Fabia81
Hallo Herr Dr. Paulus, wir wollen ein zweites Kind. nun stellt sich die Frage ob eine Schwangerschaft ratsam wäre mit den Medikamenten die ich im Moment nehme. gibt es Studien oder haben Sie schon Patientinnen mit derselben Mekikation gehabt? vielen Dank!
Über die Auslösung von Herzfehlern durch Einnahme von Paroxetin im ersten Schwangerschaftsdrittel wird seit Jahren kontrovers diskutiert. Allenfalls besteht dafür ein minimales Risiko. In einem großen Paroxetin-Kollektiv wurden insbesondere Vorhof- und Ventrikelseptumdefekte registriert. Auch wenn der Anteil von 2,1% die Herzfehlerrate von 1,3% in der schwedischen Normalbevölkerung übertrifft, ist das Risiko für kardiovaskuläre Anomalien unter Paroxetin in absoluten Zahlen gering (Kallen & Otterblad Olausson 2007). Weniger verdächtig wären diesbezüglich die verwandten SSRI-Antidepressiva Sertralin und Citalopram. Die bisherigen Erfahrungen mit dem Einsatz von Mirtazapin in einigen hundert Schwangerschaften lassen kein erhöhtes Fehlbildungsrisiko erkennen. Daher wäre es durchaus vertretbar, das Präparat bei Kinderwunsch in möglichst moderater Dosis (z. B. 15 mg pro Tag) beizubehalten.
Ein möglicher fruchtschädigender Effekt des Antidepressivums Paroxetin wird seit mehr als 10 Jahren diskutiert. Eine neuere Metaanalyse (Berard et al 2016) von 23 bisher publizierten Studien ermittelte einen leichten Anstieg von Fehlbildungen allgemein und insbesondere von Herzfehlern. Man geht üblicherweise von etwa 7 Kindern mit angeborenen Herzfehlern auf 1.000 Lebendgeburten aus. Die in der Metaanalyse von Bérard gezeigte Steigerung würde einer Erhöhung um 2 weitere Kinder mit angeborenen Herzfehlern auf 9 pro 1.000 entsprechen. Die kritische Phase für die Entwicklung von kindlichen Herzfehlern haben Sie bereits überschritten, so dass der Einsatz von Paroxetin durchaus vertretbar wäre, wenn Ihnen der Wirkstoff wesentlich besser als Citalopram geholfen hat. Selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren (SSRI) sowie selektive Serotonin-Noradrenalin-Reuptake-Inhibitoren (SNRI) stehen außerdem im Verdacht, beim Neugeborenen eine persistierende pulmonale Hypertonie (Hochdruck im Lungenkreislauf) zu begünstigen. In einer großen skandinavischen Kohortenstudie mit ca. 30.000 Schwangeren unter Therapie mit SSRI nahmen 11.014 Frauen auch nach der 20.SSW noch SSRI ein. 33 Neugeborene wiesen eine pulmonale Hypertonie auf (absolutes Risiko 3/1.000 Neugeborene im Vergleich zu 1,2/1.000 Fälle in der unbelasteten Bevölkerung). Das Risiko lag bei Sertralin, Citalopram, Paroxetin und Fluoxetin ähnlich hoch (Kieler et al 2012) Im Rahmen einer Metaanalyse aus 11 retrospektiven Kohortenstudien sowie Fallkontrollstudien wurde das Risikoprofil der einzelnen SSRI-Wirkstoffe (Fluoxetin, Sertralin, Paroxetin, Citalopram, Escitalopram) miteinander vergleichen. Unter 156. 978 Studienpatientinnen mit Einnahme von SSRI bzw. SNRI fand sich bei 452 exponierten Kindern eine persistierende pulmonale Hypertonie. Das entsprach einer Häufigkeit von 2,9 pro 1000 Lebendgeburten. Im Kollektiv der nicht exponierten Mutter-Kind-Paare betrug die Häufigkeit einer persistierenden pulmonalen Hypertonie des Neugeborenen 1,8 pro 1000 Lebendgeburten. Im Vergleich der einzelnen SSRI untereinander erwies sich Sertralin – vermutlich aufgrund seiner geringeren Plazentagängigkeit – als Wirkstoff mit dem geringsten Risiko für eine persistierende pulmonale Hypertonie des Neugeborenen (Masarwa et al 2019).
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