Nadzieja2016
Guten Tag Herr Dr. Paulus, ich hätte zwei Fragen. Erstens: ich nehme seit 4 Wochen Duloxetin (60 mg täglich) wegen einer depressiven Verstimmung und somatischen Beschwerden aller Art ein. Das Medikament hilft sehr gut. Jetzt denke ich aber über ein weiteres Kind nach, und habe von meiner Ärztin gehört, dass man während der Schwangerschaft dann stattdessen auf Sertralin umsteigen könnte. Meine Frage: ist das wirklich unschädlich für das Kind? Und wirkt es (voraussichtlich) ebenso gut? Außerdem hatte ich in der ersten Schwangerschaft furchtbare Bauchschmerzen durch Blähungen und Verstopfung, sicherlich verstärkt durch mein seit Jahren dauerndes Reizdarmsyndrom. Alle natürlichen Maßnahmen haben kaum geholfen (entspr. Ernährung, Leinsamen, viel trinken, etc.). Auch Espumisan hat nicht wirklich geholfen. Gibt es sonst noch etwas, was man bei einer evtl. zweiten Schwangerschaft tun könnte? Ein anderes Medikament, das besser wirkt? Ich konnte mich kaum bewegen und war zweimal im Krankenhaus, weil die Schmerzen (monatelang) sehr stark waren. Vielen Dank im Voraus für Ihre Zeit und Ihren Rat!
Bei Duloxetin handelt es sich um einen neueren Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer. Eine prospektive Multicenterstudie konnte bei 206 Schwangerschaften unter Anwendung von Duloxetin im ersten Trimenon keinen Anstieg der Fehlbildungsrate feststellen (Einarson et al 2012). Drei von 165 Neugeborenen (1,8%) wiesen Anomalien auf (Hydronephrose, Nierenagenesie, Klumpfuß). Das Swedish Medical Birth Register erfasste bis 2011 206 Fälle einer Verschreibung von Duloxetin im ersten Trimenon sowie 173 Fälle im zweiten und dritten Trimenon, wobei sich keine Zunahme kongenitaler Anomalien zeigte (Kallen et al 2013). Der Hersteller berichtet von 233 prospektiv dokumentierten Schwangerschaften mit folgenden Ausgängen: 41 Aborte 3 Totgeburten 143 unauffällige Schwangerschaftsausgänge 40 peripartale Komplikationen (z. B. Frühgeburten) 6 kongenitale Anomalien Eine Zunahme von Fehlbildungen konnte genauso wenig entdeckt werden, wie unter den 176 Fällen der FDA-Datenbank (Hoog et al 2013). Wie bei anderen serotonergen Arzneimitteln können Entzugsymptome bei Neugeborenen auftreten, wenn die Mutter kurz vor dem Entbindungstermin Duloxetin eingenommen hat. Nach mütterlicher Medikation mit Duloxetin 60 mg/d bis zur Geburt beobachtete man bei einem Neugeborenen Zittern, Krämpfe und Atemstörungen; die Symptomatik verschwand jedoch unter stationärer Behandlung in den ersten 7 Lebenstagen (Eyal et al 2008). Wenn Sie Duloxetin gut vertragen, müssen Sie in der Schwangerschaft nicht auf den verwandten Wirkstoff Sertralin umstellen. Hinsichtlich des Reizdarmsysndroms sollten Sie am besten nochmals Ihren Gastroenterologen kontaktieren. In der Schwangerschaft helfen bei Verstopfen oft höhere Dosen von Magnesium-Präparaten.