Diabetes: wie kommt es eigentlich zur "Zuckerkrankheit"?

Diabetes: wie kommt es eigentlich zur Zuckerkrankheit?

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Diabetes haben doch eigentlich nur alte Leute oder? Leider nein. Die Zuckerkrankheit, wie man sie im allgemeinen Sprachgebrauch seit Jahrhunderten bezeichnet, kann auch schon die Kleinen betreffen. 

Bei Kindern ist das in den meisten Fällen ein Diabetes Typ 1, im Gegensatz zum Diabetes Typ 2, der tatsächlich vorwiegend ältere Menschen betrifft.

Die meisten wissen über die Krankheit nur, dass sie etwas mit dem Blutzuckerspiegel und mit Insulin zu tun hat. Besonders häufig höre ich die Frage von besorgten Eltern, ob ihr Kind von zu viel Süßigkeiten Diabetes bekommen kann. Im Folgenden möchte ich deshalb einmal auf die Ursachen und die beiden verschiedenen Formen der Krankheit eingehen.

Wie ist das eigentlich mit dem Zucker und dem Insulin?

Unser Körper braucht Zucker zur Energiegewinnung - allerdings nicht als Zucker an sich, z.B. als Haushaltszucker, sondern in Form von Kohlehydraten, die in Glukose (Traubenzucker) umgewandelt werden. Dieser "Zucker" wird dann über den Darm ins Blut abgegeben und weiter in die Zellen transportiert, die daraus Energie für die Muskelarbeit etc. ziehen. Dafür sorgt das Insulin, ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird. Bei einem Diabetiker kommt es zu einem Mangel an Insulin. Dadurch passieren zwei Dinge: die Zelle bekommt keinen Zucker und damit keine Energie. Und gleichzeitig steigt die Zuckermenge im Blut ungebremst immer weiter an. Erkennt man das nicht rechtzeitig, kann das Kind in ein Zuckerkoma fallen. Bei langzeitig erhöhtem Blutzuckerspiegel können außerdem viele Organe im Körper geschädigt werden.

Überwiegend bei Kindern: Diabetes Typ 1

Der bei Kindern überwiegende Diabetes Typ 1 - früher juveniler Diabetes genannt - gehört zu den Autoimmunkrankheiten. Das heißt, das Immunsystem beginnt, körpereigene Zellen zu zerstören, weil es sie fälschlicher Weise als Eindringling ansieht - in diesem Fall die Zellen der Bauchspeicheldrüse, die das Insulin herstellen. In der Folge sinkt die Insulinproduktion immer weiter und hört schließlich ganz auf.

Wie erkennt man Diabetes bei Kindern?

Der Prozess geht langsam vor sich. Zunächst haben die Kinder oft großen Durst und rennen häufig zur Toilette. Sie sind müde und antrieblos, nehmen unter Umständen stark ab. Ein typisches Warnzeichen für einen stark erhöhten Blutzuckerspiegel ist ein nach Nagellack (Aceton) riechender Atem. Bitte gehen Sie bei solchen Anzeichen mit Ihrem Kind zu Ihrem Kinderarzt, der mit einem kleinen Pieks und einer anschließenden Blutuntersuchung in kürzester Zeit den Blutzucker messen und - hoffentlich - Entwarnung geben kann.

Diagnose Diabetes: Insulin spritzen ein Leben lang

Die Diagnose Diabetes mellitus trifft Eltern und Kinder meist wie ein Schock. Tatsächlich kann man die Krankheit bis heute nicht wirklich heilen. Doch zum Glück lässt sie sich durch regelmäßiges Spritzen von künstlichem Insulin sehr gut behandeln. Das ist zwar lästig und beeinträchtigt natürlich auch das Leben des kleinen Diabetikers. Dennoch gewöhnen sich gerade Kinder meist überraschend schnell an das Hantieren mit dem Insulin-Pen. Inzwischen gibt es außerdem die Möglichkeit, Insulin mit Hilfe einer fest installierten kleinen Pumpe (Insulin-Port) regelmäßig in kleinen Dosen an den Körper abzugeben. Diese können individuell an den Bedarf angepasst werden, z.B. wenn das Kind zum Sport geht oder etwas Süßes essen möchte. Hat man die richtige Dosierung erst mal gefunden - was leider oft langwierig ist - können Kinder und Jugendliche mit Diabetes meist ein weitgehend normales Leben führen. Langfristige Schäden oder Folgeerkrankungen können so weitgehend vermieden werden.

Bekommt man von zu viel Zucker und Süßigkeiten Diabetes?

