Säuglingsmilche - warum sie inzwischen
so gut sind und wie sie getestet
werden
![]() © Adobe Stock, Robert Przybysz |
Jeder Kinderarzt, jeder Hebamme, jeder Hersteller von Säuglingsmilch betont es immer wieder mit Recht: Muttermilch ist der Goldstandard in der Säuglingsernährung. |
Noch immer unerreicht ist die Zusammensetzung, die sich je nach Bedarf und Lebensalter optimal anpasst.
Doch auch bei den industriell gefertigten Säuglingsmilchen hat sich in den letzten Jahren vieles verbessert. Die im Handel erhältlichen Säuglingsmilchnahrungen entsprechen nicht nur den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, einige bieten darüber hinaus noch Zusätze, die die Entwicklung einer gesunden Darmflora unterstützen können. Wer nicht stillen kann oder möchte, braucht also keine Gewissensbisse zu haben.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben in den letzten Jahrzehnten immer detaillierter ergeben, welche Mengen an Makronährstoffen, wie Eiweiß, einschließlich bestimmter Aminosäuren, Fetten und Kohlenhydraten sowie an Mikronährstoffen, wie Vitaminen und Mineralstoffen für die gesunde Ernährung von Säuglingen notwendig sind. Diese Erkenntnisse sind als genaue Mengenangaben in der Diätverordnung niedergeschrieben. Jeder Hersteller muss diese Vorgaben erfüllen, sonst darf das Produkt nicht verkauft werden.
Muttermilch, Pre-Nahrung und Kuhmilch im Vergleich
Die Pre-Nahrung ist die ideale Anfangsnahrung. Sie enthält alle wichtigen Nährstoffe für Babys Wachstum in den ersten Monaten.
Hier ein Vergleich der Inhaltsstoffe in Muttermilch, Säuglings-Pre-Nahrung und Kuhmilch.
In 100ml trinkfertiger Nahrung / Milch | Muttermilch | Pre-Milch (beispielhaft) |
Kuhmilch |
Energie | 294kJ / 70kcal | 277kJ / 66kcal | 268kJ / 64kcal |
Kohlenhydrate | 7,0g | 7,2g | 4,8g |
Fett | 4,0g | 3,5g | 3,5g |
Eiweiß | 1,5g | 1,25g | 3,5g |
An den Zahlen sieht man gut, dass die Mengen in Muttermilch und Säuglingsmilch sehr ähnlich sind, wohingegen sich die Mengen in Kuhmilch teilweise deutlich unterscheiden. Beispielsweise ist der Gehalt an Eiweiß in Kuhmilch für den Organismus von Babys noch viel zu hoch. Deshalb: KEINE Kuhmilch für Babys!
Pre-Nahrungen, die ab der Geburt gegeben werden können, enthalten als einziges Kohlenhydrat Milchzucker (Laktose) - wie die Muttermilch auch.
Säuglingsmilche im Test - so entsteht eine Testnote
In regelmäßigen Abständen werden die auf dem Markt verfügbaren Säuglingsmilche von Testinstituten einem Test unterzogen. Das ist sinnvoll, denn es gibt immer noch etwas zu verbessern. Dem Vorbild, der Muttermilch, versuchen die Hersteller, sich bestmöglich anzunähern - zu 100% erreichen werden sie diese geniale Zusammensetzung jedoch wahrscheinlich nicht. Zu viele individuelle Einflüsse spielen eine Rolle dabei, wie Muttermilch im Körper einer Frau komponiert wird. Das Ziel ist daher, die Säuglingsmilch so zusammenzusetzen, dass das Baby mit allen notwendigen Nährstoffen für eine gesunde Entwicklung bestmöglich versorgt wird und gleichzeitig keine Schadstoffe oder Keime enthalten sind.
Inhaltsstoffe
Getestet werden zum einen die Inhaltsstoffe. Hier wird im Wesentlichen geprüft, ob die Inhaltsstoffe den Vorgaben der Diätverordnung entsprechen. Die Tests der letzten Jahre zeigen, dass die strengen Vorgaben des Gesetzgebers lückenlos umgesetzt werden - dies ist das wesentlichste und wichtigste Ergebnis.
