JHC
Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, Sie haben mir letzten Monat schon zu einer pränataldiagnostischen Frage sehr weitergeholfen, deswegen möchte ich mich nun erneut an Sie wenden. Ich muss leider etwas ausholen: Bei meinem Baby (Junge) wurde beim Organultraschall (SSW 20+4) ein „leicht weitgestelltes NBKS links“ festgestellt (max ca. 8,5 mm); rechts war alles normal, Blase des Babys mäßig gefüllt. Ansonsten keinerlei Auffälligkeiten, Fw normal. Vom Wachstum her ist der junge Mann schon seit der 12. Woche immer ein paar Tage voraus. Das Ersttrimesterscreening bei SSW 12+1 war völlig unauffällig: Mein Altersrisiko von 1:34 (ich bin 43) hat sich maximal auf 1:677 reduziert (Berechnung nach FMF, Parameter: NT, Nasenbein darstellbar, Ductus venosus, freies beta hCG, PAPP-A, PIGF). NT 1,17 mm. Bei SSW 16+1 war ich altershalber nochmals zur erweiterten Feindiagnostik: alles unauffällig. Seit ich gelesen habe, dass jedenfalls beidseitige NBKS-Erweiterungen mit einer Risikoerhöhung für Chromosomenanomalien assoziert sind, bin ich sehr besorgt und habe in einigen Lehrbüchern und Studien recherchiert. Oft wird leider nicht zwischen ein- und beidseitiger Erweiterung unterschieden. Soweit differenziert wird, wird nur die beidseitige Erweiterung als Softmarker genannt. In der einzigen von mir gefundenen Studie, die differenziert (Chudleigh et al., 2001) finde ich bei den 12 von 704 Fällen mit Chromosomenstörung nicht einen, bei dem eine einseitige isolierte Erweiterung der einzige pränatale Hinweis war. Mir stellen sich aus dem Ganzen Fragen, bei denen ich Sie um Ihre Einschätzung bitten möchte. Es würde uns sehr helfen, zu entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollen: 1. Ist eine isolierte einseitige NBKS-Erweiterung nach derzeitigem Stand und Ihrer Erfahrung überhaupt ein Hinweis auf eine Chromosomenanomalie? 2. Soweit eine weitere Auffälligkeit hinzukommt, erhöht sich dann das Risiko nur um das spezifische Risiko der weiteren Auffälligkeit oder um mehr – oder gibt es hierzu keine ausreichenden Daten? 3. Soweit Risikoerhöhungen angegeben werden (z. B. Strauss, Ultraschallpraxis, 2017, S. 334: 0,5%), wird nicht nach Geschlechtern differenziert. Kann ich davon ausgehen, dass die Risikoerhöhung für einen Jungen - weil die NBKS-Erweiterung bei ihnen deutlich häufiger auftritt als bei Mädchen - tendenziell niedriger sein müsste als die angegebene pauschale? Vielen herzlichen Dank im Voraus und viele Grüße! JHC
Die zuverlässigste Risikoabschätzung im Rahmen der sonographischen Diagnostik liefert das Ersttrimesterscreening. Nach Ihren Angaben haben Sie ein Risiko von 1:677 für Trisomie 21. Wenn Ihnen dieser Befund zu vage ist, gibt es die Möglichkeit der nicht-invasiven Pränataldiagnostik aus zellfreier DNA. Im mütterlichen Blut finden sich während der Schwangerschaft in geringer Masse kindliche Erbinformationen in Form von zellfreien DNA-Bruchstücken, die sich für eine weitere Abklärung des Risikos für zahlenmäßige Abweichungen der Chromosomen 21, 13, 18, X und Y eignen. Für eindeutige Befunde würde letztlich eine Fruchtwasserpunktion zur Abklärung des kindlichen Chromosomenstatus sorgen. Die einseitige moderate Erweiterung des fetalen Nierenbeckens lässt sich meist auf eine Harnleiterverengung am Abgang unterhalb des Nierenbeckens zurückführen. Das gibt es häufig bei sonst völlig gesunden Kindern. Spekulationen um die Risikoerhöhung aus einer moderaten einseitigen Erweiterung des Nierenbeckens sind ähnlich effektiv wie das Lesen im Kaffeesatz.
JHC
Vielen herzlichen Dank für Ihre eingehende und wieder äußerst hilfreiche Antwort! Ihre Art, die Fragen offen und ausführlich begründet zu beantworten, weiß ich sehr zu schätzen!
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