Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Rheumamedikament Azulfidine RA

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Rheumamedikament Azulfidine RA

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Guten Tag, seit einigen Jahren leide ich an entzündlichem Rheuma (RA). Da dieses mit Ibuprophen und ähnlichen Medis nicht in den Griff zu bekommen war, nehme ich seit ca. 4 Jahren das Basismedikament Azulfidine (normalerweise 2x2) und Cortison. Im Januar 2002 wurde mein Sohn geboren. Nach Rücksprache mit mehreren Ärzten habe ich in der Schwangerschaft Azulfidine weitergenommen (nur noch 1x1), ebenso das Cortison, zusätzlich Folsäure. Das Rheuma hatte sich in der Schwangerschaft zwar verbessert, aber war weiter aktiv. In der Stillzeit (7 Monate) wurde das Rheuma stärker, so dass ich Azulfidine wieder auf 2x2 erhöht habe. Mein Sohn ist gesund und munter. In dieser Schwangerschaft bin ich mit den Medikamenten ebenfalls wie geschildert vorgegangen und hatte dies auch für die Stillzeit vor. Nun sagte mir aber der Internist, dass ich Azulfidine in der Stillzeit nicht nehmen dürfte. In der Packungsbeilage heißt es, dass die in der Muttermilch ausgeschiedenen Mengen so gering seien, dass für einen gesunden Säugling kein Risiko bestehe, allerdings Vorsicht bei Frühgeborenen sowie Neugeborenengelbsucht gegeben sei. Da ich Angst habe, dass sich das Rheuma ohne Azulfidine wieder stark verschlimmert, ich aber natürlich meinem Kind keinen Schaden zufügen möchte, bin ich jetzt ziemlich ratlos. Deshalb bitte ich Sie um Bewertung von Azulfidine in der Stillzeit. Vielen Dank. Mit freundlichen Grüßen Heike


Dr. Wolfgang Paulus

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Bei Sulfasalazin handelt es sich um ein Doppelmolekül aus dem Salicylat 5-Aminosalicylsäure (5-ASA) und dem Sulfonamid Sulfapyridin. Sulfapyridin geht in erheblichem Umfang in die Muttermilch über, wobei 40 bis 60% der mütterlichen Serumspiegel errreicht werden (Azad Khan & Truelove 1979; Berlin & Yaffe 1980; Jarnerot G & Into-Malmberg 1979). 30 bis 40% der in der Muttermilch festgestellten Menge fanden sich im kindlichen Urin. 5-ASA-Spiegel konnten im kindlichen Serum nicht registriert werden. Bei den insgesamt 16 Fällen in den drei oben zitierten Publikationen zeigten die Säuglinge keine Auffälligkeiten. Eine Kasuistik berichtet von einem zwei Monate alten Säugling mit blutigem Durchfall unter mütterlicher Therapie mit Sulfasalazin 3 g pro Tag (Branski et al 1986). Der Säugling wies einen Sulfapyridin-Plasmaspiegel von 5,3 µg/ml auf. Die Beschwerden endeten 48 bis 72 Stunden nach Absetzen der mütterlichen Medikation. Auf der Grundlage dieser Publikation rät die American Academy of Pediatrics zur Vorsicht bei der Gabe von Sulfasalazin in der Stillzeit (Committee on Drugs, American Academy of Pediatrics 1994). Eine moderate Dosis (z. B. 1 g pro Tag) wäre in der Stillzeit m. E. durchaus vertretbar, sofern es sich nicht um eine Frühgeburt handelt.


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