Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Schwanger werden mit diesen Medikamenten

Frage: Schwanger werden mit diesen Medikamenten

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Hallo Da ich nun wirklich auf Lithium eingestellt werde und dennoch schwanger werden möchte (oder bin Periode sollte morgen kommen)nun die Frage geht das unter diesen ganzen Medis oder muss ich was absetzen wenn ich erfahre das ich schwanger bin bzw reicht das dann?um meine psychische Stabilität zu gewährleisten muss ich eigentlich alles weiter nehmen in der ss. Nicht so doll aber wäre das vertretbar?vor allem das Lithium auf das ich eingestellt werde grade (sind jetut bei anderthalb tbl,Dienstag ist der erste Spiegel) LG und danke


Dr. Wolfgang Paulus

Dr. Wolfgang Paulus

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Lithium ist gut plazentagängig, sodass sich die Konzentrationen in mütterlichem Serum und Nabelschnurblut ähneln. Ein 1968 von Dänemark ausgehendes Lithium-Babyregister legte einen Zusammenhang mit angeborenen Herzfehlern (Ebstein-Anomalie) nahe. Nach neueren Studien beträgt die Raten an Herzfehlern jedoch nur ca. 2,4% (Patorno et al 2017). Das liegt aber dennoch etwa dreimal höher als in der Allgemeinbevölkerung. In der Schwangerschaft sollte unter Spiegelkontrolle auf eine möglichst niedrige Dosis eingestellt werden, damit auch nach der Geburt möglichst keine ausgeprägten kindlichen Anpassungsstörungen auftreten. Bei Aripiprazol handelt es sich um ein Neuroleptikum vom Piperazin-Typ. In Tierversuchen fiel in höheren Dosen eine Zunahme der Fehlbildungsrate bei den Nachkommen auf. Die französischen Pharmakovigilanzzentren verglichen die Schwangerschaftsausgänge von 86 Patientinnen, die unter Einnahme von Aripiprazol schwanger geworden waren, mit 172 unbelasteten Kontrollschwangerschaften (Bellet et al 2015). Dabei zeigte sich kein Anstieg von Fehlbildungsrate bzw. Abortrate. Ein Übersichtsartikel fasst 100 Schwangerschaften unter Therapie mit Aripiprazol im ersten Trimenon zusammen. Bei fünf Fehlbildungen lässt sich statistisch auch kein eindeutig erhöhtes Fehlbildungsrisiko nachweisen. Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2005 und 2013 80 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Aripiprazol in der Frühschwangerschaft dokumentiert. Ein erhöhtes Abort- oder Fehlbildungsrisiko nach Einsatz von Aripiprazol im I.Trimenon lässt sich in unserem Kollektiv nicht nachweisen. Um Patientinnen im fertilen Alter genügend Sicherheit zu vermitteln, sollten jedoch weitere Daten zur Anwendung von Aripiprazol in der Schwangerschaft konsequent gesammelt werden. Beim Menschen zeigt sich bislang kein eindeutig erhöhtes Fehlbildungsrisiko unter Behandlung mit Aripiprazol. Mehr Erfahrungen liegen jedoch unter den atypischen Neuroleptika für die Wirkstoffe Risperidon, Olanzapin oder Quetiapin vor. Bei Quetiapin handelt es sich um ein neueres Neuroleptikum aus der Klasse der Dibenzothiazepine. In Tierversuchen mit Ratten und Kaninchen fand sich kein Anstieg der Fehlbildungsrate. In einer prospektiven Followup-Studie zur Anwendung von atypischen Neuroleptika in der Schwangerschaft registrierte man bei 151 exponierten Schwangeren im Vergleich zu einer Kontrollgruppe keine Zunahme von Aborten oder Fehlbildungen. Darunter befanden sich auch 36 Fälle mit einer Quetiapin-Medikation (McKenna et al 2005). Zuvor waren zwei Fälle publiziert worden, in denen Quetiapin während der gesamten Schwangerschaft in Dosen von 150 bis 300 mg/d verabreicht worden war. Die beiden Neugeborenen wiesen keine Anomalien auf (Tényi et al 2002; Taylor et al 2003). In einer Übersichtsarbeit wurden 2006 487 Schwangerschaftsverläufe unter mütterlicher Therapie mit Quetiapin zusammengefasst (Gentile 2006). Darunter traten lediglich acht Fälle von kongenitalen Anomalien auf (1,6%). Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2001 und 2011 108 Schwangerschaftsausgänge nach Medikation mit dem atypischen Neuroleptikum Quetiapin in der Frühschwangerschaft dokumentiert. Ein Zusammenhang mit einem erhöhten Fehlgeburts- oder Fehlbildungsrisiko konnte nicht nachgewiesen werden. Grundsätzlich wäre der Einsatz von Quetiapin in der Schwangerschaft vertretbar, wobei eine möglichst moderate Dosis gewählt werden sollte. Mögliche Wechselwirkungen von Aripiprazol, Quetiapin und Lithium auf die menschliche Schwangerschaft wurden bislang nicht untersucht. Günstig wäre es natürlich, wenn eine Schwangerschaft unter stabilem Befinden mit möglichst wenigen erprobten Substanzen angestrebt würde. In der aktuellen Phase einer Neueinstellung wäre es sicher nicht optimal, eine Schwangerschaft anzustreben. Bei weiteren Fragen können Sie bzw. Ihre betreuenden Ärzte uns bei Bedarf auch gerne kurzfristig über unsere Beratungsstelle kontaktieren. Das Anfrageformular kann man auf unserer Website herunterladen (www.reprotox.de). Für entsprechende Beratungen stehen wir werktags zwischen 8 und 18 Uhr gebührenfrei zur Verfügung: Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie Universitätsfrauenklinik Ulm Prittwitzstr. 43 89075 Ulm Telefon: (0731) 500 - 58655 Telefax: (0731) 500 - 58656 E-Mail: paulus@reprotox.de Anfrageformular: http://www.reprotox.de


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