Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

schwangerschaftsdiabetes???

Dr. med. Vincenzo Bluni

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Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: schwangerschaftsdiabetes???

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hallo dr. bluni nun hab ich so viel verschiedenes gelesen. ab wann handelt es sich nun um eine wirklich ernstzunehmende schwangerschaftsdiabetes? ich hatte kürzlich blutzuckerbelastungstest und mein wert nach einer stunde lag bei 193 also etwas über dem grenzwert nun soll ich zum diabetologen. was für eine gefahr besteht für mich und das baby wenn ich ab jetzt keine diät mache??? ist der wert arg hoch? leider wurde ich in der praxis auch nicht richtig aufgeklärt und ich bin nicht komplett nüchtern zum test erschienen habe abends gegen 21 uhr noch etwas gegessen und über die nacht/morgens noch ein glas wasser getrunken und zähne geputzt. kann das den wert verfälscht haben? danke karin


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Liebe Karin, 1.die Screeninguntersuchung nach einem Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) besteht in einer einmaligen Bestimmung des Blutzuckers (BZ) nach Trinken von 200 ml einer Zuckerlösung mit 50 Gramm Glukose. Vorteil hierbei ist, dass die Schwangere nicht nüchtern zu sein braucht. Die Flüssigkeit sollte innerhalb von 5 Minuten langsam getrunken werden und die Blutentnahme 60 Minuten danach erfolgen. Erreicht der BZ-Spiegel den Wert von 7,7 mmol/l (140 mg/dl), besteht der Verdacht auf eine diabetische Stoffwechsellage. Tageszeit oder vorausgegange Mahlzeiten spielen dabei keine Rolle. Zur endgültigen Diagnosestellung wird deshalb ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) bei unveränderter Ernährung der Schwangeren durchgeführt. Dieses am sinnvollsten in einer diabetologischen Schwerpunkteinrichtung oder bei einem niedergelassenen Diabetologen. Hierzu muss die Schwangere vor der Testung 9-12 Stunden nüchtern sein. Zu Beginn bekommt sie erstmalig Blut abgenommen (Nüchternblutzucker), dann erhält sie 300 ml einer Zuckerlösung mit 75 Gramm Glukose zu trinken. Nach einer und nach zwei Stunden wird erneut Blut zur Bestimmung des Blutzuckers abgenommen. Nach den offiziellen Vorgaben " Diagnostik und Therapie des Gestationsdiabetes" liegt nach einer Belastung mit 75 Gramm Glucose ein Gestationsdiabetes (GDM) vor, wenn mindestens zwei der folgenden drei Grenzwerte erreicht oder überschritten werden (Werte aus dem kapillärem Vollblut) nüchtern: größer/gleich 90 mg/dl nach 1 Std: größer/gleich 180 mg/dl nach 2 Std :größer/gleich 155 mg/dl Erreicht oder überschreitet nur ein Wert die oben angegebenen Grenzen, so liegt definitionsgemäß eine eingeschränkte Glucosetoleranz (IGT) vor, diese wird, bezogen auf die Behandlungsbedürftigkeit, wie ein diagnostizierter GDM gewertet. In dem Fall ist es in jedem ratsam, dass die betroffene Schwangere dann in einer diabetologischen Schwerpunktambulanz zur weiteren Abklärung und Therapieempfehlung vorgestellt wird. 2. er Gestationsdiabetes (Diabetes in der Schwangerschaft ) resultiert aus einer gestörten Glukosetoleranz (Glucose=Zucker), die erstmals in der Schwangerschaft entdeckt wird. Ebenso wie der insulinabhängige Diabetes in der Pubertät ist die Schwangerschaft eine mehr oder weniger starke Herausforderung für die Stoffwechselsysteme der werdenden Mutter. In der Schwangerschaft kommt es zur Mobilisierung von Energiereserven mit dem Ergebnis einer erhöhten mütterlichen Glukosebelastung, begleitet von erhöhten Insulinspiegeln. Die ursächlichen Mechanismen Schwangerschaftsdiabetes sind nicht endgültig geklärt. Der Gestationsdiabetes gehört zu den häufigsten Erkrankungen in der Schwangerschaft, dennoch wird ein Screening in den