Ein klares "Jein". Das Entstehen des bei Kindern hauptsächlich vorkommenden Diabetes Typ 1 ist von verschiedenen Faktoren abhängig, unter anderem einer erblichen Veranlagung. Das Essen von Zucker oder Süßigkeiten gehört aber nicht dazu. Sie müssen sich also ganz bestimmt keine Vorwürfe machen, falls Ihr Kind Diabetiker ist, dass Sie die Schuld tragen, weil Sie ihm zu viel Süßes erlaubt haben. Leider sind aber inzwischen immer mehr Kinder und Jugendliche stark übergewichtig, und Übergewicht kann zu verschiedenen Krankheiten - unter anderem auch Diabetes Typ 2 - führen. Also: Zu viel Zucker kann Übergewicht verursachen und ist deshalb ungesund, löst aber nicht den bei Kindern häufigeren Typ-1-Diabetes aus.

Kann man Diabetes Typ 1 bei Kindern vorbeugen?

Leider nein, auch wenn in den letzten Jahren Wissenschaftler gewisse Faktoren gefunden haben, die mit dem Entstehen von Diabetes Typ 1 in Verbindung stehen könnten, wie z.B. eine zu eiweißreiche Säuglingsernährung und Überfütterung schon in der Säuglingszeit. Stillen ist dagegen ein Schutzfaktor auch gegen die Entwicklung eines Diabetes. Außerdem stehen bestimmte Viren in Verdacht, dass sie Diabetes bei einer bereits bestehenden Veranlagung auslösen könnten. Dazu zählen unter anderem die Erreger von Masern, Mumps und Röteln und die Coxsackie-Viren.

Vorbeugung "Nein" - aber Früherkennung und Frühbehandlung "Ja"

Der ganz große Traum, die ganz große Vision und das Ziel aller Forschungsbemühungen der Diabetesforscher ist es, Typ 1 Diabetes zu verhindern. Es sollen Therapien entwickelt werden, die verhindern, dass die Störung des Immunsystems die für Typ 1 Diabetes verantwortlich ist, überhaupt auftritt. Das kann man am besten erreichen, wenn man schon bei Geburt Kinder identifiziert, die ein sehr hohes Risiko haben Typ 1 Diabetes zu entwickeln.

Früherkennung der Veranlagung für Diabetes Typ 1 per Gentest

Allen frischgebackenen Eltern. in Bayern, Sachsen und Niedersachsen wird im Rahmen des Neugeborenen-Screenings angeboten, ihr Baby am zweiten oder dritten Lebenstag zusätzlich auf 47 Genvarianten untersuchen zu lassen. In anderen Bundesländern können nur Familien teilnehmen, in denen bereits Typ 1 Diabetes vorkommt. Diabetes-Forscherin Frau Prof. Anette-Gabriele Ziegler betont, dass der Gentest nur ein grobes Risiko für die Zuckerkrankheit vom Typ 1 erfasst: "Das sind keine Mutationen, keine kranken Gene. Also es ist nicht so dass ein Mensch, der Typ 1 Diabetes hat, irgendeine Fehlentwicklung hat, sondern er hat nur eine Genkonstellation, die eben mehr prädisponiert für so eine Fehlentwicklung, dass sich der Körper da zu sehr gegen sich selbst wendet."

Die Forscher versuchen bei Kindern mit erhöhtem Risiko gegenzusteuern, mit einer Strategie, die einer etablierten Form der Heuschnupfen-Behandlung ähnelt. Tochter oder Sohn bekommen bis zum dritten Lebensjahr täglich eine kleine Menge Insulinpulver mit der Nahrung. Damit soll das Immunsystem gleich nach der Geburt sehr früh so trainiert werden, dass es die körpereigenen Strukturen wie Insulin akzeptiert und dagegen keine falsche Immunantwort entwickelt.

Typ-1-Diabetes: Früh erkennen - früh gut behandeln

Immer mehr Kinder erkranken an Typ-1-Diabetes. Die Fr1da-Studie in einigen Bundesländern untersucht bei Kindern von 2 bis 10 Jahren anhand weniger Blutstropfen, ob bei einem Kind ein frühes Stadium des Typ-1-Diabetes vorliegt. Wenn dies der Fall sein sollte, kann die Erkrankung von Anfang an optimal behandelt und schwere Stoffwechselentgleisungen verhindert werden.

Kinder und Jugendliche im Alter von 1 bis 21 Jahren mit einem nahen Verwandten mit Typ-1-Diabetes können sich deutschlandweit testen lassen.

Weitere Infos unter: www.fr1da.de

Ihre Fragen zum Thema Diabetes beantworte ich Ihnen auch gerne in meinem Forum Kindergesundheit.

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