Frage: Hinweise zu Schlafthemen

Sehr geehrte Herr Doktor Busse, immer wieder lese ich bei Anfragen von Eltern zum Thema Kinderschlaf Ihre Antwort, das Kind ins Bett zu legen und höchstens noch daneben zu sitzen und leise zu sprechen oder zu singen. Ich möchte gern wissen, auf welcher Grundlage dieser Hinweis aufbaut, denn nach den Erkenntnissen der Bindungstheorie brauchen Kinder, insbesondere Babys und Kleinkinder, beim Finden in den Schlaf Nähe, Geborgenheit (und eben auch körperliche Zuwendung, ggf. Tragen oder Stillen) die ihnen die nötige Sicherheit vermittelt um sich in den Schlaf fallen lassen zu können. Auch nachts brauchen Kinder immer diese Sicherheit, das ist ein ganz natürlicher Überlebensinstinkt. Ich finde es schwierig, Eltern diese Hinweise mitzugeben, die sich ja schon mit einer gewissen Not an Sie wenden. Diese bekommen damit das Gefühl, dass etwas mit ihrem Kind nicht stimmt (obwohl diese Bedürfnisse alle ganz normal und wichtig zum Bindungsaufbau sind) oder sie es einfach nicht richtig machen und nicht hinbekommen. Das baut enormen Druck auf und ist eher hinderlich. Mit freundlichen Grüßen, Julia

Mitglied inaktiv - 09.07.2021, 10:46



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Liebe S., ich weiß, dass bei diesem Thema die Ansichten sehr unterschiedlich sind. Für den Rat, den Kinder in Begleitung - was ja auch Nähe und Geborgenheit bedeutet - die Chance zu geben, eigene Fähigkeiten zum in den Schlaf finden entwickeln zu dürfen, gibt es aber klare Empfehlungen von Experten z.B. in speziellen Sprechstunden für Babys mit "Schrei- und Schlafstörungen". Alles Gute!

von Dr. med. Andreas Busse am 09.07.2021



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Ich hoffe ich darf dir auch antworten... Natürlich hast du Recht auf der einen Seite, aber die Realität zeigt oft gestresste Eltern die nicht mit dem wenigen Schlaf auskommen den so ein Säugling nunmal an Entbehrung fordert. Wenn man also diese Konditionierung der Babys vornimmt, ist nach dem ersten Stress auf lange Sicht Ruhe... Das mag nicht wirklich den Bedürfnissen der kleinen entsprechen (siehe häufige Anfrage der Eltern zur jaktation), aber die Eltern sind ausgeschlafen: wenn auch nur ein Kind auf diesem Weg einer schlechten Behandlung aus dem Affekt heraus entgeht hat es trotzdem geholfen. Natürlich entspricht es nur meinen Gedanken, aber ich glaube dass diese Empfehlung zu tiefst dem wohl der Babys ausgesprochen wird. Und jede Mama die die Kraft für den anderen Weg hat sollte sich nicht beirren lassen und ihren Schatz wiegen und Stillen. Die Fragen zum Schlaf kommen ja meistens (nicht immer) weil es aber eben anders ist... Und der Alltag mit Job und/oder weiteren Kindern lässt so viel Kraft auch nicht immer zu....

von E.M.M.A am 09.07.2021, 12:00



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Da bin ich andere Meinung. Problematisch ist die Erwartungshaltung an die Kleinen, die mit solchen Aussagen noch bestärkt wird: Kinder sollen allein in den Schlaf finden. Kinder können sehr wohl schlafen uns müssen das nicht lernen, aber die entsprechenden Bedingungen müssen gegeben sein. Ich zähle selbst zu den schlafarmen Eltern und genau da sehe ich die große Gefahr, dass irgendwelche Schlaftrainings für gutes Geld angeboten werden und die verzweifelten Eltern sich an jeden Strohhalm klammern. Es gibt auch sehr gute Schlafberatungen die sich die Familie ganz individuell anschauen: wo sind Ressourcen, was kann verändert werden um es allen so leicht wie möglich zu machen ihn dass das Kind Schaden trägt? Ja, Schlaftraining wirkt sich negativ aufs Kind aus, das ist erwiesen und Eltern haben die (hoffentlich gemeinsame) Verantwortung, ihr Kind gut zu begleiten. In anderen Bereichen wird ohne Probleme eine individuelle Entwicklung zugestanden, ob es beim Laufen oder Trockenwerden ist.

