Streptokokken-Test - wie verhalten?

Dr. med. Stefan Kniesburges Frage an Dr. med. Stefan Kniesburges Chefarzt und Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Frage: Streptokokken-Test - wie verhalten?

Guten Tag Dr. Kniesburges, guten Tag Frau Westerhausen, ich bin in der 34. SSW und meine Frauenärztin möchte in der 36. einen Streptokokken-Test machen. Meine Hebamme rät mir davon ab, da ich dann im Krankenhaus Probleme bei einer hebammengeleiteten Geburt bekomme. Mein Krankenhaus schließt diese bei Antibiotikagabe aus. Und weil auch Antibiotika so heftig in den Organismus des Babys eingreifen können. Aber wenn ich mir anschaue, was bei einer Strepto-Infektion alles passieren kann, bin ich mir überhaupt nicht mehr sicher, wie ich mich verhalten soll. Kann man das Antibiotikum im Krankenhaus ablehnen, wenn man einen positiven Befund hat? Weil meine Hebamme meint, Befund positiv, keine Entscheidungsgewalt mehr, was im Krankenhaus passiert. Ich habe jetzt aber auch schon gelesen, dass man nur generell auf Streptos getestet wird und die haben sowieso die meisten. Die wirklich gefährlichen Strepto-Arten werden bei dem Test überhaupt nicht bestimmt. Und daher wird schon unnütz Antibiotika vergeben. STIMMT DAS?! Oder kann man die Formen näher bestimmen lassen, um auch wirklich zu wissen, dass es ein begründetes Risiko gibt? Und was ist bei dem Abstrich richtig? Vaginal und anal? Aus der tiefe des Rektums oder reicht schon der Eingang? Bei dem Scheidenabstrich habe ich gegenteilige Meinungen von Ärzten und Richtlinien gelesen. Auch diese verwirren mich. Mal heißt es, vom Muttermund, mal unbedingt nur der Scheideneingang ???? Worauf muss ich achten? Und ist das Ergebnis überhaupt noch relevant, wenn ich vier oder fünf Wochen später erst entbinde? Da die Schnelltests im Krankenhaus, die vor der Geburt gemacht werden (wenn sie überhaupt gemacht werden) gar nicht aussagekräftig sein sollen. Und ist die Meinung meiner Hebamme nicht fahrlässig, zu sagen, lass dich nicht testen, warte ab und wenn es sich infiziert, kann man immer noch was geben? Nur ist es dann eben manchmal schon zu spät. Andererseits möchte ich mein Baby nicht unnötig mit Kolliken, Asthma und Allergien durch zu früh gegebene Antibiotika belasten. Ich habe auch gelesen, dass bei vielen (allen) Antibiotika sofort gegeben wird, wenn Strepto positiv, aber in Fachberichten steht oft, nur bei bestimmten Merkmalen sollte es eingesetzt werden, die da sind: Eine Frühgeburt (Schwangerschaftsdauer weniger als 37 Wochen). Langzeitig geplatzte Fruchtblase (länger als 18-24 Stunden). Temperaturerhöhung der Mutter während der Entbindung (höher als 37,8-38,0 Grad Celsius). Blasenentzündung durch GBS bei der Mutter während der Schwangerschaft. Ein früheres Kindchen mit GBS-Krankheit. Und wäre es besser ein Krankenhaus mit Kinderstation auszuwählen, falls ich Strepto positiv bin? Da meine jetzige Wahl auf das nächstgelegene Krankenhaus ausgerichtet ist, das KEINE Kinderstation hat. Und eine letzte Frage: Ich weiß nicht, ob ich Penicillin vertrage. Und dies wird an erster Stelle bei Strepto positiv zur Antibiose eingesetzt. Halten Sie es für gut, das bei der Geburt herauszufinden, ob man es verträgt oder nicht oder sollte ich lieber gleich ein anderes Alternativantibiotikum verlangen? Vielen Dank schon mal für eine Rückmeldung. Und es wäre schön, wenn ich von Ihnen beiden eine Antwort bekäme. Aus Hebammen- und Arztsicht. Silvi

von silvi26 am 12.02.2012, 12:08



Antwort auf: Streptokokken-Test - wie verhalten?

