Geschwisterliebe - heute top, morgen Flop?

Geschwister im Bett liegend

© Adobe Stock, marchibas

Sehnsüchtig hat der kleine Kronprinz oder die kleine Kronprinzessin auf's Brüderchen oder Schwesterchen gewartet - und ist angesichts des kleinen Würmchens auch tatsächlich hin und weg.

Doch leider hält die erste Liebe meist nicht lange und aus dem Neuankömmling erwächst eine vermeintliche Konkurrenz. Nach der ersten großen Freude dämmert den Erstgeborenen sehr bald, dass sich jetzt vieles - ihrer Meinung nach natürlich viel zu vieles - nur noch um das Baby dreht und nicht selten taucht schon nach ein, zwei Wochen die Frage auf: "... wann können wir es denn zurückgeben ?" Die Sorge, von nun an bei Mami und Papi selber zu kurz zu kommen ist für die Kleinen ein echtes Problem, mit dem sie allein noch nicht umzugehen wissen.

Wenn sie dann feststellen, dass außer ihnen niemand daran denkt, das Baby wieder zurückzugeben, reagieren sie auf vielerlei Arten, die jedoch alle etwas gemeinsam haben: den Ausdruck von Hilflosigkeit. Ob die Zuneigung der Eltern plötzlich abgelehnt wird, dem Baby heimlich ein Knuff gegeben wird, die inzwischen erworbene Selbstständigkeit von einem zum anderen Tag abgelegt und der Rückzug ins Babyalter angetreten wird - alles soll dazu dienen, den "Liebesentzug" zu kompensieren und die Aufmerksamkeit der Eltern zurück zu gewinnen.

Oft weinen die "vernachlässigten" Kleinen beim geringsten Anlass los oder wollen wieder gefüttert werden, lassen "wie ein Baby" Essen vom Tisch fallen oder werfen "wie ein Baby" mit Spielsachen. Das Risiko, bestraft oder beschimpft zu werden, wird dabei in Kauf genommen - Hauptsache, die Mutter richtet ihr Augenmerk wieder zurück auf sie. Umso fataler wird die Situation, wenn die Aktion "Mehr Liebe für mich" nach hinten losgeht und die Sympathien scheinbar noch deutlicher verteilt werden: "Sei jetzt ruhig - Du weckst noch das Baby auf! Siehst Du - jetzt weint das Baby!"

Auch wenn es uns Erwachsenen manchmal schwer fällt, das zu verstehen: die Angst, die Liebe der Eltern zu verlieren, ist für die Kleinen ganz real. Besonders ernst nehmen sollte man die Situation, wenn ältere Kinder wieder ins Bett machen: in den allermeisten Fällen ist das ein echter Notruf, den man mit dem Kinderarzt besprechen sollte - Schimpfen würde die Situation nur verschlimmern.

Das richtige Maß zu finden, mit dem man auf diese - aus Erwachsenensicht überflüssige - Eifersucht reagiert, ist oft nicht einfach. Auf der einen Seite ist die Lage, in der sich das ältere Kind befindet, ein ernst zu nehmender Seelenzustand, der besonders viel Zuwendung erfordert - auf der anderen Seite tut man dem Kind keinen Gefallen, wenn man ihm nur um des lieben Friedens willen alles erlaubt und es übermäßig verwöhnt. Auf diese Weise würde zwar das eine oder andere "Symptom" gelindert - die Ursache aber nicht beseitigt.

Was man tun kann

  • Das Wichtigste überhaupt ist, das ältere Kind von Anfang an in den Umgang mit dem "neuen" Baby einzubeziehen und es auch dann nicht auszuschließen, wenn es sich mal "daneben" benommen hat. Es ist hilfreich, ihm immer wieder zu erklären, warum das Baby soviel Aufmerksamkeit braucht und ihm dessen Hilflosigkeit - wenn nötig immer wieder - zu erklären.
  • "Möchtest Du mir helfen ..?" ist oft ein "Zauberspruch". Die allermeisten Kleinen reagieren freudig darauf. Wenn sie mit Interesse und Spaß dabei sind, sollte man diese "Hilfe" eher zur Regel als zur Ausnahme machen - auch wenn`s manchmal schwer fällt ...
  • Benutzen Sie dabei vielleicht einen psychologischen Trick: Machen Sie das Kind zum Partner in Sachen Fürsorge für das Baby, indem Sie es in Fragen um das Wohl und Wehe mit einbeziehen: "Meinst Du, das Fläschchen ist warm genug ? Glaubst Du das Badewasser ist richtig ? Denkst Du auch, das Baby weint, weil es schon wieder hungrig ist ?"
  • Besonders, wenn der Altersunterschied nicht groß ist, schadet es nichts, wenn man dem einen oder anderen "Babywunsch" des älteren Kindes - wie z.B. einmal wieder aus der Flasche zu trinken - gelegentlich nachkommt. Beiläufig kann man ja erwähnen, dass das eigentlich nichts mehr für schon große Kinder ist.
  • Unterbinden Sie nicht alle stürmischen Liebesbezeugungen in Sorge um das Baby. Ein Säugling hält schon mal einen dicken Kuss aus. Nur wenn`s zu heftig wird, sollten Sie die beiden trennen  - dabei aber nicht schimpfen, sondern das Eingreifen erklären.
  • Den Unterschied zwischen "noch klein" und "schon groß" sollte man ruhig öfter hervorheben, indem man zum einen betont, wie viel Hilfe das kleine Baby noch braucht - und was das ältere Kind schon alles alleine kann.
  • Überhaupt kann es helfen, einem vier- oder fünfjährigen das Baby unter Aufsicht immer wieder einmal in den Arm zu geben und dabei an die Rolle des großen Bruders oder der großen Schwester als Beschützer zu appellieren.
  • Väter, Mütter oder auch Großeltern können von Zeit zu Zeit in Absprache (z.B. während eines Ausfluges oder Spazierganges) in die Rolle desjenigen schlüpfen, der seine Aufmerksamkeit zuerst dem älteren Kind zukommen lässt - und erst in zweiter Linie dem Baby.
  • In den Pausen, in denen das Baby keine Pflege braucht, sollte das ältere Kind ruhig fühlen können, dass es zumindest zu diesen Zeiten die "Nummer eins" ist. Solche (Schmuse-)zeiten mit Mami sind Balsam für die kleine Seele weil sie das Gefühl hat, die Mutter - wie früher - wieder ganz für sich allein zu haben.
  • Last not least sollte das ältere Kind sein "Reich" in der Wohnung wenn eben möglich auch nach Ankunft des Babys noch eine Zeit lang für sich behalten.

Zuletzt überarbeitet: April 2019

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