Frage im Expertenforum Geburt an Silke Westerhausen:

Schmerzempfindliche Frauen

Silke Westerhausen

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Beleghebamme der Frauenklinik in Herne

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Frage: Schmerzempfindliche Frauen

Mitglied inaktiv

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Hallo Frau Westerhausen, kurze Frage - ich lese ja oft und finde es auch toll dass Sie keine "Verurteilerin" der PDA sind. Sie schreiben oft in Ihren Statements "bei sehr schmerzempfindlichen Frauen ist sie völlig ok" - nun Mal ganz anders gefragt - meinen Sie, wenn man ansonsten nicht gerade der wehleidige Typ Frau ist, dass die Geburtschmerzen nicht so astronomisch ist wie von vielen Frauen beschrieben und man sie auch so gut handeln kann? Will damit sagen, dass vl oft übertrieben wird wenn Wehen und Geburt beschrieben werden oder ist der Wehenschmerz wirklich ein absoluter "Ausnahmeschmerz" also auf einer Schmerzskala ganz oben? Vl eine etwas dumme Frage aber oft denke ich mir schon, dass viele vl doch dramatisieren und übertreiben und unnötige Panik entsteht? Lieben Dank und falls wir uns nicht mehr lesen "Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr" - natürlich auch für Dr. Kniesburges!


Silke Westerhausen

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Hallo butterblume1977, Es ist in der Tat so,dass die Geburtsschmerzen nicht "astronomisch" stark sind und durchaus aushaltbar. Das Empfinden der Schmerzen ist natürlich subjektiv,deshalb gehen die kommentare nach den Geburten von "es war gar nicht so schlimm" über "es war nicht auszuhalten". Aus diesem Grund kann auch keine "Schmerzskala" erstellt werden - ich könnte für mich persönlich eine erstellen und würde den Geburtsschmerz in der Mitte ansiedeln. "Den Schmerz zulassen" hängt natürlich auch von vielen Faktoren ab: können die Frauen diejenige Position einnehmen in der sie den Schmerz "akzeptieren" können;wird den frauen angeboten diverse Dinge auszuprobieren,die den Schmerz erträglich sein lassen...und und. Wenn eine Frau kräftige Wehen hat und die Geburt begonnen hat,weiss ich relativ schnell ob sie eine PDA benötigt oder nicht und dieser frau darf nicht das gefühl gegeben werden sie hätte "versagt" nur weil sie eine PDA braucht. Die geburten sind spannend und individuell,genau wie die Frauen während der geburt..;- Ihnen auch ein wunderschönes Weihnachtsfest und eine schöne Schwangerschaft. Grüße Silke Westerhausen


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Das finde ich eine sehr interessante Frage, danke dafür. Würde mich auch sehr interessieren, mit welchem 'Schmerzensgrad' der Geburtsschmerz vergleichbar ist. Da bin ich mal gespannt.


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Wenn ich da mal antworten darf. Ja, ich meine, es wird viel Panik gemacht und ich habe auch das Gefühl, in unserer Zeit, wo es für jeden kleinen Pups eine Pille gibt, passt der Wehenschmerz nicht! Ich muss auch von mir selber sagen, als ich die Wehen nicht mehr ertragen wollte, waren sie viel schlimmer. Nach ca. 13h Wehen bei meiner ersten da hab ich der öfteren bei der Wehe geflucht und einfach nicht mehr gewollt. Diese Wehen war schlimmer zu ertragen, als wenn ich wie dann bei Nr. 2 in die Wehen gegangen bin, mit dem Gedanken, dass sie mich zu meinem Kind bringen, ich hab sie angenommen, sie leiten ein neues Leben ein. Es gab damals nur eine einzige Wehe, wo ich so ein klein wenig mich dagegen gewert habe und die war blöder als die anderen. Und nein, sie sind auf meiner Schmerzskala nicht ganz oben. Die Schmerzen, die ich nach dem (unnötigen) KS empfunden haben, sprengen die Wehn um einiges. Jetzt sag ich zu jeder, die mich fragt, dagegen sind Wehen schön, denn die haben ein Ende, ein wunderschönes sogar. Bei meiner Narbe, fast 8 Monate her, da zippelt es immer noch und die ersten drei Wochen sind echt nicht ohne. PDA ist für mich keine Option, da ich die schmerzstillenden Hormone, die ich bei Wehen ausschütte meinem Kind nicht vorenthalten will, dass bekommt die volle Breitseite, mit PDA. LG Regina


