Sohn (15 Mon.) nach Krankenhausaufenthalt völlig verändert was können wir tun?

Dr. med. Rüdiger Posth Frage an Dr. med. Rüdiger Posth Facharzt für Kinderheilkunde, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut

Frage: Sohn (15 Mon.) nach Krankenhausaufenthalt völlig verändert was können wir tun?

Guten Tag Hr. Dr. Poth. Seit unser Sohn wegen Stomatitis für einen Tag stationär behandelt wurde ist er völlig verändert. Er schreit jedes Mal, wenn ich ihn schlafen legen will. Er will auch keinen Schnuller mehr (weil es ja weh tat) und er hat das Vertrauen zu mir verloren. Wenn es ihm nicht gut geht, will er nur zu seinem Papa. Zuerst nahm er nichtmal Nahrung von mir an oder ließ sich anfassen. Die Nacht im KH ohne Papa war schrecklich, er hat fast 10 Minuten geweint, bis er vor Schwäche einschlief. Liegt es daran, dass ich ihm immer die Medikamente gab und dabei war, als der Zugang in den Fuß gelegt wurde? Inzwischen lässt er sich wieder wickeln aber schlafen gehen will er garnicht. Egal ob mit mir oder Papa. Er wacht oft auf und findet nicht mehr zur Ruhe. Schnuller will er nicht, auf dem Arm wiegen hilft auch nicht. Er weiß nicht, wie er sich beruhigen soll. Wir sind hilflos. Täglich mit Gebrüll ins Bett kann doch nicht gut sein. Haben Sie einen Tip was wir tun können?

Mitglied inaktiv - 14.11.2011, 11:12



Antwort auf: Sohn (15 Mon.) nach Krankenhausaufenthalt völlig verändert was können wir tun?

Hallo, welche Faktoren bei dem Krankenhausaufenthalt im Einzelnen dazu geführt haben, ihren Sohn derart zu erschüttern in seinem Urvertrauen zu ihnen, kann ich nicht sagen. Vielleicht war es auch schon allein die Erfahrung, ich habe Schmerzen und meine Mama kann sie mir nicht beseitigen. Daher plädiere ich immer sehr dafür. Schmerzen sofort und so gut es geht zu behandeln. Schmerzen hinterlassen keine gute Erfahrung im Leben und Schmerzen ertragen kann man auch nicht lernen. Sie tun jedesmal aufs Neue weh. Und sogar im Gegenteil: je mehr und je länger Schmerzen auf das Gehirn eingewirkt haben, desto reger und intensiver wird das Schmerzgedächtnis. Das deckt sich übrigens mit der Angst. Die Folge für den Säugling und das Kind sind zunehmender Verlust des Urvertrauens und Erschütterung der Bindung. Einzig ein erwachsener Mensch kann lernen Schmerzen und Angst auszuhalten. Aber das ist ein anstrengender und kräftezehrender Prozess im Gehirn. einem Kind stehen derartige Mittel noch nicht zur Verfügung. Es kann höchstens die Erfahrung von Schmerz und Angst komplett aus dem Gedächtnis verbannen, was sich Dissoziation nennt. Sie können jetzt nur durch ganz viel Zuwendung und viele Angebote der Beruhigung sowie einer falls noch nötig effektiven Schmerzbeseitigung (z.B. ausreichend Paracetamol oder Ibuprofen, aber nicht zu viel!) das nötige VErtrauen Ihres Sohnes wiedergewinnen. Dass dieser sich im Moment verstärkt an den Vater wendet hängt auch mit der beginnenden Loslösung zusammen (s. gezielter Suchlauf). Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 19.11.2011