Frage im Expertenforum Kinderwunsch an Dr. med. Christoph Grewe:

Wie würden Sie weiterbehandeln?

Frage: Wie würden Sie weiterbehandeln?

Verzweifelte1984

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Sehr geehrter Herr Dr. med. Grewe, ich bin (wie wohl so viele hier) inzwischen mehr als verzweifelt und weiß einfach nicht, wie es noch weitergehen soll. Ich bin mittlerweile 35 Jahre alt, habe diverse Behandlungen ausprobiert, in dem meisten Fällen überwiegend mit extrem frustrierendem Ergebnis. Da ich leider auch die Ärzte vor Ort immer wieder als ratlos erlebe, hier meine Geschichte in der Hoffnung, dass Sie noch irgendeine Idee haben: Mit 30 Jahren die Pille abgesetzt - keine Regelblutung, auf Grund einer Essstörung. Im Laufe der Jahre immer weitere Gewichtszunahme, keine Esstörung mehr, trotzdem kein Zyklus. Oktober 2017 (33 Jahre alt) folgende Hormonwerte: - AMH: 2,0 - FSH: 5,5 - LH: 1,9 - Östrogen: 18 Extrem schlechtes Ansprechen auf jegliche Stimulationen, sowohl bei 3x VZO, 3 IUI, sowie bei 2 ICSIs, hier hochdosiertes HMG, teilweise mit Pergoveris. Leider auch immer nur 2-4 Eizellen und davon meisten noch die Hälfte unreif. Und das obwohl eigentlich eine "normale" Anzahl von Antralfollikeln vorher gesichtet worden waren. Schleimhaut auch immer sehr niedrig (5,5-7mm), also gerade so an der Grenze. Einmal im Antagonistenprotokoll bei 4 Eizellen (2 reif, 2 fast reif), immerhin am Ende 2 Blastos in A und B Qualität. Zweites Mal im Langen Protokoll, wieder ungleichmäßiges Follikelwachstum, 2 leere Eizellen, 4 punktiert. Leider alle in so schlechter Qualität, dass nur eine befruchtet wurde. Diese an Tag 2 als D-Qualität eingesetzt, allerdings an dem Tag auch schon stehengeblieben. Vorbehandlung im Vorzyklus der ICSIs erfolgte immer mit HRT (Cyc...P...) Danach leider trotz weiterer Gewichtszunahme weiterhin Amenorrhoe. August 2018 (34 Jahre alt) folgende Hormonwerte: - AMH: 3,2 - FSH: 12 - LH: 4,5 - Östrogen: 35 Noch eine ICSI im Antagonistenprotokoll mit hochdosiertem HMG, viele Antralfollikel, jedoch erneut nur 3 Eizellen punktiert, davon wieder 2 unreif. Am nächsten Tag waren alle Eizellen degeneriert und konnten somit auch nicht befruchtet werden. Transfer natürlich ebenfalls nicht. Weitere Gewichtszunahme, jedoch langsam Zweifel, inwiefern dies zum Erfolg führt. März 2019 (35 Jahre alt) folgende Hormonwerte: - AMH: 1,4 - FSH: 7,1 - LH: 2,3 - Östrogen: 46 5 Zyklen mit Hormonpumpe. Erstaunlicherweise gutes Ansprechen auf geringe Dosierung. Beste Schleimhaut meines Lebens (teilweise 8 mm). Leider trotzdem keine Schwangerschaft. Meine große Frage ist nun, welche weitere Behandlungsform am erfolgsversprechendsten ist. Ich frage mich bei meinen bisherigen Behandlungen, ob weitere ICSIs (die wir als Selbstzahler zahlen müssten) tatsächlich bei den wenigen, gewonnenen und übel aussehender Qualität eine höhere SS-Chance hätten, als weitere Versuche mit Hormonpumpe, auf die ich deutlich besser angesprochen bin. Trotzdem verliere ich langsam Geduld und Hoffnung :-(. Würden Sie eher zu einer weiteren Behandlung mit Hormonpumpe raten oder zu einer weiteren (sehr kostspieligen) ICSI? Sofern ICSI: Würden Sie mit oder ohne HRT im Vorzyklus behandeln? Meine große Unsicherheit ist, dass mein AMH ja immer besser ist (und auch mehr Follikel gesichtet wurden), wenn FSH erhöht war. Durch das HRT konnte FSH immer erfolgreich gesenkt werden (lag dann immer bei ca. 0,1 zu Behandlungsbeginn), allerdings waren dann zum Behandlungsstart auch alle im Vorzyklus gesichteten Antralfollikel verschwunden. Sollte man also eher ohne HRT im Vorzyklus und somit mit höherem FSH, dafür aber auch mehr Antralfollikeln starten? Oder sollte man eher mit HRT im Vorzyklus, dann mit niedrigerem FSH, dafür aber auch mit weniger Antralfollikeln starten? Leider erlebe ich bei den Ärzten vor Ort immer nur Ratlosigkeit, da aus deren Sicht das erhöhte FSH nicht zum AMH passt, bzw. auch niemand sagen kann, welche Vorgehensweise dann am besten ist. Außerdem passt der teilweise gar nicht so schlechte AMH, sowie die normale Antralfollikelanzahl auch nicht dazu, dass immer nur 2-4 Eizellen punktiert werden konnten und davon auch noch die Hälfte unreif war. Noch eine Selbstzahler ICSI? Mit HRT-Vorbehandlung oder ohne? Oder doch nochmal die Hormonpumpe probieren? Ich weiß überhaupt nicht mehr weiter und bin kurz davor aufzugeben. Eizellspende kann ich mir nicht vorstellen. Über Ihre Einschätzung würde ich mich sehr freuen! Viele Grüße


