Einzelgänger?

Dr. med. Ludger Nohr Frage an Dr. med. Ludger Nohr Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Frage: Einzelgänger?

Guten Tag Hr. Dr. Nohr, wir hatten heute das Abschlussgespräch in der Krippe, da unser Sohn (Einzelkind) jetzt mit 3 Jahren in den Kindergarten wechselt. Es gab einen Punkt, der uns etwas beschäftigt, was seine Entwicklung betrifft, das ist die soziale Komponente. Wir können sehr gut nachvollziehen, was die Erzieherinnen beobachtet haben, und überlegen, ob es noch etwas gibt, was ihm helfen könnte. Insbesondere, was wir zu Hause tun können. Unser Sohn ist sehr schüchtern und kann kaum Kontakt mit anderen Kindern herstellen. Er ist sprachlich eigentlich sehr eloquent, aber wenn ihn jemand direkt anspricht, auch die vertrauten Kinder, antwortet er meistens nicht und schaut nur auf den Boden. Dann beschäftigen sich die anderen Kinder natürlich irgendwann nicht mehr mit ihm, was ihm aber wohl auch (noch?) nicht so viel ausmacht. Wenn er dann mal den Kontakt sucht, was draßen wohl meistens eher vorkommt als im Haus, dann macht er dies auf eine körperliche, eher ruppige Art, die die anderen Kinder dann aber abschreckt - und er spielt dann wieder alleine. Die Erziehrin meinte, er wäre eben ein typischer Einzelgänger. Ist das einfach sein Charakter? Gibt es Kinder, die lieber alleine spielen und soll man sie dann auch lassen, oder sollte man eher versuchen diese Komponente stärker zu fördern und wenn ja - wie? Danke und herzliche Grüße!

von Karlafrodo am 14.03.2019, 11:50



Antwort auf: Einzelgänger?

Hallo, ich finde Festlegungen wie "typischer Einzelgänger" in diesem Alter problematisch und vermeide sie. Er wirkt nach Ihrer Beschreibung zurückhaltend, unsicher oder schüchtern und dann haben diese Kinder oft Schwierigkeiten, sozial passende Kontaktformen zu entwickeln, die es in Gruppen einfacher machen. Die Ruppigkeit ist also eher Ausdruck seines Unwohlseins, gepaart mit noch geringer sozialer Kompetenz. Das ist keine Festlegung, ist aber im Moment so. Hilfreich könnte sein, wenn er in für ihn sichereren Situationen Kontakt üben könnte. Ein Kind einladen das er mag, wo er geben kann, nicht in der "Bitt-Position" ist. Kleine Gruppen mit vertrauter werdenden Kindern machen es einfacher, stabilisierende Erfahrungen zu machen. Dann ist es mit der Zeit eher möglich auch in größeren Gruppen seinen Platz zu finden. Es geht aber nicht darum ihn zu "verändern" oder zu beeinflussen, sondern Möglichkeiten zu schaffen, in denen er sein Naturell entwickeln kann nach seinen Möglichkeiten und nach seinen Bedürfnissen. Dr.Ludger Nohr

von Dr. med. Ludger Nohr am 15.03.2019