Frage:
Langzeitstillen...?
Guten Abend, Dr. Posth!
In einem Forum habe ich von einer Mutter gelesen, die ihr drei Jahre altes Kindergartenkind immmer noch stillt, wenn es (nach dem KiGa) das Bedürfnis danach hat. Dabei spielt nicht das Stillen des Hungers eine Rolle, sondern daß das Kind Nähe und Zuneigung braucht.
Dieses Thema hat eine heiße Diskussion in Gang gebracht.
Nun meine Frage: Ist es für eine eigenständige Persönlichkeit, die sich allmählich abnabelt, ihre eigene Sexualität entdeckt, und eine neue Welt kennenlernt - gut, dann noch die Brust zu geben?
In manchen Naturvölkern ist es lebensnotwendig, Kinder möglichst lang zu stillen - aber das kann man doch eigentlich nicht als Argument anbringen?!
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Mitglied inaktiv - 24.03.2004, 20:02
Antwort auf:
Langzeitstillen...?
Hallo, ja, das ist richtig, ich habe mich zum Langzeitstillen schon mehrfach ausführlich argumentativ geäußert, z.B. in meiner Antwort vom 13.10.2003. Leider ist dieses Thema weltanschaulich zu stark besetzt und von persönlichen Erfahrungen und Neigungen dominiert, so daß es schwer ist, hier einen objektiven Standpunkt zu erarbeiten.
Die Behauptung, langzeitgestillte Kinder seien harmonischere Erwachsene scheint mir nicht belegbar. In der dritten Welt, wo hauptsächlich aus Gründen von Nahrungsmangel häufig viel länger gestillt wird als in den Industrienationen, leben, so glaube ich, nicht unbedingt die friedfertigeren und harmonischeren Menschen. Viel wichtiger als lange gestillt oder nicht gestillt, erscheint mir, ist eine einfühlsame, verständnisvolle, tolerante Umgangsweise mit den Kindern, die überdies von "Respekt vor dem Kind" gekennzeichnet ist. Häufig sind langzeitstillende Mütter eben solche Mütter, die das verwirklichen, und hauptsächlich dadurch gewinnt das Kind. Genauso aber gewinnt das Kind dadurch, wenn es früher abgestillt wurde und die Zärtlichkeit zwischen Mutter und Kind auf eine andere Weise erhalten blieb. Wie soll es denn Frauen und Kindern ergehen, die ihre Kinder mit der Flasche großziehen müssen, weil Stillen nicht geht? Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 26.03.2004
Antwort auf:
Langzeitstillen...?
Huhu,
da warst Du ja schneller als ich...ich wollte Dr. Posth auch mal fragen was er zu diesem Thema zu sagen hat...obwohl ich mir schon fast denken kann was dabei rauskommt :c)
lg KÄferchen
Mitglied inaktiv - 24.03.2004, 22:45
Antwort auf:
Langzeitstillen...?
Wenn ihr das Stichwort Langzeitstillen in den Suchlauf eingebt, findet ihr eine ganze Menge interessanter Diskussionen zu diesem Thema, in denen Dr. Posths Meinung dazu deutlich wird. Ich habe diese Diskussionen gerne gelesen und finde seine Meinung sehr überzeugend.
LG,
Kerstin
Mitglied inaktiv - 25.03.2004, 14:23
Antwort auf:
Langzeitstillen...?
Hallo Tochter also es gibt Mensch die einfach nicht verstehen warum du jetzt stillen möchtes,es gibt ja anscheinend auch Argumente dagengen.Die halt so scheinst bei jeden Kind treffen sind,es entscheiden halt andere über deine Bedürfniss,also ab heute kein Muttermilch mehr,schluß.Und wenn du halt noch Tage heulst,hauptsache keine könnte mir unterstellen und wirst irgenwann lebsbisch,so lange die brust,wie eckelhaft(oder gilt das jetzt bei 2 J. nicht?)
LG Sylvia
Mitglied inaktiv - 25.03.2004, 21:28
Antwort auf:
Langzeitstillen...?
Das mit dem Suchlauf ist ein guter Tipp, da findest Du schon viel dazu und Dr. Posths Haltung wird sehr klar.
Glaubst Du allen Ernstes, dass die WHO dazu raten würde (und zwar weltweit, eben NICHT nur in Entwicklungsländern), wenn die Kinder davon einen psychischen Schaden nehmen würden? Das kann keiner wirklich annehmen. Auch all die amerikanischen (und andere) KinderärztInnen, die dazu raten, ein Kind solange zu stillen, wie es für Mutter und Kind in Ordnung ist werden wohl kaum etwas unterstützen, was einem Kind bei seiner seelischen Reifung schadet.