Mitglied inaktiv - 09.07.2021, 13:28



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Ein Zusatz noch: Kinder haben selten „Schlafstörungen“, sie zeigen ganz normales kindliches Schlafverhalten. Es es uns als Eltern so schwer macht, sind die veränderten Bedingungen, der Clan oder das Dorf, in dem Kinder früher von mehr als nur zwei Bindungspersonen rund um die Uhr betreut wurden. Babys kommen mit Steinzeiterbe auf die Welt, sie wollen überleben. Früher hätte kein Mensch sein Kind irgendwo allein abgelegt, da hätten die meisten ja keine Überlebenschance gehabt. Liebe Eltern, es ist nicht eure Schuld wenn ihr vor Schlafmangel nicht mehr ein noch aus wisst, aber auch niemals die Schuld der Kinder. Und noch etwas dazu, das Schlaftrainings so gut funktionieren: Kinder lernen sehr schnell, wenn niemand auf ihr Weinen, ihre Not, Angst und Bedürfnisse reagiert. Sie stellen sich tot um nicht noch Feinde anzulocken (siehe Steinzeiterbe) und schlafen vor Erschöpfung ein. Wer kann das wollen?

Mitglied inaktiv - 09.07.2021, 13:57



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Meiner Meinung nach sind die beiden Ansichten doch gar nicht so weit auseinander! Dr. Busse sagt doch nicht, dass Säuglinge und kleine Babys ganz alleine in den Schlaf finden müssen. Er sagt doch ausdrücklich, dass die Eltern dabei bleiben sollen, die Hand auf das Bäuchlein legen sollen, dabei leise singen und reden... Aber eben nicht das Baby herumtragen. Denn wenn das Herumtragen zu lange dauert, kann es eben in der Tat sehr, sehr anstrengend werden und zu großer Erschöpfung, Anspannung und Gereiztheit bei den Eltern führen. Neben dem Baby (bequem) zu sitzen oder, noch besser, zu liegen und es zu streicheln bzw. die Hand auf ihm zu halten, bedeutet auch Nähe - ist aber auf die Dauer tatsächlich besser durchführbar, als stundenlanges Tragen... Und das Gleiche gilt fürs Stillen: Wenn das Baby in den Schlaf gestillt wird und dann jedesmal beim Ablegen wieder aufwacht und anfängt zu weinen, ist es weder für das Baby hilfreich, noch für die Mutter! Daher der Rat: Zuerst stillen und dann, noch wach, ins Bettchen legen. Aber wenn das Kind natürlich beim Stillen einschläft und dann im Bettchen friedlich weiterschläft - dann ist dagegen ja nichts einzuwenden :)

von SonjaF79 am 09.07.2021, 13:59



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Hallo Schnucki, Jedes Kind ist ja anders und deswegen möchte ich mich da auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Mein Kleiner schläft seit der 8. oder 9. Woche durch . Wenn er beim Einschlafen aber doch nochmal wach wird,dass habe ich aber unterbewusst schon immer so gemacht,auch ohne vorher was davon gelesen zu haben,dass ich dann wirklich nur meine Hand ruhig auf seine Brust lege und beruhigend auf ihn einrede. Das hat bis heute gut funktioniert. Außer er quengelt heftig rum,dann muss ich ihn auch nochmal rausnehmen. Aber sonst klappt das bei mir so ganz gut. Viele Grüße!

