Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Fruchtwasseruntersuchung

Dr. med. Vincenzo Bluni

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Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

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Frage: Fruchtwasseruntersuchung

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Sehr geehrter Dr. Bluni, in meiner ersten Schwangerschaft habe ich einen Triple-Test machen lassen. Dieser hatte einen auffälligen Befund. Aufgrund dessen habe ich eine Überweisung für eine Fruchtwasseruntersuchung bekommen. Ich bin jetzt das 2. mal schwanger und 32 Jahre alt. Ich habe große Angst, dass ich ein behindertes Kind bekommen könnte. Wenn ich nun wieder einen Triple-Test machen würde, der Befund wäre aber diesmal unauffällig, würde dann die Kasse die Fruchtwasseruntersuchung bezahlen, auch wenn ich noch keine 35 Jahre alt bin und somit ja auch nicht unbedingt eine Notwendigkeit bestehen würde, diese Untersuchung zu machen? Danke für die Antwort Dana


Dr. med. Vincenzo Bluni

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liebe Dana, ja, ergibt sich aus einer Leistung, die nicht zu denen der Gesetzlichen Krankenversicherung gehört die Notwendigkeit einer weiterführenden Diagnostik, würde diese dann wieder Bestandteil des Leistungskataloges sein. Die Frau müsste dafür dann nicht aukommen. Aber: sofern die Frau/das Paar über Möglichkeiten der Präntaldiagnostik informiert werden möchte, ist man als behandelnder Frauenarzt oder Frauenärztin gemäß aktueller Rechtssprechung immer noch dazu verpflichtet, sie auch über den TRIPLE-TEST zu informieren. Was beinhaltet dieser Test? Er beurteilt die folgenden Parameter: 1. das mütterliches Alter 2. das Serum-AFP (Alpha-Fetoprotein) 3. das Serum-HCG (=Schwangerschaftshormon) 4. das Serum-Estriol Bevor der Test durchgeführt wird, muss aber eine eingehende Beratung der Schwangeren erfolgen über Ergebnis und Konsequenzen. Danach kann sich die Schwangere auf die Möglichkeit eines auffälligen Testergebnisses besser einstellen und die Entscheidung für oder gegen eine weiterführende Diagnostik (Amniozentese, ggf. schnelle Analyse an Plazentagewebe) überdenken. Denn es kann hier immer auch falsch positive Befunde geben. Ein unauffälliges Ergebnis bedeutet umgekehrt jedoch nicht den Ausschluss einer fetalen Chromosomenanomalie oder eines Neuralrohrdefektes. Die Rate an auffälligen Ergebnissen mit diesem Test steigt jenseits des 30. Lebensjahres schnell auf mehr als 10% an und erreicht mit 35 Jahren bereits 16%, mit 38 Jahren 63% und mit 40 Jahren sogar 93%. Diese falsch positiven Ergebnisse bedeuten: Der Test ist auffällig, aber in der nachfolgenden, invasiven Untersuchung, wie einer Amniozentese, zeigt sich nichts auffälliges. Der Triple-Test wurde in den letzten Jahren zunehmend auch von älteren Schwangeren als eine Entscheidungshilfe für oder gegen die primär invasive Diagnostik gesehen (und hat so die Zahl der Amniozentesen gesenkt). Nach B. Eiben, Oberhausen liegt die Entdeckungsrate für eine Trisomie 21 (Down-Syndrom) zwischen 37,7 und 77,4%!! Durch die Triple-Diagnostik können im Durchschnitt etwa 60% aller Down-Syndrome und etwa 80% aller Spaltbildungen der Rückens aufgedeckt werden. Nicht vergessen werden darf allerdings, dass der Triple-Test kein diagnostischer Test für eine Trisomie 21 ist, sondern eine Risikospezifizierung. Es erfolgt eine Risikopräzisierung in erster Linie für das Down-Syndrom, außerdem