Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Vegetarierin und Schwangerschaft

Dr. med. Vincenzo Bluni

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Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Vegetarierin und Schwangerschaft

Mitglied inaktiv

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Lieber Dr. Bluni! Ich versuche immer noch schwanger zu werden und mir fallen immer wieder neue Fragen ein. Ich bin Vegetarierin (kein Fleisch, keine Wurst und kein Geflügel - Fisch, Käse, Sahne und Sojamilch ja, aber sonst kaum tierische Produkte ). Ich nehme normalerweise ein Vitamin Präparat (Juice Plus - kennen Sie das Präparat?), was mich ausreichend mit Vitaminen versorgt. Seit einer Woche nehme ich Folsäure und Jod und habe deswegen Juice Plus reduziert, da es sonst zu viel wäre. Die FA meiner Schwägerin meinte, dass das Vitamin A in zu hoher Konzentration in Juice Plus vorhanden sei und dies deswegen die Wirkung von Folsäure zunichte machen würde. Sollte ich vielleicht lieber ganz mit Juice Plus in der Schwangerschaft aufhören? Was empfehlen Sie mir? Auf was sollte ich bei meiner Ernährung vor und während der Schwangerschaft als Vegetarierin noch achten? Gerade auch, was den Eisenbedarf angeht. Vielen Dank. Veronika


Dr. med. Vincenzo Bluni

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liebe Veronika, die Vegetarierin braucht hier keine Bedenken zu haben:Der Lakto-Ovo-Vegetarismus (Meiden des Verzehrs von Fleisch und Fisch sowie daraus hergestellter Produkte) deckt bei entsprechender Zusammenstellung der Kost auch für Schwangere und Stillende den Nährstoffbedarf (mögliche Engpässe bei Vitamin B12 und Eisen). Untersuchungen zeigen, dass Lakto-Ovo-Vegetarierinnen im Durchschnitt genau so gut wie Mischkostlerinnen mit Nährstoffen versorgt sind. Anders bei denjenigen, die entweder Milch und Milchprodukte oder Eier oder den Verzehr aller tierische Lebensmittel (Veganerinnen) meiden. Diese strenge Form des Vegetarismus ist selbst bei Frauen, die nicht schwanger sind und nichtstillenden Frauen nur bei sehr gut geplanter Nahrungsauswahl bedarfsdeckend. wenn es um die Frage geht, was an Mineralstoffen und Vitaminen schon bei Kinderwunsch bzw. in der Schwangerschaft ratsam ist, so kann man sagen, dass in jedem Fall frühzeitig schon die Einnahme von Folsäure (0,4 mg/Tag) und Jodid (200 Mikrogramm/Tag - sofern keine Schilddrüsenerkrankung vorliegt), empfehlenswert ist. Ausserdem hat sich die prophylaktische Einnahme von Magnesium (z.B. 2x1 Kps Magnetrans forte) als sinnvoll erwiesen. Es sind 300 mg/Tag zu empfehlen, bzw 15 mmol/Tag; als orale Verabreichungsform kann dieses problemlos gesteigert werden, da die einzige Nebenwirkung bei zu hoher Dosierung der Durchfall ist. Die Erfahrung zeigt, dass in vielen Fällen diese empfohlene Tagesdosis auch über die Ernährung nicht erreicht wird und es deshalb in der Schwangerschaft mehr als ratsam ist, dieses zuzuführen. Die Folsäure sollte in jedem Fall in den ersten 3-4 Monaten der Schwangerschaft eingenommen werden.Neuere Untersuchungen stützen die Vermutung, daß eine gute Versorgung mit Folsäure in der Frühschwangerschaft das Risiko für Neuralrohrschäden, d. h. einen offenen Rücken des Kindes, Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten und ähnliche Fehlbildungen mindert. Die offizielle Empfehlung, die auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE: www.dge.de) herausgegeben wird, ist, dass die Frau (sofern keine Schilddrüsenerkrankung vorliegt)schon mit Kinderwunsch und natürlich während der Schwangerschaft und Stillzeit täglich 200 Mikrogramm Jodid zusätzlich substituiert, unabhängig von der Ernährung oder Einnahme von jodiertem Salz. Die Vorteile für das Kind liegen hier wissenschaftlich in vielen Studien erwiesen eindeutig auf der Hand. Schwangere haben einen erhöhten Bedarf an Jod. Ein Jodmangel kann sich nicht nur an einer Vergrößerung der Schilddrüse zeigen, sondern hat für Schwangere noch schwerwiegendere Folgen. Ein Jodmangel des ungeborenen Kindes beeinträchtigt seine Entwicklung weitreichend. Die Neugeborenen zeigen eine verlängerte Neugeborenengelbsucht, sind trinkfaul und bewegungsarm. Wenn die Diagnose nicht frühzeitig gestellt wird, kann sich das Vollbild des Kretinismus (dysproportionierter Zwergwuchs mit Intelligenzeinschränkung) entwickeln. In der Schwangerschaft steht durch Ernährungsdefizite eine Eisenmangelanämie im Vordergrund, die sich nach der Geburt durch größere Blutverluste und auch fehlende Prävention und Therapie dieser Blutverluste bei Geburt verstärken kann. Die WHO definiert eine Anämie beim Vorliegen eines Hämoglobinwertes unter 11 g/dl in der Schwangerschaft und unter 10 g/dl in der Wochenbett-Periode. Es ist gesichert, dass niedrige Hämoglobinwerte in der Schwangerschaft und im Wochenbett - insbesondere Werte unter 9 g/dl -deutliche Negativauswirkungen auf den Schwangerschaftsverlauf und die kindliche Entwicklung haben. Als negative Auswirkungen einer Anämie stehen bei der Mutter gehäufte Infektionen und Frühgeburtlichkeit im Vordergrund. Beim Ungeborenen stehen die Wachstumsminderung mit Mangelentwicklung und Frühgeburtlichkeit im Vordergrund. Als Prophylaxe ist zunächst der Genuss eisenreicher Nahrung zu empfehlen: Der größte Eisenlieferant ist Fleisch, vor allem Rindfleisch. Das tierische Eisen ist für unseren Organismus besser zu verarbeiten als das pflanzliche. Darüber sollten reichlich Vollkornprodukte und dunkles Gemüse verzehrt werden. Kaffee und Tee hemmen die Eisenaufnahme; Vitamin C erleichtert sie. Wer also zum Essen Orangensaft trinkt oder in die Salatsoße etwas Zitronensaft gibt, verbessert damit seine Eisenbilanz. Bei Vorliegen einer Anämie ist in jedem Fall die Verabreichung eines Eisenpräparates zu empfehlen. Das Eisenpräparat kann bei Nebenwirkungen ausnahmsweise auch mal nicht auf nüchternen Magen und vielleicht am Abend eingenommen werden, da dann die Nebenwirkungen überschlafen werden. Ansonsten sollte es eben besser auf nüchternen Magen und morgens eingenommen werden. Überdosierungen mit Vitaminen betreffen in der Schwangerschaft vor allem das Vitamin A. Die außerhalb der Apotheke erhältlichen Multivitamin-Präparate und Säfte sind in aller Regel frei von Vitamin A. Multivitamin-Präparate aus der Apotheke können Vitamin A enthalten, jedoch nur in einer auch für Schwangere sicheren Dosis von maximal 5000 I. E. Schwangere Frauen und Frauen mit Kinderwunsch sollten nur soviel Vitamin A aufnehmen, daß sie – besonders am Anfang der Schwangerschaft – im Rahmen der zur Zeit gültigen Sicherheitsgrenzen bleiben. Nach Durchsicht der aktuellen Literatur zu dieser Frage kann man sich wohl am ehesten an die von Schäfer & Spielmann ("Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit") halten. Sie empfehlen, eine Tagesdosis von 6000 IE Vitamin A nicht zu überschreiten. Bei ausgewogener Ernährung besteht, auch nach der Ansicht der Autoren, kein Grund, Vitamin A in Tablettenform zu substituieren, es sei denn, es läge eine nachgewiesene Mangelsituation vor. VB


