Frage: Abstillen und Rückbindung?

Vielen Dank f. I. wertvolle Arbeit! S (10 M) schläft nach unruhig. Phase wieder o. Weinen, teils auch beim Stillen ein. Dreht er sich nach dem Stillen weg, streichle ich bis er schläft, manchmal würde er auch ohne mein Zutun einschlafen, dennoch streicheln bereits rückbindend ?( alles zum Stichw. gelesen, schwierig sich selbst zu beurteilen, fließender Übergang) und darf ich mich freuen wenn das Einschlafstillen wieder klappt? Übersehe ich vielleicht Signale die auf Seiten des Kindes auf ein Abstillen hindeuten? Ich würde ihn sehr gerne stillen solange er das möchte, ein Abstillen vom Kind aus ist doch als ultimatives LL-Zeichen zu werten, oder? Auch ohne Stillen bin ich meiner Ansicht nach rückbindungsgefährdet, mögl. selbst Acht zu geben u. nicht ins Überkompensieren zu verfallen beim Versuch es besser zu machen als eigene Eltern o. gibt es aus dem Generationenkreisel selten ein Entrinnen? Würden Sie ein Abstillen vor dem 1ten Geb. auch empf. wenn keine Milchprod. konsumiert werden?

von honigvogel am 18.11.2013, 07:12



Antwort auf: Abstillen und Rückbindung?

Hallo, Abstillen vor dem 1. Geburtstag wird von mir nicht empfohlen. Lediglich das Zufüttern ab etwa 1/2 Jahr halte ich für wichtig, um den Umgewöhnungsprozess in Gang zu bringen und um das Kind schon im Säuglingslater mit alternativer Kost in Kontakt zu bringen. Einzig die Brustwöhnung in der Nacht wird von mir als zum Ende des 1. Lebensjahres empfohlen, wobei ich mich da hauptsächlich vom mütterlichen Wunsch leiten lasse. Es ist verständlich, dass das u.U. mehrfache Stillen in der Nacht stark an der eigenen Substanz zehrt. Aber wer es nicht will, muss es auch nicht tun. Und das Stillen zum Einschlafen wie in den frühen Morgenstunden beim Aufwachen kann ruhig erst einmal weiter beibehalten werden. Da entscheidet dann das Kind, wann es darauf verzichten möchte. Einen Säugling beim Einschlafen noch zu streicheln, wenn er nicht mehr an der Brust saugt, ist völlig richtig und normal und hat mit Rückbindung nichts zu tun. Jeder tut es doch für sein Kind und nicht für sich selbst. Rückbindung fängt da an, wo das Kind dazu benutzt wird, eigene Bedürfnishaftigkeit (und nicht mehr die des Kindes) zu befriedigen. Fachlich ausgesdrückt würde man davon sprechen, dass das Kind zu eigenen Zwecken instrumentalisiert wird. Nun ist die Grenze zwischen dem, was für das Kind gut ist und für sich selbst manchmal fließend. Da muss man sich dann wirklich selbst prüfen und sich fragen, wer von beiden das größere Interesse an der entsprechend Handlung hat. Aber das Kind ganz allein bestimmen lassen, wann es nicht mehr gestillt werden möchte, hat zwei Probleme: erstens sind zwei beteiligte Personen da, die berechtigte Interessen haben. Und zweitens kann das Kind seine Gewohnheitsprozesse nicht (oder nur schlecht) steuern. Alle, was ihm guttut und ihm gefällt, versucht es solange wie möglich beizubehalten. Das auch auf Kosten der Bedürfnisse eines anderen. Erst jenseits der Zeit der Empathieentwicklung erwirbt es die Möglichkeit zum emotionalen und sozialen Umdenken. Aber dann ist das Kind 4 Jahre alt. Und der Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Viele Grüße

von Dr. med. Rüdiger Posth am 18.11.2013