu füttern oder ähnliches. Ich bin 1972 geboren, da war Füttern nach der Uhr noch Usus. Meine Mutter hat sich nicht daran gehalten. Ich war aber auch ihr zweites Kind; bei meinem älteren Bruder hat sie das noch gemacht. Und meine Schwiegermutter bei meinem 1978 geborenen Ehemann auch. Sie bemerkte neulich ganz traurig, dass das Leben für sie als Alleinerziehende mit Baby um vieles einfacher gewesen wäre, wenn sie hätte nach Bedarf füttern dürfen. Trotzdem scheint es mir, dass Liedloff gleich ins andere Extrem verfallen ist. Das ist ja oft so, siehe Kinderdressur/antiautoritäre Erziehung. In beiden Konzepten gibt es vernünftige Ansätze, aber keines ist die allein seelig machende Erziehungsmethode. Ich glaube, ich bin deshalb so auf das Thema eingestiegen, weil Friederike schrieb, dass sie das Buch gern schon eher gekannt hätte. Das impliziert für mich, dass sie dann etliches anders gemacht hätte - und diesen Schuh muss sich meiner Meinung nach KEINE von uns anziehen (auch nicht Friederike). Denn so, wie es heute Standard ist, dass man sich nämlich an den ganz individuellen Bedürfnissen des eigenen Babys ausrichtet, so machen wir es doch eigentlich alle, oder?


Gustavinchen

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Antwort auf Beitrag von Gustavinchen

Ups, der Hinweis auf das Erscheinungsjahr kam von 3-Mam. Entschuldige bitte!


Friederike1

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So, ich mach jetzt schon mal einen Anfang, ob ich jetzt fertig werde weiß ich nicht... und hoffe eure Beiträge ausreichend zu kommentieren. Danke Lilly fürs Einbringen der Zusammenfassung. Ich habe diese auch vorher gelesen, finde sie aber sehr verknappt und so wie es da geschrieben steht, greift es auch zu kurz und da kann ich den Einwand von Gustanvinchen verstehen, dass wir doch vieles heute schon annähernd so machen (nicht schreien lassen, bonding, usw.) Wer wirklich noch mal das ganze Bild verstehen will, den bitte ich wirklich das Buch zu lesen. Die Zusammenfassung hätte mein Denken in Bezug auf mein bisheriges Mutterverhalten nicht verändert, das Buch tat es aber schon! Es geht in dem Buch ja um Liedloffs Erkenntnisse furch langjährige Expeditionen zu Indianerstämmen und sie berichtete, dass die Babys dort so gut wie nie schreien, maximal wimmern, da eben die evolutionär vorgeprägten Erwartungen der Babys (gehalten werden, Körperkontakt, gestillt werden bei Bedarf, usw.) sofort und kontinuierlich erfüllt werden. Sie werden nicht mit Ärger konfrontiert, weil sie ihre Bedürfnisse anmelden. Hand auf´s Herz: wer von uns hat noch nie genervt auf Gequengel oder Ähnliches reagiert, besonders wenn wir keinen erkennbaren Grund dafür erkennen konnten. Ich habe leider schon genervt reagiert, wenn auch selten, aber ja... es kam vor. Es gibt dort keine Speikinder und keine Drei-Monats-Koliken. Die Babys und Kleinkinder bei den Indianern sich sehr ausgeglichen, streiten nie und es gibt dort auch keine Trotzphasen, die man in der westlichen Welt als gegeben und völlig normal hinnimmt. Es gibt dort keine Eifersucht auf jüngere Geschwister. Warum? Weil die Erstgeborenen alles bekommen haben was sie benötigten um sich auf die nächsten Ebene einzulassen (Liedloff nennt das kontiuuumsbezogen). Wir nehmen Verhaltensweisen hier als gegeben hin, weil sie so verdammt verbreitet sind, weil wir alle nicht kontinuumsbezogen aufgewachsen sind und demnach natürlich auch das "Falsche" weitergeben. Ich habe meinen Zwerg viel alleine schlafen lassen. Ich habe ihn stets in den Schlaf begleitet und bin hingeeilt, wenn er schrie, aber nach dem Einschlafen, habe ich ihn oft abgelegt, weil ich den Haushalt machen wollte. Die ersten drei Monate schlief er ab 20 Uhr allein im Bett, bis wir ins Bett gingen. So richtig ins Familienbett zog er erst mit 11 Wochen, vorher Beistellbett. Klar, er mochte keine Tragehilfe, aber er mochte es getragen zu werden. Dieses Bedürfnis habe ich nicht vollständig erfüllt, auch wenn ich ihn natürlich nur ablegte, wenn er dann nicht quengelte. Hätte ich mehr Trageerfahrung gehabt oder die richtige Tragehilfe (mit der Kokadi funktionierte es ja ab dem 4. - 5. Monat), hätte ich diesem Bedürfnis mehr gerecht werden können. Aber die Autofahrten, die für ihn eine Qual waren und die er immer noch nicht mag. Mein Zwerg ist nicht völlig ausgeglichen aber natürlich auch nicht super unglücklich. Ich denke er ist da nicht anders als die meisten anderen Babys hier im Forum. Aber er ist eben nicht lange zufrieden, wenn er abgelegt wird, er hasst das Angezogen werden. Es wird immer vieles auf Schübe geschoben. ich glaube das wäre für Liedloff ein Fremdwort. Und mit den Selbstschutzmechanismen bei Babys ist eben gemeint, dass die Indianer erstaunlich wenig auf ihre Krabbler aufpassen und erstaunlich wenig passiert, obwohl die dort ihre Messer und Ähnliches liegenlassen und natürlich in der Natur noch andere Gefahren lauern. Was machen wir in der westlichen Welt. Schauen immer ängstlich auf den nächsten Schritt unseres Babys. Nutzen die verkehrte Wortwahl. "Fall nicht die Treppe runter" anstatt zu sagen "Achte auf die Stufen". Laut Kontiuum-Konzept spüren Babys und Kinder unsere Unsicherheiten. Wenn wir sie ängstlich beobachten, dass sie jetzt bloß nicht da und da dagegen knallen und sie unseren ängstlichen Blick sehen, passiert eben genau das. Weil sie unsere Erwartung spüren, dass es nicht in der Lage ist seine Handlungen, Bewegungen usw. seinen Fähigkeiten anzupassen und verunfallen muss... Es gibt noch wesentlich mehr Aspekte, die ich am Continuum-Konzept gut und diskussionswürdig finde. Ich schreibe gern auch noch mal dazu, es wäre jetzt einfach zu viel. Ich sag auch nicht, dass ich bisher eine schlechte Mutter war, aber ich habe für mich erkannt, dass ich eine wesentlich besser hätte sein können. Ja, ich hätte ihn gern mehr getragen und ihn immer gern mit Körperkontakt schlafen lassen (es muss ja nicht nur die Mutter sein). Und wisst ihr was: Als ich das Buch las, erinnerte ich mich an meine Sehnsucht, die ich hatte, bei dem Kleinen sein zu wollen auch wenn er schlief. Das war meine Intuition. Eine Intuition, die verschüttet war. Denn der Verstand und die Gesellschaft sagten mir "Hey, er schläft, lass ihn in Ruhe schlafen, er benötigt dich jetzt nicht". Aber wir spüren doch auch, ob unser Partner neben uns im Bett liegt oder etwa nicht? Wenn er auf einmal nicht mehr neben uns liegt, werden wir wach, da wir irritiert sind. Jedenfalls ist dies so bei mir. Beim nächsten Mal mehr... Ich weiß, dass wir alle unser bestes tun und getan haben! Das möchte ich gern noch loswerden.


