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21 Monate und kleiner Tyrann

Thema: 21 Monate und kleiner Tyrann

Glaube es paßt eher hierhin... Hallo ihr, ach mensch, ich weiß manchmal nicht mehr weiter. Mein Sohn fängt schon an, sich zu einem Tyrannen zu entwickeln. Ich bin gar nicht mehr vor ihm "sicher", dauernd zupft und zerrt er an mir rum, und wenn ich nicht "pariere", dann kriegt er einen Wutanfall.. Dabei spiele ich oft mit ihm, gehe viel mit ihm raus, mach alles so gut es geht. Er versteht auch nicht (oder will nicht), wenn ich ihm was abschlage oder von irgendwas wegnehme, weil er nicht dran soll.Er macht es dann erst Recht (an die Klobürste gehen, mit den Fingern ins Türscharnier, an den Backofen oder sonstwas, aber bevor was passieren kann, habe ich mich natürlich durchgesetzt, aber es ist so anstrengend). Und ich spüre dann, wie es ihm Freude bereitet, mich zu ärgern...So klein und so nervig! Der kreischt und wehrt sich dann. Richtig schlimm.. Manchmal habe ich schon etwas Angst vor ihm (so doof sich das anhört). Aber ich weiß, dass ich ihm nicht alles durchgehen lassen kann... Ob das mit dem Alter noch schlimmer wird? Dann dirigiert er mich in einigen Jahren... oh weh... Auch ist er vom Typ her eher ein lauter. Ständig schreit er plötzlich rum, da erschreckt man sich fürchterlich, auch wenn er nur aus Freude rumposaunt. Aber das zerrt echt an den Nerven. Ein richtiger Bursche. Da es mein 1. Kind ist, weiß ich nicht ob das alles normal ist. Ich kriege auch Schweißausbrüche, wenn er sich im Kindersitz nicht anschnallen lassen will oder nicht wieder ins Haus (nach dem spazierengehen). Ich ertappe mich dabei, wie ich selbst wütend werde (würde am liebsten mal zulangen, aber da beherrsche ich mich!).. Dann ärgere ich mich, dass ich überhaupt auf dieses Niveau gesunken bin und wütend bin und mich von so einem Zwerg überhaupt beeindrucken lasse. Wie haben sich die Großeltern damals noch diesen Respekt verschafft??? Mir fehlt wohl die Gelassenheit in manchen Situationen, wobei ich vom Typ her total ruhig bin und eigentlich schon immer die "Opferrolle" hatte. Ich tu auch alles für mein Kind, schenke ihm viel Liebe und habe ihn auch lieb. Er kann ja auch lieb sein.. Aber meint ihr, das wird alles noch viel schlimmer? Habe Angst vor einem kriminellen Kind, bzw. vor einem Kind, dass mich später anspuckt und haut (habe das schon oft bei der Supernanny gesehen). Wie verhalte ich mich in brenzligen Situationen richtig? Ein klares striktes "Nein" ohne viel Erklärung? Einfach durchgreifen, ihn wegsetzen oder was? Mein Nein juckt ihn bisher gar nicht. Tut mir leid, dass es länger wurde, aber wenn das Kind schon am frühen Morgen rumkreischt, dann muss man sich schon mal etwas Luft schaffen. Danke!

Mitglied inaktiv - 21.10.2008, 09:59



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Guten Morgen, die heiße Trotzphase scheint zu beginnen!! In heiklen Momenten bringen Erklärungen da leider nichts. Nur ein NEIN und das konsequent!!!! dann ist erstmal wieder einige Zeit ruhe. Dann kommt der nächste Trotzanfall und du must wieder NEIN sagen und konsequent sein!! Ich kann alles sehr gut nachfühlen. Meiner ist jetzt 4. Diese extremen Phasen des Austestens wie weit man gehen kann, haben wir immer noch, aber viel seltener. Erklärungen warum es ein Nein gab, kann man immer nur in ruhigen Zeiten abgeben. Ich mußte auch manchesmal eine Tür zwischen uns zu machen. Ich wünsche Dir starke Nerven und viel Geduld. Jetzt konsequent sein, dann ist es später einfacher (bis zur Pubertät). Alles Gute Ulrike