für das Turner-Syndrom, die Trisomie 18, die Triploidie und für Neuralrohr- und Bauchwanddefekte. Der Test sollte so früh wie möglich etwa ab der 14+0 SSW durchgeführt werden und Wiederholungsuntersuchungen bei auffälligem Befund sollten vermieden werden. Prof. Dr. Dietrich Berg hat mal sehr schön erklärt: Es sollte klar sein, dass man mit dem Triple-Test nur die Treffsicherheit des Verdachts, nicht aber die Treffsicherheit der Diagnose erhöht. All dies muss immer in einem sehr ausführlichen Gespräch mit dem behandelnden Frauenarzt/Frauenärztin geklärt werden. Neben dem seit vielen Jahren etablierten Triple-Test ermöglicht inzwischen das Ersttrimester-Screening eine deutlich bessere Risikoabschätzung für das Down-Syndrom. Hierbei handelt es sich um ein Verfahren der vorgeburtlichen Diagnostik zur Risikoberechnung z.B des Down-Syndroms (Mongolismus oder Trisomie 21) oder ähnlicher Störungen unter Berücksichtigung von Alter und Familiengeschichte. Es beinhaltet eine Kombination aus Ultraschalluntersuchung und ein Serumscreening, das eine Blutentnahme erforderlich macht. Im Rahmen der Ultraschalluntersuchung wird die so genannte Nackentransparenz des Feten bestimmt. Hierbei handelt es sich um die sonographische Darstellung und Messung einer unter der Haut liegenden Flüssigkeitsansammlung am fetalen Nacken, die sonographisch als Nackentransparenz (englisch: nuchal translucency) imponiert. 1. Nackentransparenz (nuchal translucency) zunächst sollten vorweg aber zwei Dinge ganz klar unterschieden werden: Die Nackentransparenz (Nuchal translucency) und das im Mutterpass beim ersten Pflichtultraschall aufgeführte dorsonuchale Ödem: Der im Mutterpass aufgeführte Befund eines "dorsonuchalen Ödems" ist missverständlich, in den Mutterschaftsrichtlinien nicht definiert und nicht mit der "Nackentransparenz" identisch. Die Nackentransparenz ist eine Struktur, die bei allen Feten erhoben werden kann, deren pathophysiologische Relevanz jedoch von ihrer Ausprägung abhängt. Dagegen beschreibt der Begriff des Ödems immer einen pathologischen Befund. Die sonographische Messung der Nackentransparenz zwischen 11 und 14 Schwangerschaftswochen mit konsekutiver Risikoberatung bezüglich des Vorliegens einer chromosomalen Störung oder einer Fehlbildung ist eine Leistung, die zu einer vorher durchgeführten Aufklärung verpflichtet. Sie ist gemäß den Mutterschaftsrichtlinien nicht Bestandteil der Mutterschaftsvorsorge und somit eine Privatleistung. Hier gibt es aber in den Begriffen und den Erklärungen immer wieder Missverständnisse. Nach einem so genannten Nackenödem sollte beim Ultraschall durch den niedergelassenen Frauenarzt/Frauenärztin immer geschaut werden. Die Nackentransparenz (nuchal translucency, NT) resultiert aus einer subkutanen Flüssigkeitsansammlung im Bereich des fetalen Nackens, welche bei nahezu allen Feten sonographisch darstellbar ist. Die Nackentransparenz ist eine physiologische Erscheinung im Bereich des Nackens, die man per Ultraschall darstellen kann, und die in Abhängigkeit der Ausdehnung in Bezug auf das Schwangerschaftsalter und das Alter der Mutter(Tabelle wird hier demnächst zur Verfügung gestellt) einen Hinweis auf eine genetische Störung des Kindes, zum Beispiel eine Trisomie 21 (Down-Syndrom) geben kann oder auch ein Hinweis auf eine Missbildung im Bereich des Herzens oder einer Missbildung anderer Natur sein. Die Messung der Nackentransparenz (nuchal translucency) erfolgt zwischen der 