Friederike1

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Antwort auf Beitrag von Friederike1

@ Rübenkind: Ja, um deine Frage noch mal zu beantworten. Ja, ich glaube, ich habe ihm nicht alles gegeben und dass ihm womöglich was gefehlt hat. Das betrifft aber auch einen anderen Aspekt, auf den ich das nächste Mal eingehe, den ich aber nicht so gravierend finde, wie ihm nicht den permanenten Körperkontakt ermöglicht zu haben. Bitte lies das Buch; nur so wirst du mich vielleicht ansatzweise besser verstehen... Ich bin allerdings leider auch immer sehr selbstkritisch und fühle mich schnell schuldig und neige zum Schwarz/Weiß-Denken. Insofern taten eure ausführlichen Antworten und Darlegung eurer Ansichten dennoch gut. Vor allem Gustavinchen, dass auch ich mir den Schuh nicht anziehen müsste, auch wenn ich es doch irgendwie tue.


Snowdiva

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In meinen Augen schreibst du da schon das richtige Wort: Intuition Die Stämme in Afrika und im Urwald sind nicht geprägt durch die Medien, Ärzte, Hebammen, das Internet oder Bücher...sondern sie haben ein absolutes Urvertrauen. Vorgelebt durch die vorangegangenen Generationen nutzen sie intuitiv ihre Möglichkeiten aus und machen in meinen Augen dadurch sehr viel richtig.. Nun leben wir nunmal in einer äußerst zivilisierten Welt und meiner Meinung nach sollte sich jede Familie, jede Mama und jeder Papa, selbst darüber im Klaren sein, wie und in welcher Art und Weise sie mit ihren Kindern umgehen und es erziehen wollen. Ich habe mir anfangs, auch schon in der Schwangerschaft, über vieles Gedanken gemacht weil ich zu Anfang meiner Schwangerschaft sehr viele gesundheitliche Schwierigkeiten hatte. Bis ich an eine sehr alt eingesessene Hebamme geraten bin die mir dringend geraten hat, mich auf meine Intuition zu verlassen. Ob ich damit alles richtig mache? Keine Ahnung. Unser Baby ist ein ausgeglichener und freundlicher Geselle...also gehe ich davon aus dass er glücklich und zufrieden ist. Natürlich ist keiner von uns frei von Fehlern aber so ist das Leben nun mal... Fehler machen, daraus lernen und neu beginnen. Und sich das beste daraus ziehen...positive Grundeinstellung. Gelingt mir das immer? NEIN. Aber ich glaube an uns und an unserem Sohn. Liebe Friederike: du machst mit Sicherheit alles richtig...vertrau dir. Und wenn dir so ein Buch von 1977 dabei hilft, ist doch alles schick....


