Mitglied inaktiv
Hallo Herr Dr. Paulus! Wollte mich bei Ihnen recht herzlich für die schriftliche Beratung über Saroten i.d. SS bedanken. Ich habe am 29.11.04 ein gesundes Baby zur Welt gebracht!! Wie gut, dass es so eine Beratungsstelle gibt!! LG Sandra
Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem gesunden Kind! Ich würde mich freuen, wenn auch die verantwortlichen Gesundheitspolitiker in Deutschland unsere Einrichtung unterstützen würden. Eigentlich sollte man aus der Geschichte lernen, doch möglicherweise muss sich ein weiteres Unglück wie mit Contergan® ereignen, bis effektive Konsequenzen gezogen werden. Zwischen 1958 und 1961 wurden rund 10.000 Kinder mit schweren Gliedmaßendefekten geboren, deren Mütter das Schlafmittel Contergan® (Thalidomid) eingenommen hatten. Seither herrscht bei pharmazeutischer Industrie, Ärzten und Patientinnen berechtigte Vorsicht, häufig jedoch auch irrationale Panik im Hinblick auf den Einsatz von Arzneimitteln in der Schwangerschaft. Schwangere sowie deren betreuende Ärzte und Apotheker stehen besonders in Deutschland oft vor der Frage des Schwangerschaftsabbruchs aufgrund mangelnder Informationsquellen. Ein Therapieverzicht bei chronisch kranken Schwangeren kann andererseits zu dramatischen Verschlechterungen der Grunderkrankung und damit zu einer erheblichen Gefährdung von Mutter und Kind führen. Unsere seit 1976 in Kooperation mit der Universität Ulm in Forschung und Beratung tätige Einrichtung beteiligt sich als deutsches Referenzzentrum an dem europäischen Netzwerk embryonaltoxikologischer Beratungsstellen (ENTIS = European Network of Teratology Information Services). Das auf Spenden und ehrenamtlichen Einsatz angewiesene Institut unter kirchlicher Trägerschaft (St.Elisabeth-Stiftung, Diözese Rottenburg-Stuttgart) bearbeitet inzwischen jährlich über 3.000 Expositionen in Schwangerschaft und Stillzeit. Angesichts der zunehmenden Inanspruchnahme ergab sich über die beratende Funktion hinaus eine wachsende Notwendigkeit, das eigene Datenmaterial wissenschaftlich auszuwerten. Bei den derzeit ca. 15 Konsultationen pro Tag würde in ca. 5 Fällen ein Schwangerschaftsabbruch erwogen, wenn nicht die Patientin oder ihr betreuender Arzt mit Fakten aufgeklärt werden könnten. In den vergangenen Jahren wurden über 30.000 Expositionen dokumentiert, wovon Schwangerschaftsverlauf und -ausgang bei über 11.000 Fällen in der von uns etablierten Datenbank FETIS archiviert werden konnten. Dies ermöglicht bei vielen Substanzen Aussagen über Fehlgeburts- und Fehlbildungsrisiken nach Anwendung in der Frühschwangerschaft. Leider wird das im Dienste einer verbesserten Patienteninformation gezeigte Engagement bislang nicht durch das deutsche Gesundheitssystem unterstützt (keine Finanzierung über Krankenkassen bzw. öffentlichen Gesundheitsdienst), was im internationalen Vergleich sehr verwundert. Wir versuchen seit Jahren die verantwortlichen Funktionäre und Politiker wachzurütteln, doch scheint das Wohl von Schwangeren und Ungeborenen diesen Personenkreis wenig zu interessieren.