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Hallo, ja, eine interessante Frage... allerdings denke ich, dass man das nicht sopapuschal sagen kann an welchem Punkt der Skala der Geburtsschmerz angesiedelt ist. Da spielen sehr viele Faktoren mit hinein als wie stark die Schmerzen empfunden werden und auch wie stark sie tatsächlich SIND, das kann obketiv unterschiedlich sein und ist nicht ausschließlich subjektives Empfinden. Die "Einstellung" und die Schmerztoleranz sind sicherlich wichtige Punkte, allerdings gibt es auch Einflüsse, die man gar nicht so alle immer in der Hand hat wie z.B. - Dauer der Wehen, Erschöpfungsgrad - wie (einfach oder schwer) sich das Kind ins Becken hineindreht - ob die Frau genügend Endorphine ausschüttet oder die Stresshormone überwiegen- da spielt auch das Wohlbefinden der Frau eine Rolle (Angst, Unwohlsein, Unsicherheit hemmen Endorphinausschüttung) - Beschaffenheit des Gewebes - Gebärposition - ... Ich fände es falsch, einer Frau, die die Geburt als sehr schmerzhaft erlebt hat einfach nur starke Schmerzempfindlichkeit "vorzuwerfen", so einfach ist es sicher nicht.


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Hallo Frau Westerhausen, hm! Also ich bin definitv sehr gut mit sehr kräftigen Wehen zurechtgekommen, diese hätte ich auch mittig der Schmerzskala zugeordnet. Wenn diese Wehen aber Stunden anhalten, dann noch über Stunden ein unkontrollierbarer Pressdrang dazukommt dem man nicht nachgeben darf, die Wehenpausen nur mini sind, die Austreibungsphase dann nochmal fast zwei Stunden dauert.... ist man denn dann schmerzempfindlich, wenn man das dann wirklich als unheimlich schmerzhaft und anstrengend, ja überfordernd erlebt hat? Es war mein erstes Kind und bis zu MM 8 cm kam ich wunderbar zurecht! Aber dann folgten wirklich schwere Stunden! Das kann man doch nicht vergleichen mit einer Geburt, bei der der MM dann innerhalb von einer halben Stunden voll ganz offen ist und dann das Baby 30 Min. später auf der Welt ist?? da gibt es dich definitiv objektive Unterschiede im Verlauf, die sich zwangsläufig auf das Schmerzerleben auswirken! Ich will hier nicht unfreundlich schreiben aber das ist ein Thema bei dem ich ziemlich empfindlich reagiere, weil ich eben eine solche Geburt hatte und eich mir gegen die Aussage wehre, dass ich diese nur so erlebt habe, weil ich sehr schmerzempfindlich wäre. Das dachte ich selbst lange und habe dabei meine "Leistung" leider nicht gewürdigt. Wir hatten wegen des Themas auch schonmal Kontakt und Ihre Atwort hat mir damals übrigens sehr geholen :-) Viele Grüße Johanna