von Freya123 am 09.07.2021, 14:12



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Zumindest Herr Doktor Busse bekommt kein Geld... Und du betrachtest nur das was sein sollte (wenn das Baby nicht von selbst einfach zur Ruhe kommen kann), nicht wie es oft ist... Ich habe nicht gesagt dass es natürlich ist das die kleinen alleine einschlafen Sollen. Machen im übrigen auch nur wenige Industrie Nationen so (Japan z.b sieht Kinder als einen Teil der Gesellschaft und damit sie sich anpassen können schlafen sie natürlich bei den Eltern). Das habe ich zumindest mal so gelesen. Fakt ist aber das viele Eltern die Nerven verlieren und da steht Schlafmangel als Grund sicher ganz weit oben. Und du hast ja auch die anderen antworten gelesen... Wir sind halt (um dein Beispiel aufzugreifen) eigentlich Rudeltiere und keine Einzelgänger die ihr Baby rund um die Uhr alleine versorgen müssen. Und auch wenn du es nicht glauben magst: ich zähle zu den schlaflosen Mamis ;-) aber ich bin bereit mir auch die anderen Seiten anzusehen und dann Verständnis dafür zu haben dass man manchmal zum Wohle der Kinder andere Wege geht. Und keine Mama die ihr Kind nicht 4 mal am Tag (,powernapping Babys) in den Schlaf wiegt oder in der Nacht 2-4 wieder in den Schlaf stillt sollte sich schämen müssen dafür dass sie das alleine nur hinbekommt wenn sie sich für die Konditionierung entscheidet. Hier passt man sich halt unserer Gesellschaft an - und ich spreche aus Erfahrung. Kolleginnen rieten mir zum abstillen weil die Kinder dann zu anhänglich werden... Das zeigt welche Einstellung dazu viele haben. Da kommt also auch eine Menge Druck von außen

von E.M.M.A am 09.07.2021, 15:47



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Ich finde es ein wenig überheblich, wenn oft so getan wird, als wäre eine bestimmte Theorie die einzig wahre. Wenn es für eine Familie nicht infrage kommt das Baby täglich in den Schlaf zu tragen, warum soll es dann auf andere Art nicht liebevoll in den Schlaf begleitet werden dürfen? Die Bindungstheorie ist nichts anderes als eine Theorie, so wie es viele Theorien gibt. Mein Kind zb schläft am allerbesten alleine ein, weil es die Ruhe braucht und zu abgelenkt ist, wenn jemand anders im Raum ist. Wenn ich dabei bin, wird nur gequengelt, sobald ich das Zimmer verlasse, schläft sie seelenruhig ein. Ganz ohne Konditionierung. Die Bindungstheorie ist keine wissenschaftlich bewiesene Tatsache und schon gar nicht allgemein gültig.

von Lady_Valeria am 09.07.2021, 18:17



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Hallo. Ich habe unser Baby im ersten Lockdown bekommen. Ich hatte coronabedingt (fast) keinen Geburtsvorbereitungskurs, während der Schwangerschaft viel es mir nicht ein ein Buch über so etwas zu lesen. Ich dachte das kommt aufs Kind an u reguliert sich selbst. Im Netz findet man verschiedene Theorien. Ich wurde gleich nach Ankunft im Spital in den OP gebracht u nach der Geburt hat man auf eine Aufklärung über alles auf mich vergessen. Hab nur ein bisschen mitbekommen als sie meine Zimmernachbarin aufgeklärt haben die ich nach 2 Tagen bekam. Ich kenne auch niemanden der gestillt hat u dieses Forum habe ich erst später entdeckt. Nun hab ich halt gemacht was ich dachte es wäre das Beste für mein Baby. Der Endeffekt ... sie ist 15 Monate. Nimmt mich immer noch als Schnuller. Schläft nicht ohne mich ein u wenn ich den Raum verlasse wacht sie auf. Sie hat noch nie durch geschlafen. Wir waren über Wochen bei jede 30 Minuten wach. Mittlerweile schläft sie mal 2 bis 3 Stunden u kommt dann alle 1 bis 2 Std um sich wieder einzunuckeln. Wir haben ein Abendritual u es ist egal ob der Tag aufregend war oder nicht. Tagsüber morgens (noch im Bett) u zum Tagesschläfchen muss gestillt werden. Wenn sie im Auto einschläft fahre ich solange bis sie wach wird. Da sie sonst überhaupt nicht schläft. Ich komme zu keinem Schlaf weil ich weder schlafen kann wenn sie an mir nuckelt, noch beim Auto fahren. Meine Kleine muss es jetzt auf die Harte Tour lernen alleine (dh ohne stillen aber neben mir) einzuschlafen. Das bricht mir das Herz u ihr wahrscheinlich auch. Aber ich muss bald arbeiten gehen und bin dann auch nachts weg bzw solange weg bis sie bereits schläft. Ich versuche schon jetzt das nächtliche Stillen schrittweise zu reduzieren. Wenn ich von Anfang an das gemacht hätte was Dr Busse hier immer empfiehlt, würde das jetzt sicher nicht so aussehen. Es war mein Fehler den meine Kleine jetzt leider mit ausbaden muss. Lg

