Milagro
Hallo Herr Dr. Bluni, ich bin in der 7 SSW und habe den Faktor V (heterozygot) wohl realtiv schwach. Bisher verläuft alles sehr gut (im Ultraschall wurde auch schon der Herzschlag gesehen). Da ich im Zyklus zuvor einen ganz frühen Abgang hatte (ca. 5 SSW, nur durch HcG nachgewiesen, im Ultraschall war nichts zu sehen), hat mir meine Frauenärztin ab sofort Aspirin 100 verordnet (1 mal täglich bis zur 32 SSW). Sie meinte, das wäre völlig bedenkenlos. Ich habe mit der Therapie noch nicht begonnen und bin - obwohl ich meiner FÄ sonst vertraue - etwas beunruhigt (auch da ich gelesen habe, dass Aspririn erst ab der 12 SSW genommen werden sollte). Es ist meine erste Schwangerschaft und zuvor war ich durch den Faktor V nie beeinträchtigt. Was meinen Sie bzw. was würden Sie empfehlen? Eine zweite Meinung wäre mir sehr wichtig. Herzlichen Dank und viele Grüße, J. Becker
Liebe Frau Becker, 1.wir wissen, dass das Risiko für eine frühe Fehlgeburt, aber auch für thromboemblische Ereignisse bei Frauen mit einer solchen Gerinnungsstörung erhöht ist. Trägerinnen einer heterozygoten Störung weisen ein ca. 5-10fach erhöhtes Thromboembolierisiko auf, homozygote Merkmalsträger hingegen ein 80-100faches Risiko. 2. es gibt mittlerweile von den Fachgesellschaften für Frauen mit Gerinnungsstörungen oder erhöhtem Risiko einer Thromboembolie relativ klare Empfehlungen. Diese finden Sie untern in den Quellenangaben. Davon kann sicher jede Frauenärztin/Frauenarzt abweichen und nach eigenen Erfahrungen therapieren. Entsprechend der genannten Empfehlungen sind für eine Frau mit alleiniger heterogener Faktor-V-Mutation aber keine blutverdünnenden Maßnahmen vorgesehen. Der Risikoklassifikation zufolge läge nur so genanntes niedriges Risiko vor. (nachzulesen in: Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583) Es sei denn, es lägen zusätzliche Risikofaktoren aus der Vorgeschichte oder dem aktuellen Schwangerschaftsverlauf vor, wie wiederholte Fehlgeburten, Adipositas, Präeklampsie, Infektion, Trauma oder Bettlägerigkeit. Dann wird nach den aktuellen Leitlinien eine Blutverdünnung mit einem niedermolekularen Heparin, aber nicht mit ASS empfohlen. 3. eine ASS-Therapie ist aber ansonsten auch in der Frühschwangerschaft erlaubt, wenn eine strenge Indikationsstellung vorliegt. 4. das individuell beste Vorgehen stimmen Sie sonst am besten mit Ihrer Frauenärztin/Frauenarzt und einer Gerinnungsambulanz ab. Liebe Grüße VB Quellen: http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/003-001_S3_AWMF-Leitlinie_Prophylaxe_der_venoesen_Thromboembolie__VTE__Kurz_04-2009_12-2013.pdf (AWMF-S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“, Stand:Juni 2010, letzter Abruf:8.1.2012) Geisen U, Abou-Mandour N, Schambeck Ch, Zilly M, Keller F. Pilotstudie und EthiG-Studie zur Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft. Vascular care 2001; 1: 12–9. Hirsh, Jack, Bates, Shannon M., Greer, Ian A., Pabinger, Ingrid, Sofaer, Shoshanna, Venous Thromboembolism, Thrombophilia, Antithrombotic Therapy, and Pregnancy, American College of Chest Physicians, Evidence-Based Clinical Practice Guidelines, (8th Edition), Chest 2008;133;844S-886S Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583
Milagro
Lieber Herr Bluni, vielen Dank für Ihre rasche & ausführliche Antwort. Ich denke, ich werde mich dann zur Sicherheit auch noch in einer Gerinnungsambulanz vorstellen. Nur eine kleine Rückfrage hätte ich noch... Wenn normalerweise Heparin empfohlen wird, hat ASS in meinem Fall dann überhaupt irgendeinen Nutzen? Liebe Grüße, J. Becker
Hallo Frau Becker, es hat sicher einen gewissen blutverdünnenden Effekt. Jedoch stimmen Sie sich dazu bitte mit der Gerinnungsambulanz ab. VB