Friederike1

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Antwort auf Beitrag von Snowdiva

Danke dir. Na ja, alles richtig machen, tue ich logischerweise nicht. Schreibst du ja selbst, dass Fehler dazugehören... Ich muss nur definitiv lernen mir Fehlern nicht so lange übel zu nehmen und eben einfach den Kurs zu ändern, wenn ich meine, dies tun zu müssen. Es freut mich, dass du scheinbar gut intuitiv handeln kannst. Sicher auch ein Ergebnis deiner Bestärkung darin! Liebe Grüße


Nici_84

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Ich finde das schon interessant und hätte jetzt auch erstmal bei gustavinchen unterschrieben. Ich kenne ja das Buch aber auch nicht. Mir ist bekannt, dass es woanders keine schreikinder gibt. Also wie du schon sagtest bei gewissen Stämmen in Afrika oder so. Da werden die Kinder den ganzen Tag herumgetragen. Meine kleine mochte die ersten 3 Monate nicht wirklich gerne getragen werden. Wenn ich sie Zb. Auf der Couch im Arm hatten wurde sie quengelig. Bis wir endlich darauf gekommen sind, dass sie neben uns und nicht auf uns liegen wollte. Das konnten wir erst gar nicht glauben. Also auch da denke ich ist jedes kind anders. Meine Tochter schläft tagsüber immer bei mir auf dem Arm oder bei meinem Mann auf dem Bauch, manchmal auch neben mir umrundet von meinen armen. . Ich liebe es so sehr. Manchmal glaube ich auch, ich brauche es mehr als sie. Es tut mir einfach so gut. Ich habe gar nicht das Bedürfnis sie abzulegen. Sie wird gestillt so oft sie will und es braucht. Sie ist zwar leider sehr quengelig, wie ich schon mal geschrieben habe, aber sie schreit eigentlich nie. Ich reagiere so gut wie immer wenn sie maulig ist. Also ich würde nichts anders machen. Da ich ja so ein extremes spuckbaby habe, fand ich deinen Satz jetzt schon interessant, dass es das da nicht gibt. Wieso nicht? Ich glaube auch nicht so ganz an die 3monats Koliken. Meine große war ein extremes schreikind. Inzwischen glaube ich, dass die Entbindung und auch mein Verhalten danach und meine Einstellung sehr viel dazu beigetragen haben. Leider. Jetzt beim 2.bin ich entspannter und kann mehr auf sie ei gehen und sie besser verstehen. Keine Eifersucht? Keine trotzphase ? Das hört sich schon eigentlich zu unwirklich für mich an. Es kann doch nicht immer nur 100 Prozent zufriedene Kinder geben. Die trotzphase ist wichtig, um einen eigenen Willen zu entwickeln. Hm Naja vielleicht belese ich mich nochmal ein bißchen oder du erzählst noch mehr davon.


Friederike1

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Antwort auf Beitrag von Nici_84