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@ Johanna und Frau Westerhausen Danke für die ausführlichen Antworten. Ich glaube Dir schon Johanna, dass es von Geburt zu Geburt bestimmt verschieden ist und wenn es Komplikationen gibt, dass ist das immer schlimmer als wenn alles "glatt" läuft. Da wäre auch im Bereich OP so, im Bereich Zahnarzt so und überall so. Wird Dir ein Weißheitszahn gezogen und alles läuft glatt, ist es halb so schlimm, bricht der Zahn, muss ausgegraben werden etc. - sagt man hinterher vl es war schrecklich. Was mich aber mehr und mehr irritiert hat in den ganzen letzten Monaten (denn ich lese viel zu dem Thema) war, dass viele Geburt und Geburtschmerz als "was astronomisch Hohes" beschreiben, als "Hölle", als "die schlimmsten Schmerzen, die der Mensch haben kann" - und dazu passt für mich nicht, dass viele Frauen 3-4 Kinder haben, dass Frauen früher Kinder überwiegend in Hausgeburten bekamen, dass früher wie meine Mutter sagt "um eine Geburt überhaupt kein Drama gemacht wurde, eine Geburt ist was Schönes, was Natürliches, heute wird alles total dramatisiert, je schlimmer umso besser für den Zuhörer". Mein Verstand sagt mir, dass wenn eine Geburt normal verläuft! und es so Höllenschmerzen am Rande des Wahnsinns wären, dass dann keine Frau freiwillig ein Zweites bekommen würde, dann würde jede Frau wahrscheinlich bei Kind Nr. 1 sagen - Ende! Ebenso fällt mir auf, dass Zweifachmütter total gelassen der Geburt entgegensehen, entspannt sind. Das wären sie wohl nicht, wenn sie in die Hölle gingen oder? Und das macht mich traurig, dass die ganze Vorfreude auf´s Baby so sehr überschattet wird von Panikgeschichten, von Negativberichten usw. - als ob man als Schwangere dazu gerade einlädt solche Gesichten in Massen hören zu wollen. Da ist 60% traumatisiert, nervlich am Ende... Wie gesagt, ich möchte nie meinen Mund aufmachen dazu, wenn es wirkliche Komplikationen gibt - dass das dann anstrengend und auch schlimm ist, aber bei Normalverlauf? Und meine Meinung ist, dass genau durch die Panikmache heute auch viele schreien "Wunschkaiserschnitt" und schon verkrampft in die Geburten gehen mit der Erwartung "jetzt kommen gleich die Höllenschmerzen"! Bleibt mir wohl nichts als selber abwarten wie es wird und die Hoffnung wenn es echt zu arg sein sollte, dass ich meine geliebte PDA :-) bekommen kann!!!


Silke Westerhausen

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Hallo JohannaK, Ich glaube sie stören sich an dem Wort "schmerzempfindlich" - damit ist aber nur gemeint,wenn Frauen nicht mehr mit dem wehenschmerz zurecht kommen (aus welchen Gründen auch immer) - die Indikation einer PDA lautet immer "Schmerz",da es sich um eine Maßnahme zur Schmerzbekämpfung handelt. Kommen Frauen mit dem Schmerz nicht mehr zurecht sind sie ihm gegenüber "empfindlich" geworden;vielleicht ist es eine bessere Ausdrucksweise. Ich muss auch butterblume recht geben,dass es weniger häufig vorkommt,dass die Frauen die Geburt als etwas Tolles erleben/beschreiben und ich finde es einfach ein bisschen schade wenn "Horrorgeschicheten" über ein so wunderschönes Ereignis erzählt werden. Vielleicht ist die gesellschaft inzwischen so,dass es für jede lebenslage bequeme Lösungen geben muss und vielleicht ist es so,dass man nicht durch eine Geburt "durch muss" wenn es auch anders geht. Natürlich ist eine Geburt Schwerstarbeit,aber das Positive daran ist,dass die Schmerzen einen Sinn haben,im Gegensatz zu allen anderen Schmerzen,die wir bisher im Leben hatten. Ich möchte auch in keinem Fall eine Geburt glorifizieren und was Sie beschreiben,nämlich eine "Überforderung" der ganzen Situation.Aber das mindert doch nicht Ihre Leistung...ganz im Gegenteil. Ich hoffe,dass wir uns ein bisschen besser verstanden haben - es ist relativ schwierig hier im Forum allgemeine Fragen so zu beantworten,dass individuelle Situationen und Abweichungen nicht "angegriffen" werden... Grüße Silke Westerhausen