Dr. Christoph Grewe

Dr. Christoph Grewe

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Hallo, Zunächst einmal: Nicht aufgeben! Bislang gab es aus meiner Sicht nicht genug Chancen auf eine SS. Hier ein paar Anregungen: Was mir noch nicht klar ist: Gibt es einen zwingenden Grund für die Icsi? Wie hoch ist Ihr BMI? Ohne zwingende Indikation für Icsi würde ich zunächst weiter normal VZO versuchen, vorab aber ein paar Sachen klären. Sind die Eileiter offen? Ist ein OGTT erfolgt? Metformin? Im Falle einer Stimulation: Alle Spritzen bitte in den Oberschenkel, nicht in den Bauch. Man könnte am Zyklusbeginn (Tag 1 oder 2) den FSH Wert messen und nur starten, wenn er auch ohne HRT im Normalbereich liegt. Falls es Schmierblutungen gibt, würde ich schon früh an ZT 1 oder 2 mit der Stimulation beginnen. Ich kann Ihnen natürlich nicht versprechen, dass hierunter mehr Eizellen wachsen, dies wäre aber das, was ich machen würde. Viele Grüße Christoph Grewe


Verzweifelte1984

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Wow! Erst einmal ganz, ganz vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich meinen langen Text durchzulesen und auch für Ihre ganzen Fragen und Ideen! Tatsächlich hatte ich zwischenzeitlich auch das Gefühl, dass wir "nur" zu wenig SS-Chancen bisher hatten. Auf natürlichem Wege konnte wir es ja wegen der Amenorrhoe nie probieren, also kamen nur die Behandlungen in Frage - bei den ICSIs dann ja eigentlich auch nur einmal ein richtiger Versuch, weil bei den anderen Malen nicht mal wirklich ein Transfer stattfand. Ich versuche, alles der Reihe nach zu beantworten: Mein jetziger BMI liegt bei 20. Das war auch der BMI, den ich während der letzten ICSI hatte, als ich das schlechteste Ergebnis von allen hatte (nämlich nur degenerierte Eizellen). Der BMI ist seit ca. 1 Jahr in dem Bereich, leider aber immer noch kein Zyklus (wobei das auch schwer zu sagen ist, weil wir das letzte halbe Jahr in Behandlung mit Hormonpumpe waren). Die ICSI-Indikation ging von mir aus. Da schon während der VZO-Stimulationen mit HMG die Eizellen so träge gereift sind (auch bei recht hoher Dosierung), war absehbar, dass ich bei den ICSIs nicht viele Eizellen haben werde. Deshalb habe ich direkt auf ICSI bestanden. IVF mit nur 2-4 Eizellen war mir zu riskant. Spermiogramm meines Mannes ist am unteren Ende der WHO-Norm, schwankt aber. Teilweise ist es auch fast im mittleren WHO-Norm-Bereich. Vom Spermiogramm her wäre also keine ICSI erforderlich, wenn es auch jetzt nicht der Ober-Burner ist. Ein OGTT wurde nie gemacht, lediglich routinemäßig beim Hausarzt mal Nüchtern-Zucker/Glucose bestimmt. Da hatte ich einen leicht erniedrigten Blutzuckerwert. Würden Sie dennoch einen OGTT bei mir empfehlen? Wenn ich neugierig fragen darf: Inwiefern könnte das meine Eizellstimulation beeinflussen? Spritzen habe ich tatsächlich immer in den Bauch gespritzt, weil ich dachte, ich könnte hier besser ins Fett pieksen. Könnte Oberschenkel-Spritzen das Ergebnis verbessern? UND: Würden Sie die Lutrepulse-Pods dann auch an den Oberschenkel klemmen? Die trage ich nämlich auch immer am Bauch... Bezüglich HRT bin ich eigentlich ganz bei Ihnen und würde es auch gerne ohne HRT im Vorzyklus beginnen. Problem ist nur, dass ich ja keinen Zyklus habe und eine Ärztin sagte, sie würde nicht in eine monatealte Schleimhaut transferieren wollen/VZO machen wollen. Zu ZT1 oder ZT2 kann ich also leider nicht so viel sagen, weil ich ja quasi immer an Zyklusanfang bin, wenn ich nicht behandelt werde. Die Hormonwerte, die bei mir bestimmt wurden, waren ja immer einfach "irgendwo" im Zyklus, sofern man das bei Amenorrhoe so nennen kann. Kann man so trotzdem ohne HRT beginnen? Das wäre mir nämlich auch am liebsten, um nicht wieder meine ganzen Antralfollikel zum Verschwinden zu bringen, sondern "aufrecht" zu erhalten. Ganz, ganz vielen Dank für Ihre Mühe und auch fürs Mut machen und Überlegen!!! Dafür bin ich Ihnen sehr, sehr dankbar!