Danke für deine Offenheit dem Thema gegenüber und natürlich auch für die berechtigte Skepsis Warum die Babys dort weniger spucken weiß ich nicht. Aber Liedloff sieht v.a. Blähungen als Zeichen von Stress an und immer getragene Kinder empfinden scheinbar keinen bzw. deutlich weniger Stress. Es gibt auch hierzulande Babys die sehr viel getragen werden und trotzdem Schreikinder sind. Ich denke, dass da ein wesentlicher Punkt womöglich auch ist, dass wir nicht mehr intuitiv handeln, sondern wie Snowdiva schrieb, durch Medien, die Gesellschaft und unsere Erziehungserfahrungen vorgeprägt sind und nicht mehr unseren Instinkten vertrauen. Ich schließe mich da voll ein, habe ich doch oft genug auch gern mal eine Expertenmeinung oder einfach die Meinung anderer gehört und gebraucht. In vielen Fällen hat mich das verunsichert ("Du musst ihn an den Schnuller gewöhnen, wenn du ihn nachts nicht ewig an der Brust haben willst". Ich habe es probiert, er wollte den Schnuller nicht. Ich wurde ärgerlich deshalb und bin Gott sei Dank an dem Punkt wieder zu meiner Intuition zurückgekehrt und habe und lasse ihm das Stillen auch nachts so oft er mag), Oft haben mich die Meinungen der anderen auch beruhigt (wenn ich in meinem Weg bestärkt wurde). Keine Trotzphase: Der Willen der Kleinkinder wird dort schon toleriert. Es wird aber auch grundlegend davon ausgegangen, dass die Kinder zur Gemeinschaft gehören wollen und demnach im Sinne der Gemeinschaft handeln. Aber wenn ein Kind z.B. der Mutter nicht zum Beeren sammeln folgen will, dann muss es dies nicht. Es wird nicht diskutiert, nicht überredet, nicht geschimpft. Seine Meinung wird akzeptiert. Die Mutter geht dann eben los und da das Kind dazugehören will, folgt es meist doch. Wenn es nicht folgt, ist es allerdings dort auch kein Drama, da ja immer andere Erwachsene im Dorf sind und das Kind nicht allein zurückbleibt. Das ist natürlich ein wesentlicher Unterschied zu unserer Kleinfamilienstruktur. Klar, können wir unser 2-jähriges nicht allein in der Wohnung zurücklassen. Ja, und die fehlende Eifersucht wird damit begründet, dass eben ein Kind was das Getragensein in vollem Umfang erfahren hat, keine Defizite in dieser Hinsicht aufweist, also auch keinen Nachholbedarf hat und den Platz entspannt für ein jüngeres Geschwisterkind räumen kann. Ich hoffe das erklärt es noch mal ein wenig. Genial finde ich eben auch einfach, dass man dort ohne Schimpfen, Drohen, Überreden (und übrigens auch ohne großes Loben) auskommt und die Kinder sind zufrieden fühlen sich willkommen, aber eben nicht im Sinne von "wir können hier machen was wir wollen" sondern sie handeln dennoch meist im Sinne der Gemeinschaft! Liebe Grüße


HopingWaitingWishing

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Antwort auf Beitrag von Friederike1

Liebe Friederike, eines vorneweg: ich glaube Du bist eine ganz tolle Mama und wenn ich aus dem was Du schreibst einen Fehler ablesen kann, dann den dass Du zu perfektionistisch bist. Warum ich das sage? Weil ich es selbst bin. Als mein großer noch ein Baby war, war das kein Problem, da konnte ich meinen Perfektionsanspruch ausleben. Ständiges Tragen, viel Körperkontakt, Stillen nach Bedarf... als er ein Kleinstkind war, habe ich mich bemüht, seinen Willen und seine Gefühle ernst zu nehmen und zu respektieren etc. Wenig schimpfen, viel erklären, Geduld, selber machen lassen... ich habe mich so sehr bemüht. Und dann? Trotz hoch 10! Das einzig positive ist, dass ich weiß, dass er sehr selbstbewusst geworden ist und dass er sich sehr geliebt fühlt. Ich glaube, deshalb traut er sich ein kleiner Frechdachs zu sein ;-) Das Problem ist, dass ich seine Aufmüpfigkeit und meine zum Teil wütenden Reaktionen als mein persönliches Scheitern empfinde. Hatte ich nicht alles richtig gemacht? Wieso ist er jetzt so? Wieso schafft er es, mich zur Weißglut zu treiben? Das kann einem als Mutter das Genick brechen. Ich habe sehr mit mir und meiner Mutterrolle gehadert. Dir wünsche ich, dass es Dir nicht genauso ergeht. Und da kommt Jesper Juul ins Spiel. Der Ansatz, dass das Kind im Sinne der Gemeinschaft handelt, oder 'kooperieren möchte', ähnelt sich. Und doch ist Juul ein wenig ein Antidot zu Liedloff und dem durch attachment parenting geprägten mütterlichen Perfektionismus unserer Zeit. Daher dringende Leseempfehlung! Übrigens, ich habe das Buch nicht gelesen, sondern bisher nur über Liedloff gelesen. Ich denke sie hat einen Grundstein gelegt für den kinderfreundlichen Erziehungsstil der heute überwiegend angewendet wird und deshalb halte ich das Buch für wichtig. Aber es ist auch nicht immer alles Gold was glänzt, wer weiß wie sehr das ein oder andere beschönigt wurde. Man muss so ein Buch immer im Kontext seiner Zeit sehen und sich fragen, was man heute in seiner Zeit an positiven Lehren daraus ziehen kann. Wie Du schon selber geschrieben hast, ist unsere Familien und Gesellschaftsstruktur eine ganz andere. Und: Mein jüngster Spross wollte nicht getragen werden, dabei hatte ich mir extra so ein schönes Tragetuch besorgt und mir das Anlegen zeigen lassen. Aber es war nichts zu machen ;-) LG