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Hallo nochmals, danke für Ihre Antwort! Ja, wir haben uns jetzt besser verstanden :-). "Schmerzempfindlich" hört sich für mich ein bißchen nach "Memme" an, ganz unabhängig vom Verlauf der Geburt... . Ich gebe Ihnen recht, dass es sehr schade ist, dass Geburten oft so horromäßig dargestellt werden. Ich hatte vor der Geburt meines Kindes eben genau diese Einstellung, dass ich mich der Erfahrung inkl. Scherzen stellen möchte wenn irgend möglich und war da wirklich motiviert und sehr positiv. Ich bin nicht locker aber keinesfalls angsterfüllt in die geburt gestartet... . Dann kam es ganz anders und es hat sich nicht dieses "Juhu, das stimmt ja, was ich gedacht habe, das hab ich ja wirklich gut geschafft und schnell auich wieder vergessen!" eingestellt sondern eben eher Schockierung, ein Gefühl des Versagens, eben WEIl ich die Schmerzen ab einem bestimmten doch nicht mehr so annehmen konnte wie ich es mir geswünscht und vorgenommen hatte. Ich denke, das ist einfach die andere Seite, dass es Frauen gibt, die eigentlich eine sehr gesunde und bejahende Einstellung zur Geburt haben und die dann trotzdem erleben, dass sie es letztlich nicht in der Hand haben wie es läuft. Wahrscheinlich fühle ich mich genau deshalb so angegriffen weil ich zu diesen gehöre. Natürlich ist es schwierig im Rahmen eines Forums alle Seiten und Perspektiven abzudecken, das leuchtet mir sehr ein. In diesem Sinne, schöne Weihnachten und viele Grüße, Johanna


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Hallo Butterblume, ich gebe dir eigentlich in allem recht! :-) Für mich persönlich war es schon so, dass ich lange Zeit gebraucht habe die Geburt zu verarbeiten und mir in dieser Zeit auch kein zweites Kind vorstellen konnte. Mich hat es also schon geprägt hinsichtlich einer Folgeschwangerschaft. Auch jetzt muss ich mich wirklich sehr bewusst auf die bevorstehende geburt vorbereiten, v.a. emotional, um eben nicht total panisch und verkrmapft hineinzugehen (das war bei meiner ersten Geburt gar nicht der Fall- siehe Antwort an fRau Westerhausen). Aber mir ist klar, dass das nicht der Normalfall ist und dass viele eine Geburt als etwas vorwiegend positives und machbares erleben- zum Glück! Ich würde außerdem auch niemals einer schwangeren Frau ausführlich von meinem Erlebnis berichten und dieser dann damit Angst einjagen... Ich wehre mich nur gegen das unreflektierte, uneingeschränkte Anpreisen einer natürlichen Geburt und gegen ein generelles Verharmlosen der evt. auftretenden Schmerzen und Gefühlszuständen. Verstehst du, mein Problem war eher, dass ich hinterher dachte, wenn mich jemand auch vorsichtig und konstruktiv darauf vorberietet hätte, dass es manchmal Sitautionen gibt, wo ein Schmerzmittel ein Segen sind und das dann aber nichts mit der Einstellung der Frau zu tun haben muss, dann hätte mich das sehr versöhnt und getröstet. Ich dachte nur wirklich hinterher, was mit mir wohl nicht stimmt weil ich es so schlimm fand während andere Frauen ja wirklich super klarkommen... Ja, ich denke, deine Einstellung ist gut, es ohne PDA zu versuchen, sie dir aber doch für den Notfall vorzubehalten und das auch so zu kommunizieren.Ich sagte nur, dass ich es ohne probieren möchte und als ich dann unter der Geburt doch eine wollte, ging meine Hebamme leider nicht darauf ein... . Alles Gute für dich!


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