Und - was die Sexualität angeht: was ist mit Kindern, die spät "sauber" werden? Das dürfte der kindlichen Sexualität deutlich näher kommen als die mütterliche Brust! WIR Erwachsenen haben die weibliche Brust sexuell besetzt, nicht die Kinder! Für Kinder hat sie eine ganz andere Bedeutung. Den grössten Fehler, den wir Erwachsenen im Zusammenhang mit der kindlichen Sexualität machen können ist der, dass wir sie mit unserer gleichsetzen. So entstehen fatale Sachen - bis hin zum Missbrauch!
Interessanterweise kommen solche Fragen wie Deine - und das ist kein Vorwurf, versteh mich nicht falsch - ausschliesslich von Menschen, die keine langzeitgestillten Kinder kennen.
Würdest Du Erwachsene kennen, die als Kind langzeitgestillt waren, würdest Du Deine Meinung endgültig ändern, ich jedenfalls sehe dort enorme innere Unabhängigkeit trotz grosser Bezogenheit auf andere und eine ausgesprochen gesunde psychische Entwicklung (auch in Sachen Sexualität).
Ich bin Psychologin und habe mich sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt: es gibt einfach nichts, was darauf hinweist, dass Langzeitstillen in irgendeiner Hinsicht schädlich ist. Jeder, der etwas anderes sagt, legt eigene Vermutungen zu Grunde, nichts anderes! Interessanterweise wird das übrigens meistens mit den Thesen von Freud (und seinen Nachfolgern)begründet, die sonst ja auch hier auf breite Ablehnung stossen und die darüber hinaus ja auch von wissenschaftlicher Seite in vielerlei Hinsicht als das erkannt worden sind, was sie darstellen: einen Spiegel der Zeit und der Gesellschaftsschicht, aus der Freud kam.
Ich habe in meiner Arbeit (und auch im Austausch mit KollegInnen) noch nicht von einem einzigen Fall gehört, wo Langzeitstillen zu einer psychischen Störung führte. Ich könnte aber seitenweise und tagelang über Menschen berichten, deren Bedürfnisse als Kinder nicht geachtet wurden, die irgendwelchen Normen der Erwachsenen angepasst wurden und die sehr wohl dafür sorgen, dass meine KollegInnen und ich nicht arbeitslos werden. Ich sage nicht, dass jedes Kind, dass nicht lange gestillt wird, Probleme bekommen wird - das wäre völliger Unsinn. Ich sage aber, dass es einem Menschen nach allem theoretischen Wissen und aller Erfahrung NICHT schaden wird!!
Das heisst nicht, dass es jede tun muss, das vorab. Aber es heisst, dass es jede tun KANN, wenn sie und das Kind es möchten.
Im Übrigen - würde man Sponsoren für Untersuchungen finden, so könnte man das auch wissenschaftlich erhärten. Nur - wir nach den Gesetzen des Kapitalismus leben, wird man wohl kaum ein Interesse haben, etwas zu unterstützen, das einen Einbruch in einem immer grösser werdenden Industriezweig zur Folge haben könnte.
Liebe Grüsse,
Chr.
Mitglied inaktiv - 26.03.2004, 11:05
Antwort auf:
Langzeitstillen...?
Richtig, den Schluss zog man auch aus der einzigen mir bekannten Studie zum natürlichen Abstillen - dass man nicht genau sagen könne, was genau zu dem erkennbaren Unterschied die soziale Kompetenz betreffend führte: das Stillen bzw. natürliche Abstillen oder eben der entsprechende achtsame, liebevolle Umgang der Mütter mit den Kindern.
Aber das war ja auch nicht die ursprüngliche Frage, die war ja, ob langes Stillen sich schädlich auswirkt auf die Entwicklung eines Menschen. Darauf bezog ich mich mit dem Hinweis auf die Erwachsenen.
LG,
Chr.
Mitglied inaktiv - 26.03.2004, 21:14
Antwort auf:
Langzeitstillen...?
Einverstanden, es wäre sicher eine spannende Diskussion. Sprengt aber das Forum. Viele Grüße
von
Dr. med. Rüdiger Posth
am 27.03.2004
Antwort auf:
Langzeitstillen...?
...mit der sowohl langzeitstillende und nicht stillende Mütter zurecht kommen können.
Gruß
Lucia
Mitglied inaktiv - 29.03.2004, 12:45