Mitglied inaktiv - 21.10.2008, 10:26



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huhu, mensch, lies doch mal ein (gutes :-)) buch über entwicklungspsychologie, zb "in liebe wachsen: liebevolle erziehung für glückliche familien" von carlos gonzález. dann weißt du was gerade in deinem sohn vorgeht und brauchst auch keine angst mehr haben. :-) dein kind macht gerade einen gewaltigen (und anstrengenden, aber unglaublich wichtigen und eigentlich auch sehr tollen) entwicklungsschritt mit: es hat jetzt einen eigenen willen. ohne den geht es nicht im leben! freu dich, dass dein kind jetzt weiß, was es will. :-) weil es aber so jung ist, kann es natürlich noch nicht abschätzen, warum wir erwachsenen zb die klobürste eklig finden (sie soll übrigens gar nicht so sehr schlimm sein, gesundheitstechnisch, aber nein, ich lasse meine kinder auch nicht damit spielen ;-)). dazu kommt, dass im alter deines sohnes kein kind auf ein "nein" hört (es sei denn ein sehr repressiv erzogenes, weil es sonst um die ecke geprügelt wird). der eigene wille ist so stark und verlockend, es KANN gar nicht anders als nicht auf ihn zu hören. deswegen nützt es auch nichts, gebetsmühlenartig "nein" hinter dem kind herzuleiern, es hat einfach noch nicht die fähigkeiten, länger als eine minute dran zu denken. sprich, spar dir das gehampel und stell die gefährlichen/kostbaren sachen weg/hoch/außer sichtweite. mit drei kannst du alles wieder rausräumen. :-D vielleicht kann dein kind auch eine saubere klobürste haben, dann ist sie bald nicht mehr so interessant. und wenn dein kind doch mal was nicht kann, nimm es weg (aber ohne persönliche wut, denn dein kind will dich nicht ärgern) und lenk ab. denk dir was gutes aus! kinder sind nicht blöd. ;-) viel spaß (das meine ich ernst) und freude am kind, miebop

Mitglied inaktiv - 21.10.2008, 11:04



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Trotz von Dipl.-Päd. Ines Gärtner Was ist Trotz? Der Begriff Trotz impliziert, dass das Kind bewusst etwas gegen den Willen eines anderen tut, was aber nicht der Fall ist. Trotzdem ist Trotz der gängige Begriff, weshalb ich ihn weiter verwende. Trotz ist eine Entwicklungsphase, die alle Kinder durchlaufen. Er lässt sich nicht vermeiden und ist, falls er ganz ausbleiben sollte, eher ein Zeichen der behinderten Ich-Bildung. Trotz erfolgt im Zuge der Loslösung und Abgrenzung von der Mutter und der Ich-Bildung. Orientiert sich ein Säugling und Kleinstkind noch an der Mutter und hält sie weitgehend für einen Teil seiner eigenen Person, so begreift ein Kleinkind ab dem ca. 18. Lebensmonat zunehmend, dass es eine eigenständige Person ist, die ihre Handlungen selbst verursacht. Diese Ich-Identität ist durch den Spiegeltest nachweisbar. Ein Kind, dass vorher die doppelte Erscheinung der Mutter und des fremden Kindes im Spiegel zur Kenntnis nahm und anlächelte, stellt jetzt erstaunt fest, dass es das selbst ist und versucht beispielsweise einen Fleck auf der eigenen Stirn, den es im Spiegel entdeckte, zu entfernen. Trotz ist keine Opposition oder gar Widerspenstigkeit gegen die Eltern, sondern bedeutet, dass ein Kind sich selbst, der eigenen Handlungen und der eigenen Entscheidungsmacht bewusst wird. Trotz ist der Weg zu Eigenständigkeit und Autonomie, begleitet von Ungeduld, Spannungszuständen und Disharmonie, was sich in Wut und Trotzanfällen äußert. Wann tritt Trotz auf? Trotz und die damit verbundenen Äußerungen der Wut lassen sich nicht grundsätzlich vermeiden, höchstens in wenigen Fällen umgehen. Meist sind die Anlässe austauschbar. Die Äußerungen der Wut, sowohl was die Dauer als auch die Vehemenz und Lautstärke betrifft, haben etwas mit dem Temperament des Kindes zu tun und nicht mit den (fehlenden) pädagogischen Fähigkeiten der Eltern. Kinder in diesem Alter sind unflexibel, haben einen inneren Plan, von dem sie nicht oder nur schlecht abweichen können. Wird ein Kind in seinem Tun unterbrochen, weil die Eltern etwas anderes möchten oder halten die eigenen Fähigkeiten (noch) nicht mit dem Willen mit, kommt es zu Frust und Wut. Enttäuschte Erwartungen, gebrochene Versprechungen und mangelnde Geduld und Ausdauer sind weitere Auslöser. Dazu kommt, dass innere Faktoren wie Müdigkeit, Hunger, Krankheit, neue Umgebung und Stress etc. Trotzäußerungen begünstigen. Ein Kind mit einem bereits stark ausgeprägten Selbstbewusstsein wird wahrscheinlich nicht mit soviel Aggressivität und Wut (Schlagen, Beißen, Wegstoßen der Eltern) reagieren wie ein Kind, bei dem das Selbstbewusstsein noch nicht so stark ausgebildet ist. Wie verhalte ich mich, wenn mein Kind trotzt? Oberste Regel ist, das Kind so viel selbst tun zu lassen wie möglich. Jede Einschränkung und Grenzsetzung erlebt das Kind in erster Linie als Kränkung. Es kann noch nicht unterscheiden, welche Regeln sinnvoll und zum eigenen Schutz sind, sondern empfindet nur die Einschränkung und braucht deshalb wenige, sinnvolle Regeln. Starke, autoritäre Einschränkungen statt liebevollem Unterstützen und Korrigieren sind schädlich für die Selbstentwicklung des Kindes. Kinder wollen ernst genommen und respektiert werden und mitentscheiden dürfen. Eltern sind in dieser Phase vor allem Begleiter und Lenker des Verhaltens. Sie werden manchmal überrascht werden von den starken Gefühlsäußerungen, manchmal auch enttäuscht oder sogar selbst wütend sein, sollten sich aber immer wieder vor Augen führen, dass dieses Verhalten nichts mit Auflehnung und/oder Ablehnung der Eltern zu tun hat, sondern ein normaler und enorm wichtiger Entwicklungsschritt im Leben eines Kindes ist. Es braucht Geduld, sehr viel Verständnis und oftmals ein Umdenken, wenn ein Kind diesen neuen, bisher unbekannten Weg einschlägt. Plötzlich stößt es die Eltern weg, lässt sich nicht beruhigen oder schmeißt sich gar auf den Fußboden. Trotz dieser offensichtlichen Ablehnung bedeutet das Verhalten nicht, dass die Kinder ihre Eltern nicht mögen, sondern nur, dass sie in diesem Moment von ihren Gefühlen überrannt werden und diese nicht mehr steuern können. Normalerweise wird ein Kind mit einer guten Eltern-Kind-Bindung immer irgendwann den Trost, die Nähe und Umarmung der Eltern suchen. Eltern sollten immer in der Nähe des Kindes bleiben, auch wenn es sich nicht anfassen oder beruhigen lässt. Wichtig ist das Wissen, dass die Eltern auch in dieser Situation da sind. Kinder brauchen vor allem die Rückmeldung, dass auch diese Äußerungen von vermeintlich negativen Gefühlen auf Verständnis stoßen und erlaubt sind. Gefühle sollten durch die Eltern benannt werden. Ignorieren und Strafen wie z.B. Auszeiten führen in der Regel nur dazu, dass ein Kind noch mehr kämpft, um sich zu behaupten. Kinder wollen Eltern, die ihnen liebevoll notwendige, nicht willkürliche Grenzen vermitteln, sie mit den Kindern zusammen entwickeln, erneuern oder auch weglassen. Mit zunehmend besserem Sprachgebrauch kann ein Kind seine Bedürfnisse besser artikulieren, das Denken wird differenzierter und die Reaktionen immer flexibler. Im Laufe dieser Entwicklung werden Trotzanfälle und aggressives Verhalten seltener. Kinder mit ca. 4, 5 Jahren werden in der Lage sein, grundsätzliche Grenzen anderer zu akzeptieren und nicht mehr egozentrisch alles um jeden Preis durchsetzen wollen. Mit viel Geduld und Verständnis werden sie sich zu autonomen, selbstbewussten Kindern entwickeln. Dipl.-Päd. Ines Gärtner für Rabeneltern.org, Mai 2006 http://www.rabeneltern.org/elternsein/wissenswertes/gaertner_trotz.shtml lg pitti