10+3 SSW und 13+6 SSW (minimale fetale Scheitel-Steiß-Länge sind 45 mm, die maximale 84 mm). Durch die Messung der Nackentransparenz kann heute eine Risikoberechnung unter Berücksichtigung von Alter und Anamnese in Bezug auf die Trisomie 21 durchgeführt werden, die nach Angaben der Literatur bis zu 80% der erkrankten Feten erkennt. Unter Kenntnis der Werte (Alter der Mutter, Hintergrundrisiko und Nackentransparenz bei bekannter Scheitel-Steiß-Länge) wird durch die von der Fetal Medicine foundation in London zugelassenen und qualifizierten Ärzte mittels einer speziellen software das Risiko für eine genetische Störung berechnet. Die erhöhte Nackentransparenz stellt per se keine Fehlbildung dar. Wenn chromosomale Anomalien ausgeschlossen werden können, werden etwa 90% der Schwangerschaften mit einer Nackentransparenz unterhalb von 4,5 mm zur Geburt eines gesunden Kindes führen, die Prozentsätze für eine Nackentransparenz von 4,5 mm und 6,5 mm oder mehr betragen jeweils etwa 80% und 45%. Normalerweise vergrößert sich die Nackentransparenz mit dem Schwangerschaftsalter bzw. der Scheitel-Steiß-Länge. Das kombinierte Risiko errechnet sich aus der Multiplikation des mütterlichen Hintergrundrisikos und des schwangerschaftsalter-entsprechenden Risikos mit dem Multiplikationsfaktor, der sich aus der Zunahme des Messwertes für die Nackentransparenz errechnet. Da eine Verbreiterung der fetalen Nackentransparenz in der 11.-14.SSW mit einem breiten Spektrum fetaler Fehlbildungen assoziiert ist, sollte man mit der Schwangeren und ihrem Partner eine weiterführende Diagnostik, z.B. Ersttrimesterscreening , eine Fruchtwasserpunktion oder Chorionzottenbiopsie besprechen, ebenso wie einen differenzierten Organultraschall zwischen 20. & 23. SSW bei unauffälliger Genetik, um unter anderem eine Herzfehlbildung auszuschließen. 2. Serumscreening (free ß-hcg & PAPP A) Beim zusätzlichen Serum-Screening im 1. Trimenon (Ersttrimesterscreening) werden das PAPP-A (pregnancy associated Plasma Protein A) und die freie ß-Untereinheit des HCG gemessen. Die Auswertung ist möglich zwischen 10+3 SSW und 13+6 SSW. PAPP-A ist in Schwangerschaften mit Down-Syndrom signifikant erniedrigt, freies ß-HCG erhöht. Die Entdeckungsrate für das Down-Syndrom ist abhängig von der Anzahl der einbezogenen Faktoren und von der Sorgfalt, mit der die Untersuchung durchgeführt wird: Für das Alter der Mutter allein 30-50% Alter und o.g. Laborwerte 60% Alter plus Nackentransparenz 80% Alter plus o.g. Laborwerte + Nackentransparenz 90% Dieses setzt aber voraus, dass es sich bei dem Untersucher/Untersucherin um einen entsprechend der Vorgaben der Fetal Medicine foundation in London zugelassenen und qualifizierten Arzt handelt. Diese(r) kann dann unter Kenntnis der Werte (Alter der Mutter, Hintergrundrisiko, Nackentransparenz bei bekannter Scheitel-Steiß-Länge und eventuell der o.g. biochemischem Parameter) mittels einer speziellen Software das individuelle Risiko berechnen. Die hohe Zuverlässigkeit dieser Methode hängt also ganz wesentlich von der Qualifikation und Erfahrung des Untersuchers, sowie des Ultraschallgerätes ab. Diese Voraussetzungen erfüllen deshalb vor allem Ärzte für Pränataldiagnostik in den dafür spezialisierten Zentren. Bitte nicht vergessen: Der sichere Ausschluss von Chromosomenstörungen ist nur durch eine Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasserpunktion möglich VB


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