Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Dr.Bluni

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Frage: Dr.Bluni

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Guten Tag Dr.Bluni! Eine Frage hätte ich. Habe damals direkt von jetzt auf gleich direkt nach der Geburt meiner Tochter 14 Tage lang die sogenannten Heultage. Ich habe zwar mein Kind geliebt und hielt es stets bei mir auf den Armen aber ich fühlte mich so elende und alle um mich herum waren mir fremd. Sogar meine eigene Wohnung Freunde Familie etc. ! Das war alles sehr schlimm. da war der Geburtsschmerz dagegen garnix!!! Nun entbinde ich im September und habe höllische Angst wieder dies durchzumachen. Kann man im KH sich dafür gleich nach der Geburt Tabletten geben lassen das man sich wenigstens nicht psychisch ganz so schlecht fühlt? Ich habe wirklich leichte Panik vor den Tagen danach. Ich habe wirklich rund um die Uhr geheult. Keiner versteht sowas. kann man vorbeugen? Vielen Dank :-)!!!! Sandra


Dr. med. Vincenzo Bluni

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Liebe Sandra, schon vorweg muss ich Sie enttäuschen, dass es hier keine prophylaktischen Maßnahmen oder Medikamente gibt. Am hilfreichsten ist sicher das offene Gespräch. Die Depression im Wochenbett /nach der Geburt unterscheiden wir vom so genannten vom „Baby Blues“. Bei letzterem handelt es sich um eine vorübergehende, kurz andauernde psychische Störung mit einer milden depressiven Symptomatik, die durch Erschöpfung, Weinen, Traurigkeit, Stimmungslabilität, Ängstlichkeit und Irritierbarkeit gekennzeichnet ist. Der Baby Blues tritt mit einer Häufigkeit von etwa 50% zumeist zwischen dem 2. und dem 5. Tag nach der Geburt auf und dauert wenige Stunden bis zu wenigen Tagen. Als Risikofaktoren werden depressive Episoden in der Vorgeschichte, Stressbelastung in der Schwangerschaft, sozioökonomische Faktoren, geringe oder keine soziale Unterstützung, Unzufriedenheit mit der Partnerschaft, Ungewolltheit der Schwangerschaft, traumatische Erlebnisse in der eigenen Kindheit, traumatisches Erleben der Geburt und biologische Auslöser diskutiert. Eine gewisse Antriebslosigkeit und Abgeschlagenheit nach der Geburt ist sicher keine untypische Erscheinung, da mit der Muterrolle doch eine erhebliche Veränderung einhergeht, die auch nicht nur auf hormonelle Umstellungen oder eine eventuelle Blutarmut zurückzuführen ist. Dieses ist meist ein sehr komplexes Geschehen, bei dem neben den Abläufen der Geburt auch psychosoziale Gründe eine erhebliche Rolle spielen, auch, wenn dieses für die Betroffen nicht primär so zu sein scheint. Auch, wenn diese Veränderungen häufig nur temporär begrenzt auftreten, bedarf es manchmal einer recht langen Zeit bis die Frau sich in dieser neuen Rolle mit einer ganz anderen Beanspruchung, einem ganz anderen Tagesablauf, anderen Anforderungen in nicht unerheblichem Maße zurechtfindet. Sicher wird auch vom Partner eine große Menge an Einfühlungsvermögen, und entsprechende tatkräftige & emotionale Unterstützung gefordert. Allerdings sollte die Frau hier auch immer mit ihren betreuenden Arzt/Ärztin sprechen, da die Abgrenzung gegenüber dem so genannten Baby-Blues oder einer Depression schwierig sein kann und die Übergänge hier fließend sein können, was die Diagnose manchmal erschwert. Bei etwa 10% der Frauen kommt es zu einer Depression im Wochenbett. Sie beginnt meistens in den ersten Wochen nach der Geburt mit wiederkehrenden Episoden für zwei bis sechs Monate. Für eine biologische Ursache gibt es bis heute noch keine hinreichenden Beweise. Viel wichtiger für die Entstehung sind persönliche und soziale Faktoren insbesondere aus der Zeit vor der Geburt. Risikofaktoren wie eine frühere Depression in Kombination mit geburtshilflichen Problemen wären hier z.B. zu nennen. Frühzeichen können häufig übersehen werden, da die Warnzeichen sehr diskret sind oder sein können. Das Mittel der Wahl bei einer Depression im Wochenbett ist die konsiliarische Betreuung durch einen Psychiater oder Psychotherapeuten, der/die dann auch die Indikation zu dem ein oder anderen Medikament stellt. Neben einer eventuellen Gabe von Psychopharmaka, hat sich die Verabreichung von Östrogenen in einer Übersichtsarbeit als wirksam gezeigt. Hier sollte dann immer das Vorgehen am besten gemeinsam erörtert werden. VB


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