Guten Tag, Hr. Dr. Bluni,
ich habe meine Tochter per KS bekommen. Die Gründe waren: Nach dem Blasensprung wurde bei mir die Geburt per Infusion eingeleitet, weil ich keine eigenen Wehen hatte und meine Tochter bei der Hebamme eingeschränkte Hertöne hatte. Bei der Geburt steckte sie irgendwie fest, weil der Muttermund nach 3 Stunden schon auf war, dann haben wir noch 2 Stunden gewartet, sie kam aber nicht, das Fruchtwasser war schon grün und dann habe sie sie geholt. Wenn ich jetzt noch ein Kind bekommen würde, müsste ich das auch per KS bekommen, weil das erste Kind auch nicht durchgepasst hat? (Meine Tochter hatte 33,5 cm Kopfumfang.)
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Mitglied inaktiv - 06.09.2010, 17:47
Antwort auf:
Kaiserschnitt
Hallo,
wenn auch die geflügelten Worte “Once a cesarean – always a cesarean“ (einmal Kaiserschnitt – immer Kaiserschnitt) des Amerikaners Cragin zu Beginn des 20.Jahrhunderts lange Zeit das Denken prägten, ist diese Ansicht bei uns in Deutschland längst überholt.
Aus diesem Grund sind für die Beantwortung der Frage, ob bei einer Folgeschwangerschaft erneut ein Kaiserschnitt erfolgt, die folgenden Parameter von großer Bedeutung
1.warum wurde der Kaiserschnitt gemacht? Wie war der Geburts- und Wehenverlauf?
2. Gibt es bei der folgenden Schwangerschaft besondere, geburtshilfliche Risiken bei der Frau und während der Schwangerschaft?
3. Wie schwer ist das folgende Kind ungefähr bei Geburt? Dieses sollte um die 36. SSW durch Untersuchung und per Ultraschall abgeschätzt werden.
4. Wie sind die Bedürfnisse der Eltern hinsichtlich des Entbindungsmodus?
5. Was empfehlen Frauenarzt/Ärztin und die Entbindungsklinik den Eltern?
Generell ist es wohl sicher den meisten Fällen möglich, eine vaginale Entbindung (spontan, per Saugglocke oder Zange) auch nach einem Kaiserschnitt durchzuführen, ohne, dass hier Probleme entstehen müssen.
Dieses sollte aber in Absprache mit der Frauenärztin/Frauenarzt und der Entbindungsklinik entschieden werden, wo die Frau sich eigentlich immer vor der Geburt vorstellen sollte und nach einem Kaiserschnitt vielleicht noch mehr, um über die Vor- und Nachteile und auch die möglichen Risiken des ein oder anderen Vorgehens zu sprechen.
Studien zufolge liegen die Erfolgsraten einer vaginalen Entbindung je nach untersuchter Studiengruppe zwischen 50% und 90% (Mittelwert bei etwa 73%). Bei einer Spontangeburt nach mehr als einem vorangegangenen Kaiserschnitt liegt die Erfolgsrate zwischen 45% bis 90% (Mittelwert bei 68%).
Wenn der der Kaiserschnitt aber wegen eines Geburtsstillstandes und der wiederum wegen eines Missverhältnisses zwischen kindlichem Kopf und mütterlichem Becken zu Stande kam, sinken die Chancen auf eine spontane Geburt doch erheblich und in dieser Situation ist es für sie das Beste, wenn Sie um die 37. SSW zu einem Geburtsplanungsgespräch in die Entbindungsklinik gehen, wo am besten ein erfahrener Facharzt, dem auch der letzte Geburtsbericht vorliegt an Hand einer Untersuchung und vielleicht eines Ultraschalls entscheiden kann, ob zunächst eine normale Geburt angestrebt werden kann oder ob es vielleicht jetzt Hinweise auf ein relatives Missverhältnis gibt.
VB
Quellen:
- Landon, M. B. et al. (2005). The MFMU Cesarean Registry: Factors affecting the success of trial of labor after previous cesarean delivery. American Journal of Obstetrics and Gynecology, 193, 1016-1023
-Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft für maternofetale Medizin, Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin & Board für Pränatal- und Geburtsmedizin der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. (2007). Schwangerenbetreuung und Geburtsleitung bei Zustand nach Kaiserschnitt. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 015/021. http://www. leitlinien.net/
VB
von
Dr. med. Vincenzo Bluni
am 06.09.2010