Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Acetonitril

Frage: Acetonitril

NiRaPaAu

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Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, ich melde mich heute bei Ihnen, weil ich mir große Sorgen wegen meiner Schwangerschaft mache. Ich arbeite ca. 20 Stunden/Woche an 2,5 aufeinanderfolgenden Tagen in einem Labor für Proteindiagnostik. Ich bin jedoch nicht die komplette Zeit im Labor. Für die Diagnostik verwenden wir mehrere HPLC-Geräte. Bei den eingesetzten Lösungsmittel handelt es sich um eine 0,1% Ameisensäure (Glasflasche, 2Liter), eine Lösung aus 90% Acetonitril+0,1% Ameisensäure (Glasflasche, 1 Liter) sowie eine Lösung aus 20% Acetonitril+0,1% Ameisensäure (Glasflasche 0,5 Liter). Die Deckel der Flaschen haben ein Verteilersystem, über die Dichtigkeit kann ich keine Aussage machen. Diese Lösungen werden nach der HPLC in einem gemeinsamen Enghalskansiter(2 Liter bzw. 5 Liter) gesammelt. In die Deckel wurden Löcher gemacht und die Ableitungsschläuche durchgesteckt, sie sind somit nicht komplett verschlossen. Die Raumluft wird pro Stunde mindestens 3 mal komplett ausgetauscht. Nun zu meiner Frage. In dem Zeitraum nach der Befruchtung und vor der Einnistung (rechnerische Einnistungstag: Freitag; Kontakt mit Acetonitril: Donnerstagvormittag) ist ein Kanister übergelaufen und in der Auffangwanne hat sich das Lösungsmittelgemisch gesammelt. In diesem Lösungsmittelgemisch sind ungefähr 30% Acetonitril enthalten. Mein Kollege hat den Kanister ausgetauscht und ich habe die Wanne ausgewischt. War in dieser Zeit ca. 5 bis 10 Minuten direkt den Dämpfen ausgesetzt. Muss ich mir jetzt Sorgen machen das dadurch eine Schädigung des befruchteten Eis und dadurch Schädigungen meines Kindes entstehen? Ich bin jetzt in der 5. Woche schwanger. Kann ich trotz Schwangerschaft weiter in diesem Labor arbeiten ohne mein Kind zu schädigen? Die Acetonitrillösungen kann eine Kollegin ansetzen und die Probenvorbereitung mit Acetonitril erfolgt unter dem Abzug. Ist eine Anreicherung von Acetonitril in der Raumluft des Labors überhaupt möglich? Ist es korrekt, dass wenn der MAK-Wert eingehalten wird, keine Schädigung des Feten entstehen kann bzw. ab wann ist mit einer Schädigung zu rechnen? Vielen Dank für Ihre Bemühungen! Mit freundlichen Grüßen


Dr. Wolfgang Paulus

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Die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe hat in der MAK-Werte-Liste 2014 Acetonitril in Gruppe C eingestuft, d. h. ein Risiko der Fruchtschädigung braucht bei Einhaltung des MAK-Wertes und des BAT-Wertes nicht befürchtet zu werden. Lediglich in Tierversuchen mit Ratten traten unter sehr hohen Dosen Skelettdefekte auf. Für den Tag mit der von Ihnen geschilderten stärkeren Exposition würde ohnehin das Alles-oder-Nichts-Prinzip gelten: Sofern eine fruchtschädigende Exposition innerhalb von zumindest 14 Tagen nach Empfängnis erfolgt, ist bei schädigenden Einwirkungen entweder ein Abort oder ein Neugeborenes ohne erhöhtes Fehlbildungsrisiko zu erwarten. Die anfangs pluripotenten Zellen können in dieser Zeit noch geschädigte Zellen ersetzen, so dass die weitere Entwicklung ungestört verläuft, sofern der toxische Schaden nicht so groß ist, dass die Frucht mit der nächsten Regelblutung abgeht. Die Weiterentwicklung einer in diesem frühen Stadium geschädigten Frucht ist demnach nicht zu befürchten.


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