Verzweifelte1984

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Ich vergaß noch zu beantworten, dass meine Eileiterdurchgängigkeit überprüft wurde und es dort keine Auffälligkeiten gab. Eine HSK wurde auch gemacht, um zu sehen, ob ein Septum o.ä. vorliegt oder eine Ursache für den geringen Aufbau meiner Schleimhaut auch bei höchsten Östrogenwerten (dieser lag bei den ICSIs bei 6000-8000, obwohl nur 2-4 fast reife Eizellen punktiert werden konnten...). Aber die HSK war auch unauffällig: Keine Verwachsungen, keine Myome, kein Septum. Theoretisch alles normal, nur kein Zyklus und immer extrem schlechtes Ansprechen auf HMG und Pergoveris - auf Hormonpumpe habe ich aber erstaunlicherweise viel besser reagiert.


Verzweifelte1984

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Entschuldigen Sie, mir ist noch etwas eingefallen. Und zwar war mein Ausdruck "damalige Essstörung" vielleicht missverständlich. Ich litt bis 2015 unter extremem Untergewicht und habe mich dann im Laufe der letzten Jahre kontinuierlich hochgearbeitet. Bei der ersten ICSI (also der besten) mit den beiden Blastos, lag mein BMI bei knapp 16-17. Bei der letzten ICSI (der schlechtesten, mit den degnerierten Eizellen), lag mein BMI bei 20. Es ist demnach für mich nicht gerade motivierend, den jetzigen 20er BMI aufrecht zu erhalten, da das Ergebnis mit niedrigem BMI ja deutlich besser war und ich bisher ehrlich gesagt auch nicht feststellen kann, dass mein jetziger 20er BMI sich in irgendeiner Weise günstig auf den Erfolg ausgewirkt hat :-( Dennoch bemühe ich mich natürlich, den jetzt normalen BMI zu halten.


Dr. Christoph Grewe

Dr. Christoph Grewe

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Der BMI von 20 ist super und wenn Sie ihn halten können, wird es sich auf jeden Fall positiv auswirken. Ich würde die Qualität der Eizellen bei einem optimalen BMI nicht vom Gewicht abhängig machen. Nur bei deutliche erhöhten BMIs und zu niedrigen kann es zu Problemen bei den Behandlungen kommen. Viele Grüße und ich drücke Ihnen die Daumen Christoph Grewe


Dr. Christoph Grewe

Dr. Christoph Grewe

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Hier die Antworten auf die Fragen, wie sie im Text erschienen sind. Ein schlecht eingestellter Blutzucker bzw. eine Insulinresistenz können sich schon auf den Zyklus auswirken. Geht es dem Körper nicht gut genug, läuft die Reifung nicht optimal. Einige Studien zeigen dann unter Gabe von Metformin verbesserte Zyklen und Schwangerschaftsverläufe... Die Lutrepulse-Pods würde ich weiter auf den Bauch kleben! Je nachdem wie lange ein letzter Behandlungszyklus her ist, kann man auch bei Amenorrhoe ohne HRT anfangen. Die SH sollte natürlich nicht schon 6 Monate "alt" sein, aber 2 Monate würde ich entspannt akzeptieren.


Verzweifelte1984

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Hallo Herr Dr. Grewe, vielen, vielen Dank noch einmal für Ihre Antworten und Zeit, die sie sich dafür genommen haben. Das ermutigt mich alles tatsächlich sehr! Dann abschließend nur noch 2 Fragen: 1. Würden Sie den OGTT-Test dann auch bei “normalem” BMI empfehlen, also in meinem Fall? 2. Würden Sie mich theoretisch auch wirklich bei sich in Ihrer Praxis in Bremen nach meinen geschilderten Vorversuchen nochmal mit der Lutrepulse-Pumpe behandeln? Liebe Grüße und einen guten Wochenstart!


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