Hallo, Hier zunächst die Hebammensicht,doch Dr. Kniesburges und ich sind uns da einig - wir kennen uns seit 20 Jahren...;-) Ich werde versuchen Ihre Fragen chronologisch zu beantworten. 1. Sie können alles ablehnen,was bei Ihnen oder Ihrem Kind gemacht wird.Auch eine iv Antibiose - es ist nur die Frage ob dies Sinn macht...Sie sind mündig und erwachsen,insofern kann man Ihnen die Entscheidungsgewalt nicht einfach so entziehen. 2. Die gefährlichen Streptokokken sind die ß-hämolysierenden und diese werden auch getestet.Es wird sicher oft unnütz eine Antibiose verabreicht,nicht aber bei ß-hämolysierenden Streptokokken. 3. Der Abstrich macht auf jeden Fall Sinn und zawr aus der Scheide - über diesen Weg kann sich das kind infizieren. Sind sie am Muttermund sind sie auch in der Scheide und somit nachweisbar. 4. Im KH werden keine Schnelltests gemacht - wenn Sie 4 Wochen vor der Geburt keinen Geschlechtsverkehr mit positivem Träger haben ist das Ergebnis zur Geburt durchaus relevant. 5. Die Meinung Ihrer Hebamme kann ich nicht teilen - die Kinder positiver Mütter können post partum sehr schnell eine Sepsis entwickeln.Da dann nach der richtigen Antibiose zu suchen ist Zeitverschwendung und ein wesentlich größerer "Hammer" für das Kind,als eine einmalige Gabe vor der Geburt. 6. Eine Frau mit ß-häm.Str. bekommt vor der Geburt eine Antibiose - damit senkt man fast auf Null das Infektionsrisiko beim Kind - egal ob Frühgeburt,BS,hoher CRP... 7. Nein,Sie brauchen keine Klinik mit angeschlossener Kinderklinik zu wählen - die Kinder können 48h von den Kinderschwestern beobachtet werden (natürlich nicht permanent!). 8. Durch die vielen Penicillinallergien wird auf ein Alternativantibiotikum zurückgegriffen,also keine Sorge dass Sie noch einen anaphylaktischen Schock erleiden - eine Geburt ist nicht sooo gefährlich ;-) Grüße und alles Gute und Entspanntheit, Silke Westerhausen

von Silke Westerhausen am 12.02.2012



Antwort auf: Streptokokken-Test - wie verhalten?

Hallo, zunächst einige allgemeine Anmerkungen: eine frühe Form der Neugeborenen-Sepsis durch Streptokokken betrifft ohne Prophylaxe ca 2-5/1000 Neugeborene, geht man davon aus dass ca 30/100 Müttern eine Besiedlung aufweisen, so erkrankt etwa jedes 100. Kind einer Mutter mit Streptokokkenbesiedlung. Eine Infektion ist also selten, aber wenn sie auftritt, sehr gefährlich. Durch die Prophylaxe lassen sich ca 90% der Infektionen vermeiden. Natürlich muss man dafür sehr viele Frauen "umsonst" behandeln. Da es aber keine Möglichkeit gibt, vorherzusagen welches Kind erkranken wird, bleibt einem hier keine andere Wahl. Das ist typisch für jede Form von Prophylaxe. Insofern ist die Einstellung der Hebamme für mich schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar. Ich halte solche Aussagen für gefährlich. 1) als mündiger Mensch können Sie jede Behandlung im Krankenhaus ablehnen. Die Frage ist nur, ob das sinnvoll ist und Ihnen möglicherweise mehr schadet als nutzt. 2) getestet wird auf Streprokokken der Gruppe B, das sind genau die Keime, die zu der gefürchteten Neugeborenen-Infektion führen. Sie sind nicht gefährlich für die Mutter, dafür aber für das Kind. Insofern ist die Untersuchung sehr spezifisch. 3) optimal ist die Kombination eines analen und vaginalen Abstrichs. 4) bei negativem Befund bis 5 Wochen vor der Geburt ist eine Prophylaxe nicht erforderlich. 5) ja. Diese Aussage ist fahrlässig. 6) Vor dem Jahr 2000 war die Empfehlung nur bei bestimmten Risdikofaktoren eine Prophylaxe durchzuführen. Aufgrund der Erkenntnis, dass sich bei einem generellen Screening und Prophylaxe bei positivem Befund die Rate an NG-Infektionen um die Hälfte reduzieren lässt, wurden diese Empfehlungen angepasst. Bei bekannter mütterlicher Besiedlung erfolgt immer eine Antibiotika-Prophylaxe während der Geburt, bei unbekanntem Streptokokken-Status nur bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren. 7) das Kind sollte nach der Geburt über 48 Stunden klinisch überwacht werden. Hierzu ist es nicht notwendig, das Kind in eine Kinderklinik zu verlegen. 8) Wenn Sie nicht wissen, ob Sie Penicillin vertragen, woher wissen Sie denn ob Sie ein anderes Antibiotikum vertragen? Penicillin ist hier immer die erste Wahl. Dr. S. Kniesburges, St. Marienkrankenhaus Ratingen

von Dr. med. Stefan Kniesburges am 13.02.2012