Mitglied inaktiv
Hallo Dr. Bluni, ab wann ist eine Fruchtwasseruntersuchung möglich? Gibt es Möglichkeiten, das zu beschleunigen (selbst bezahlen? Was würde es kosten?). Der Gedanke an eine sog. "Spätabtreibung" macht mir Angst. Gibt es vergleichbar zuverlässige Untersuchungen, die man früher machen kann? Vielen Dank! Ninni
Liebe Ninni, 1. die Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) wird meist zwischen der 15. und 16. Woche nach dem ersten Tag der letzten Menstruation durchgeführt. In speziellen Fällen kann ein späterer Untersuchungstermin in Erwägung gezogen werden. Für die Amniozentese besteht ein Fehlgeburtsrisiko von ca. 1%. Mögliche Komplikationen können aus einem Fruchtwasserverlust durch den unvollständigen Verschluss der Eihäute nach dem Entfernen der Punktionsnadel entstehen. Dies kann zu Wehen führen, welche unter bestimmten Umständen nicht beherrschbar sind. Kleinere Blutungen sind sehr selten und Infektionen sind aufgrund der optimalen hygienischen Bedingungen auch sehr selten. Durch die Beurteilung der Chromosomen auf Struktur und Anzahl können Abnormalitäten ermittelt werden. Ein Beispiel für eine numerische Chromosomenveränderung (also in der Anzahl) ist das Down-Syndrom („Trisomie 21). Neben der Genetik können familiäre Stoffwechselstörungen oder kindliche Infektionen ausgeschlossen werden. Im Rahmen der Genetik wird nach den Trisomien 21,13,18, Monosomien, dem Turner-Syndrom und einigen anderen chromosomalen Störungen geschaut. Die Mehrzahl der Neuralrohrdefekte, welche mit einer AFP (Alpha-feto-protein)-Erhöhung vergesellschaftet sind, können mit Hilfe der Amniozentese erkannt werden. Bei gegebener Indikation können spezielle Untersuchungen auf genetische Erkrankungen oder Enzymdefekte durchgeführt werden. Wichtig: mit der Amniozentese oder der Chorionzottenbiopsie können nicht alle genetischen Störungen, Stoffwechsel-, Muskel- oder Erbkrankheiten erkannt werden. Sofern das genetische Ergebnis der Amniozentese/Chorionzottenbiopsie unauffällig ist, werden damit Erkrankungen und Fehlbildungen des Ungeborenen nicht ausgeschlossen. Dazu können u.a. Herzfehler, Spaltbildungen im Gesicht, Fehlbildungen, wie z.B. Extremitätenfehlbildungen und auch geistige Behinderungen oder Stoffwechselkrankheiten gehören. Denn solche Fehlbildungen und Erkrankungen sind nicht zwangsläufig mit einer erkennbaren Abweichung im Chromosomensatz verbunden. Eine Garantie für ein Kind ohne eine genetische Erkrankung kann keine Methode der Pränataldiagnostik geben. Pränatale Diagnostik wird zur Identifizierung diagnostizierbarer Probleme unter klarer Indikation angewendet Die Ergebnisse der Chromosomenuntersuchung zeigen eine 99%ige Sicherheit. Die Wartezeit für das Endergebnis beträgt etwa 2-3 Wochen, kann aber durch eine besondere Untersuchung (PCR oder FISH) auf zwei Tage verkürzt werden. Für die gesetzlich versicherte Patientin ist es sicher wichtig, zu wissen, dass beide Verfahren zur Schnelltestung keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung darstellen und somit deren Kosten in aller Regel selbst zu tragen sind. Wenn Sie vor der Entscheidung zu dieser Diagnostik stehen, ist es unter Abwägung der Risiken und der Konsequenzen, die Sie eventuell aus einem schlechten Ergebnis ziehen, besonders wichtig, hier vorher ein ausführliches Gespräch mit Frauenärztin/Frauenarzt und ggf. der speziellen Einrichtung zu führen. 2. eine Chorionzottenbiopsie wird in aller Regel ab der vollendeten 10. SSW durchgeführt. Man erhält ein sehr frühes und auch schnelles Ergebnis (innerhalb von 48 Stunden) im Gegensatz zur Fruchtwasserpunktion. In aller Regel wird sie über den Bauch durchgeführt. Diese Technik ermöglicht im Gegensatz zur Fruchtwasserpunktion allerdings nicht, das im Fruchtwasser vorhandene AFP (Alpha-Fetoprotein) und die ACHE (AcetylCHolinEsterase) zu bestimmen, um Hinweise auf einen Neurahlrohrdefekt zu erhalten. Seltene Formen von genetischen Störungen wie Mosaikbildungen können nicht erkannt werden. Darüber hinaus sind in der Literatur Fälle von Extremitätenfehlbildungen nach Chorionzottenbiopsie beschrieben, wobei man den genauen Mechanismus dafür bis heute nicht genau deuten kann. Das Fehlgeburtsrisiko liegt wie bei der Amniozentese bei ca. 1%. 3. bei der Auswahl eines Schnellverfahrens zur genetischen Beurteilung von Zellmaterial nach einer Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese ) hat heute die so genannte Fluoreszenz-PCR-Methode (Polymerase-Ketten-Reaktion) gegenüber dem FISH-Test sicher Vorzüge, denn auch bei sehr wenig Zellmaterial können mit Hilfe dieser hochempfindlichen Methode spezifische Sequenzen der Chromosomen detektiert werden. Wie auch der FISH Test dient dieses Verfahren - der numerischen Bestimmung der Chromosomen 13, 18, 21, X und Y. Er wird immer in Kombination mit der herkömmlichen zytogenetischen Chromosomenanalyse durchgeführt. Deren Aufarbeitung dauert in etwa 2-3 Wochen bis zum Erhalt des endgültigen Resultates. Beim PCR-Schnelltest können etwa 99% aller Chromosomenstörungen, die die Chromosomen 21, 18, 13 und XY (Geschlechtschromosomen) betreffen, erkannt werden. Meist können innerhalb eines Arbeitstages nach Amniozentese mit hoher Sicherheit die Trisomien 13, 18, 21 sowie numerische Abberationen der Geschlechtschromosomen ausgeschlossen werden. Beim so genannten FISH-Test (Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung) handelt es sich um eine spezielle Technik, chromosomales Material relativ zügig zu untersuchen. Bei einer Amniozentese kann bereits am Tag nach der Punktion durch eine so genannte FISH-Untersuchung abgeklärt werden, ob numerische Auffälligkeiten bestimmter Chromosomen vorliegen. Dazu werden die entsprechenden Chromosomen mit Hilfe leuchtender Farbstoffe, die sich unter bestimmten Bedingungen in speziellen Regionen anlagern, kenntlich gemacht und im Fluoreszenz-Mikroskop betrachtet. Jedes Signal steht dann für ein Chromosom. Diese Untersuchung gibt es für die Chromosomen 13, 18, 21 und die Geschlechtschromosomen. Das Ergebnis entspricht dann mit ca. 90%iger Sicherheit auch dem Endergebnis. Das eigentliche Endergebnis dauert etwa 2-3 Wochen. Für die gesetzlich versicherte Patientin ist es sicher wichtig, zu wissen, dass beide Verfahren zur Schnelltestung keine Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung darstellen und somit deren Kosten in aller Regel selbst zu tragen sind. Diese belaufen sich auf etwa € 65. Den genauen Preis erfragen Sie bitte vor Ort. VB
Mitglied inaktiv
Vielen lieben Dank für diese sehr ausführliche Antwort. Hilft mir.