Frage im Expertenforum Pränatale Diagnostik an Prof. Dr. med. B.-Joachim Hackelöer:

Fetale Hyperkapnie

Prof. Dr. med. B.-Joachim Hackelöer

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Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe

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Frage: Fetale Hyperkapnie

Anouki

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Guten Tag Herr Hackelöer, ich habe in der 40. SSW mein Kind tot geboren. Sie ist vor der Geburt im Mutterleib gestorben. Sie können sich vorstellen, wie grauenhaft all dies war. Es ist viel Zeit seither vergangen, aber gut geht es mir nicht. Immer noch treibt mich die Frage um, ob mein Kind gelitten haben könnte. Es wurde kein definitiver Grund für das tragische Ereignis gefunden, allerdings hatte ich, wie man später herausfand, eine insertio velamentosa (die Gefäße verliefen in meinem Fall über eine lange Strecke ungeschützt und bündelten sich dann erst zur Nabelschnur) und eine recht kleine Plazenta. Die Vermutung ist, dass Gefäße irgendwann abgeknickt sein könnten und die Versorgung so nicht mehr gegeben war. In der gesamten Schwangerschaft war mein Kind schon verhaltnismäßig ruhig gewesen. Ich habe gelesen, dass ein erniedrigter Sauerstoffgehalt im Blut sogar Euphorie, eine Hyperkapnie hingegen Todesangst auslösen kann. Ich erinnere mich an eine Situation, in der meine Tochter einige Minuten extrem wild getreten hat. Ich saß in einem Sessel, halb liegend, abgeknickt im Sinne von im Rücken etwas durchgesackt. Danach (ich hatte mich irgendwann aufgerichtet und das Treten hatte dann aufgehört - sie hatte sich, als hätte sie sich mit den Füßen oben abgedrückt, mit dem Kopf kräftig auf mein Becken gedonnert, was mich erschrak) hatte sie Schluckauf. Ob sie daraufhin noch mal getreten hat, weiß ich nicht. Vielleicht waren in dieser Situation die Gefäße abgeknickt. Meine Frage ist: Kann meine Tochter bei Abknicken der zuleitenden ungeschützten Gefäße durch eine Hyperkapnie Panik / Todesangst / Schmerzen gehabt haben - und deswegen um sich getreten? Macht das medizinisch Sinn? Oder kann sie die das Donnern des Kopfes gegen mein Becken eine Gehirnerschütterung gehabt haben? Hat sie dann gelitten? Danke, Anouki


Prof. Dr. med. B.-Joachim Hackelöer

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Hallo Anouki, es tut mir leid,was Ihnen und Ihrem Kind passiert ist.Leider kommen solche Ereignisse immer wieder vor ohne,daß man sichere Ursachen dafür finden kann.Spekulieren über was und wenn macht keinen Sinn und zerstört Sie nur. Eines ist sicher:Ihr Kind hat sicher nicht gelitten,denn zum Leiden gehören ein Bewußtsein und Empfindungen,die erst mit Verknüpfungen von Nerven nach der Geburt einsetzen.Es ist durchaus möglich,daß Ihr Kind auf Sauerstoffnot so reagiert hat.Das ist aber so,wie wenn Sie in Narkose liegen und in den Arm gekniffen werden.Dann reagieren Sie mit Zuckungen,aber Sie merken nichts davon.Ihr Bewußtsein ist ausgeschaltet. Sie müssen sich von Vorstellungen lösen,daß Sie etwas hätten machen und ändern können.Manchmal passieren in unserem Leben Dinge zum Schlechten-aber auch manchmal zum Guten-ohne,daß wir wissen warum.Das ist einfach so. Sie müssen aus dem Grübeln und Vorwürfen herauskommen und versuchen wieder positiv zu denken.Dann können Sie sich auch wieder für eine neue Schwangerschaft öffnen. Alles Gute Prof. Hackelöer


Anouki

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Sehr geehrter Herr Hackelöer, Vielen Dank für Ihre Antwort!! Sie haben Recht und ich versuche auch, mich mehr und mehr davon zu lösen. Es ist nur so schwer... Dass ein Kind im Mutterleib noch kein Bewusstsein hat, überrascht mich. Können Sie ein bisschen mehr dazu erzählen, damit ich es besser verstehe? Ich habe bisher so viele Dinge gelesen, die das Gegenteil andeuten. Beispielsweise, dass ein Kind vor einer Nadel, die von außen in die Gebärmutter eindringt, ängstlich zurückweicht. Gehört dazu nicht ein Verständnis über die Getrenntheit von Ich und Umgebung und die Fähigkeit zu Empfindungen? Und lernt ein Kind nicht z.B. schon die Stimme der Mutter zu erkennen? Meine Tochter hat z. B. auch immer reagiert, wenn ich ihr ihr Schlaflied vorgesungen habe... Zum Durcharbeiten und Verarbeiten der Vergangenheit gehört für mich immer, dass ich die Dinge so gut wie eben möglich verstehe. Nochmals herzlichen Dank für Ihre Zeit und Mühe, Anouki


Prof. Dr. med. B.-Joachim Hackelöer

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Hallo Anouki, viele intrauterin erfahrene Dinge haben durchaus Auswirkungen für das spätere Leben,z.B.Rauchen der Mutter,Alkohol,extreme Gewichtszunahme ,extremer Stress,extreme erlebte Lautstärke ohne ,daß dies bedeutet,das ein Kind dies realisieren kann.Die neuronalen Verknüpfungen,die zu einem Bewußtsein führen finden allerdings erst nach der Geburt durch äußere Einflüsse statt.Keiner von uns kann sich an Ereignisse im Mutterleib erninnern.Das fängt erst mit 2-3 Lebensjahren an.Das heißt,daß das Kind zwar auf z.B. Nadelstiche reagiert,aber dennoch der Schmerz nicht bewußt werden kann.Wir haben dennoch immer bei Operationen im Mutterleib den Kindern auch eine Narkose über die Nabelschnur gegeben - man weiß ja nie.....Also Ihre Frage kann komplett niemand beantworten,aber wenn alle schrecklichen Erlebnisse intrauterin Auswirkungen hätten,dürfte nach Kriegen nur noch schwerst gestörte Kinder zur Welt kommen.Ich selbst bin 1945 während einer Bombennacht auf die Welt gekommen( der Kreissaal wurde hektisch in den Keller verlegt) habe aber keine Schäden dadurch empfunden. Alles Gute Prof. Hackelöer


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