Mutterschaftsrichtlinien in Deutschland noch nicht berücksichtigt. Aufgrund der in den Mutterschaftsrichtlinien angegebenen Urinzucker - Bestimmungen als Diabetes - Suchtest und damit verbunden ein unzureichendes Gestationsdiabetes - Screening, streuen die Angaben zur Häufigkeit des Gestationsdiabetes in Deutschland zwischen 3-5%. Das Risiko "Gestationsdiabetes" sollte nicht unterschätzt werden. Im Zusammenhang mit einem Gestationsdiabetes können Unterzuckerungen bei Neugeborenen nach der Geburt zu Entwicklungsstörungen der Kinder (minimal brain damages) führen. Nach den Perinatalerhebungen in der Bundesrepublik liegt die perinatale Sterblichkeit von Kindern diabetischer Mütter mit 3 bis 4 %- (in Perinatalzentren unter 2 %) - um ein Mehrfaches höher als im Durchschnitt der Bundesbevölkerung. Die Frühgeburtlichkeit vor der vollendeten 37. SSW beträgt noch fast 20%. Die Frequenz kindlicher Fehlbildungen ist noch immer erhöht. Letale Fehlbildungen (die ein Überleben unmöglich machen) werden zwei- bis dreimal häufiger als bei Kindern stoffwechselgesunder Frauen beobachtet. Mütterlicherseits besteht eine verstärkte Neigung zu Hochdruck, zu Infekten der Harnwege, der Scheide und Zervix sowie zu Plazentainsuffizienz und vorzeitigen Wehen. Es können Zustände der Unterzuckerung auftreten. Eine diabetisch bedingte Mitbeteiligung der Augen und/oder der Nieren kann sich verschlechtern. 3. eine Diabetikerin kann heute eine Schwangerschaft in aller Regel "normal" austragen und ein gesundes Kind zur Welt bringen. Es ist aber zu fordern, dass sie sich schon bei der Planung, spätestens sofort nach Feststellung der Schwangerschaft, von einem diabetologisch erfahrenen Internisten und einem mit diabetologischen Problemen vertrauten Gynäkologen gemeinsam betreuen lässt. Wichtigstes Ziel der Prophylaxe und Behandlung ist eine normoglykämische (normale Zuckerwerte) Diabeteseinstellung. Dieses Ziel ist erreicht, wenn die Blutglukosewerte vor den Mahlzeiten unter 90 mg/dl, eine Stunde nach dem Essen unter 140 mg/dl, zwei Stunden danach unter 120 mg/dl liegen. In der ersten Schwangerschaftshälfte soll das HbA1c im oberen Normbereich, später im unteren Normbereich stoffwechselgesunder Schwangerer liegen (Normbereich mit 4,8 bis 6,0 %). Das Therapiekonzept des Gestationsdiabetes sieh als erste Stufe eine Ernährungsberatung vor. In 90% der Fälle genügt diese Ernährungsumstellung (bei der übrigens kaum eine Patientin Hungergefühl hat), um das Therapieziel zu erreichen. Gleichzeitig sollte eine ausreichende Bewegung der Schwangeren sichergestellt sein. Bereits ein halbstündiger Spaziergang nach dem Essen kann die Blutzuckerwerte deutlich senken. Nur bei Schwangeren, die auch dann noch ein pathologisches Blutzuckertagesprofil (wie oben angegeben) aufweisen, ist zusätzlich eine Insulingabe notwendig. Zur Ernährungsumstellung ist folgendes zu sagen: Empfohlen wird eine Ernährung, die eine für die Bedürfnisse der Schwangerschaft adäquate Kalorienmenge und Zusammensetzung enthält. Der Kalorienbedarf für eine Schwangere im 2. und 3. Schwangerschaftsdrittel (Trimenon) beträgt ca. 30 kcal/kg Körpergewicht. Bei Frauen mit einem Body-Mass-Index von größer 27 kg/ Quadratmeter Körperoberfläche am Beginn der Schwangerschaft sollte die Kalorienmenge auf 25 kcal/ kg Körpergewicht reduziert werden. Die Kostverordnung soll von einer ausgebildeten Fachkraft nach Kohlenhydrat-Einheiten (KE) quantifiziert werden. Weiteres besprechen Sie bitte mit den Experten vor Ort. Auf den Internetseiten der Deutschen Diabetes-Klinik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf http://www.diabetes.uni-duesseldorf.de/download/DDFI_Broschuere_Schwangerschaft.pdf können Sie dazu eine sehr informative Broschüre für Betroffene downloaden. VB


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