Mitglied inaktiv - 21.10.2008, 11:16



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Das sollte bei der Geburt der Kinder mit in die Entlassungstasche und nicht nur Babycreme! Tolle Recherche!

Mitglied inaktiv - 21.10.2008, 13:01



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Ja im Großen und Ganzen ist das ja korekt. Ist aber immer leichter gesagt bzw. geschrieben wie getan. Z. B. dass man beim Wutanfall beim Kind bleiben soll. Aber mach das mal wenn du merkst, dass du selber immer wütender wirst. Ich finde, dass es dann für beide Beteiligten besser ist, das Kind ins Kinderzimmer zu bringen oder selbst den Raum zu verlassen. Damit beide Beteiligten sich beruhigen können. Aber keine Sorge es wird besser. Mit ca. 3 Jahren werden die Wutanfälle zwar nicht ausbleiben, aber du wirst sehen, dass du dich mit deinem Kind besser über die Verbote "unterhalten" kannst bevor sie exkalieren. P.S. Gönn dir zwischendurch mal eine Auszeit von deinem Kind, dass wirkt machmal wunder. Und du hast neue Kraft und vorallem Geduld für dein Kind.

Mitglied inaktiv - 21.10.2008, 20:19



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Hui... ihr habt euch richtig Mühe gemacht. Ich danke euch. Ist schon mal gut zu wissen, dass es eigentlich normal ist, wenn ein Kind seinen Willen durchsetzen möchte und dass man manchmal nicht mehr weiter weiß. Erst gestern hatte ich Kinder-und Mamabesuch. Ich habe gesehen, dass auch die anderen kinder trotzig sein können, hauen, nicht auf die Neins der mamas hören. da war ich schon etwas beruhigter. Allerdings ist ein Junge in der Runde, der ist superlieb und sieht voll ausgeglichen aus, spielt lieb für sich, sitzt brav bei der Mutter... ich habe die Gesichter der anderen gesehen, alle sprachen Bände "ach wäre meiner auch mal so"... :o)

Mitglied inaktiv - 22.10.2008, 14:03