Frage: zulassen oder nicht

hallo dr. posth, ich habe schon öfter gepostet. mein sohn marcel ist 4 1/2 und entwicklungsverzögert bzw. behindert. er ist ein sehr aufgeweckter und fröhlicher junge, der gern auf andere zugeht. diese eigenschaft finde ich eigentlich sehr schön. nur ist es so, dass er mir manchmal auch zu offen anderen gegenüber ist. er geht z.b. auch auf fremde zu und will sie in den arm nehmen und drücken, neuerdings sogar küssen. das möchte ich eigentlich nicht. jetzt weiß ich nur nicht, wie ich damit umgehen soll. ich habe angst, dass er, wenn ich ihn immer zurücknehme und es ihm verbiete, seine offene art verliert und ihm damit auch wehtue. andererseits will ich auch nicht, dass er (vor allem wenn er älter wird) immer fremde leute umarmt und küsst. wie denken sie darüber. es ist auch schwer einzuschätzen, wie stark die geistige behinderung ist. er versteht auf jeden fall mehr, als man denkt. er ist eigentlich schon relativ fit. (in manchen dingen ist er ca. 1 jahr zurück in anderen fast 2).

Mitglied inaktiv - 12.12.2005, 19:30



Antwort auf: zulassen oder nicht

Hallo, über die Bindungsstrukturen von geistig behinderten Kindern weiß man noch nicht sehr viel. Sicher kommt es stark auf den Grad der geistigen Behinderung an und man wird wpohl zu unterscheiden haben. Meiner Beobachtung nach hat es den Anschein, als entwickelten solche Kinder schnell stark vermeidende oder sogar desorientierte Bindungsprofile, und solche Kinder Kinder fallen dann, wenn sie älter sind in einem großen Prozentsatz durch ein auffallend offenes Verhalten fremden Personen gegenüber auf. Als uninformierter Erwachsener hält man ein derartiges Verhalten leicht für distanzlos. Dies insbesondere dann, wenn vom Kind unverblümt ein Körperkontakt eingefordert wird. Als Eltern solcher Kinder sollte man versuchen, den üblichen Abstand zu fremden Personen und das dazu übliche Kontaktverhalten regelrecht einzuüben. Die Unbefangenheit des Kindes dürfte dabei eigentlich nicht verloren gehen. Ein solches Einstudieren muß so gestaltet werden wie das Beibringen von Benimmregeln. Ein solches Vorgehen ist allein schon zum Schutz des Kindes notwendig. Außerdem verbessern sich auf diese Wiese die Sozialkontakte ganz allgemein. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 14.12.2005