von bina2020 am 10.07.2021, 06:48



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Ich habe schon länger darauf gewartet, dass sich hier mal jemand kritisch (und trotzdem respektvoll!) zu dem von Herrn Dr. Busse empfohlenen Vorgehen in der Schlafsituation äußert! Ich bin Herrn Dr. Busse und den anderen Experten sehr dankbar dafür, dass sie sich die Zeit nehmen, die vielen Anfragen zu beantworten. Jedoch habe ich es noch nie verstanden, wieso sich Fragesteller mit Fragen zur Schlafsituation an Herrn Dr. Busse wenden und nicht z.B. an Katrin Simon, da seine Tipps meines Erachtens veraltet sind und auch aus den 60er Jahren stammen könnten. Und das sage ich, obwohl auch ich sehr unter Schlafmangel leide, mein 12 Monate alter Sohn noch immer nicht mehr als max. 4 Stunden am Stück schläft, und das auch nur wenige Male die Woche (wenn überhaupt) und oft sehr lange braucht, bis er einschläft usw. Es bleibt allen Eltern überlassen, wie sie die Einschlafsituation gestalten. Komplett fehlender Körperkontakt jedoch, gerade bei den sehr kleinen Babies, finde ich grauenvoll und entspricht ganz sicher nicht dem, was die Kinder brauchen. Dass sich heute in der westlichen Welt oftmals nur noch 1 oder 2 Bezugspersonen um ein Kind kümmern und dann besonders unter der Tatsache leiden, dass Babies z.B. mehrmals in der Nacht wach werden (können), ist eben ein Problem unserer Zeit. Es ist ein normales Verhalten, auch wenn es nervt und kräftezehrend ist. Mein Kind beim Einschlafen alleine zu lassen, es nicht hochzunehmen und zu liebkosen, wenn es weint und Angst hat, würde mir aber trotzdem nicht einfallen.

von AliGismo am 10.07.2021, 11:28



Antwort auf: Hinweise zu Schlafthemen

Das Dr. Doktor Busses Tipps schlicht, veraltet sind stimmt so nicht. Er gibt an, dass sie in verschiedenen Schlafberatungen empfohlen werden und das kann ich bestätigen. Ich hätte mich ebenfalls unter chronischen Schlafmangel leidend an ihn gewandt und die Empfehlung bekommen mich an eine Schlafberatung zu wenden. Ich habe ein kostenfreies Angebot der Stadt gewählt und eine hervorragende individuell auf uns abgestimmte Beratung bekommen, welche im Kern Dr. Busses Tipp beinhaltet. Das hat uns damals sehr geholfen. Letztlich ist es so wie es aus den vorangegangenen Kommentaren hervorgeht, es gibt verschiedene Theorien, verschiedene Herangehensweisen und ganz unterschiedliche Familien. Es steht jedem frei sich Tipps einzuholen und manchmal hilft auch leider nur Ausprobieren. Ich weiß wie anstrengend, dass sein kann. Die Antworten hier werden aber sicher im besten Wissen für die Kinder und auf einem aktuellen Stand erteilt. Viele Grüße, Nacho

von Nacho88 am 10.07.2021, 21:33