Frage: Nachtrag zu Wunden

Lieber Herr Dr.Posth,obwohl ich aufrichtig eine Ihrer größten Anhängerinnen bin und mich seit langem mit Ihren Texten(lang und Antworten)beschäftige,habe ich scheinbar Pech mit meinen Fragen.Ich versuche,unmißverständlich zu formulieren und klar zu fragen,erhielt aber schonmal die Antwort,Sie müßten schon Hellseher sein,um antworten zu können(es ging um das schon viel gefragte Thema plötzliche Ablehnung des Vaters),entsprechende Antworten gaben Sie aber auf ganz ähnliche Fragen an anderer Stelle.Zuletzt nun bei 'Wunden'-keine Antwort,wo ich bei anderen Ihre freundliche Aufforderung lese,doch nochmal zu präzisieren.Ich würde das hier gern dennoch,wenn auch ungefragt,tun,denn das Thema und vor allem IHRE Ideen dazu wären uns wichtig:es handelt sich um die stark verkürzte"Lebensgeschichte"meines Mannes und er selbst wünscht sich einen Denkanstoß,da wir uns viel mit dem Thema"Bindungen"bei unserem Kind beschäftigen.Vielleicht werfen Sie doch nochmal einen wohlwollenden Blick darauf?

Mitglied inaktiv - 13.12.2005, 10:31



Antwort auf: Nachtrag zu Wunden

Hallo, ich will Ihren Fragen nicht ausweichen und bin gerne bereit, diesen Lebenslauf zu analysieren, möchte aber noch einmal meine Bedenken dazu äußern: Erstens geht es ja hier offensichtlich um die Kindheitsgeschichte einer jetzt erwachsenen Person, d.h. sie ist gar kein Thema meines Forums. Ich kann hier keine Psychoanalysearbeit leisten. Zweitens reichen die Angaben gar nicht aus, um ein genaues und damit vom Betroffenen auch wirklich zu verstehendes Psychogramm zu auszuarbeiten. Und nicht zuletzt ist das öffentliche Forum ein schlechter Ort, persönliche Schicksale offenzulegen. Ich will mich also kurz fassen und nur Folgendes sagen. Ein solches Kind wird vermutlich eine unsicher vermeidende bis desorganisierte Bindung eingegangen sein. Gerade die unsicher vermeidend gebundenen Kinder haben eine gewisse Chance zu geglückten Loslösung durch ihre scheinbare Zugänglichkeit, eine Ersatzloslösungsperson zu finden, wenn der Vater nicht zu ihrer sicheren Verfügung steht. Die desorganisierten Kinder werden im Leben immer wieder Schwierigkeiten damit haben, stabile Bindungen einzugehen. So jedenfalls läßt sich das Szenario aus verschiedenen Längsschnittstudien heraus lesen. Werden solche Kinder dann erwachsen und selber wieder Eltern, dann neigen sie dazu, ihre Bindungsunsicherheiten auf die eigenen Kinder zu projizieren und deren Bindungsbedürfnisse frühzeitig abzuwehren. Meistens wiederholen sich dann ähnliche Schicksale über Generationen hinweg. Ich hoffe, Sie können mit diesen Angaben nun Ihre Schlüsse ziehen und fühlen sich nicht mehr mißverstanden von mir. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 16.12.2005