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Hallo Veronika, ich muß mich, aufgrund einer tierischen Eiweißallergie, die jetzt in der Schwangerschaft aufgetreten ist, ganz vegan (also weder Fleisch-, noch Milchprodukte) ernähren! Ich nehme keine zusätzlichen Präparate, und meine Blutwerte, die regelmäßig kontrolliert werden, sind so gut, wie nie zuvor! Ich hatte davor immer mit Eísenmangel zu kämpfen, von dem jetzt nichts mehr zu bemerken ist. Geht wohl auch mit viel Obst und Gemüse.. Grüße, Sandy (12+3. SSW)


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hallo ! ich bin auch vegetarierin (seit ich 12 bin) und meine werte, auch der eisenwert, sind alle ok. meine FÄ meinte sogar, daß vegetarisch (nicht vegan!) gesünder sei, wenn man viel milchprodukte ißt. wenn du halt nur das fleisch, geflügel wurst usw. wegläßt, aber sonst von allem etwas zu dir nimmst, dann mach dir keine gedanken. ich bin mittlerweile in der 17. SSW und an unserem jungen ist alles dran und er ist super entwickelt :o) lieben gruß peppi


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Hallo Sandy und Peppi! Vielen Dank für Eure Antworten. Das ermutigt und beruhigt mich. Auf jeden Fall werde ich meine Blutwerte mal checken lassen, damit ich weiß, wie es bei mir so aussieht. Alles Gute für Euch beide und Eure Kleinen. Lieben Gruß, Veronika


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