HMO
Einige Hersteller fügen ihren Säuglingsnahrungen HMO zu. HMO (Humane Milch Oligosaccharide) gehören zur Klasse der Kohlenhydrate. In der Natur kommen HMO ausschließlich in menschlicher Muttermilch vor und sind dort wahre Multitalente.
Dank der technologischen Fortschritte ist es heute möglich, einige ausgewählte, besonders bedeutende HMO industriell herzustellen und Folgenahrung zuzusetzen. Diese sind strukturidentisch mit denen in Muttermilch enthaltenen HMO.
Ob eine Folgenahrung HMO enthält, ist daran erkennbar, wenn auf der Zutatenliste zum Beispiel folgendes zu finden ist:
- 2'-Fucosyllactose/Difucosyllactose Gemisch
- 2-Fucosyllactose
- 3'-Sialyllactose-Natriumsalz
- 6'-Sialyllactose-Natriumsalz
- Lacto-N-tetraose
Gesundheitsfördernde Zusätze: Prä- und Probiotika
Die Hersteller von Säuglingsmilchprodukten haben neben den vorgeschriebenen Inhaltsstoffen die Möglichkeit, noch andere, gesundheitsfördernde Zusätze hinzuzufügen. Die Wissenschaft hat herausgefunden, dass der schützende Effekt vor Allergien, den das Stillen hat, mit der Besiedlung des Darmes zusammenhängt. Mit der Muttermilch enthält der Säugling von der Mutter Bakterien, die sich im Darm ansiedeln. Die Darmflora spielt in der Abwehr von Infekten eine wichtige Rolle. Darum hört man manchmal den Satz: Das Immunsystem sitzt im Darm.
Einige Hersteller von Säuglingsnahrung fügen ihren Produkten so genannte Probiotika bei. Das sind genau solche Bakterien. Auf der Packung steht dann beispielsweise "natürliche Milchsäurekulturen". Damit soll der natürliche Besiedlungsprozess möglichst optimal nachgeahmt werden.
In der Muttermilch gibt es auch eine Vielzahl verschiedener Oligosaccharide. Das sind besondere Ballaststoffe. Von ihnen weiß man, dass sie die Besiedlung des Darmes mit "guten" Bakterien unterstützen. Studien haben gezeigt, dass Zusätze solcher Oligosaccharide, so genannte Präbiotika, die Funktion des Immunsystems unterstützen können. Kurz werden diese Ballaststoffe auf den Verpackungen mit GOS (Galakto-Oligosaccharide) oder FOS (Frukto-Oligosaccharide) bezeichnet. Eine identische Zusammensetzung von Präbiotika, wie sie in der Muttermilch vorhanden ist, gibt es noch nicht, aber es gibt Hinweise, dass die Darmflora von Fläschchenkindern sich der von gestillten Kindern in ihrer Zusammensetzung annähert.
DHA - die Gehirnentwicklung unterstützen
DHA (Docosahexaensäure) ist eine mehrfach ungesättigte Omega-3 Fettsäure. Sie fördert nachweislich die Gehirnentwicklung und die Sehfähigkeit. Ab dem Jahr 2020 müssen pro 100ml Säuglingsmilch 20mg DHA enthalten sein. Einige Hersteller erfüllen diese Mengenvorgabe schon jetzt, bei anderen ist noch etwas weniger drin. Doch LCPs, so der Überbegriff für langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren, sind heute bereits Standard in höherpreisigen Milchnahrungen der verschiedenen Hersteller. Zu den LCPs gehören auch Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren.
Natürlich ist auch festgelegt, was in einer Säuglingsmilch nicht - oder nur in geringen Mengen - enthalten sein darf.
Schadstoffe und Keime
3-MCPD-Ester sind Schadstoffe und entstehen bei der Raffination von Pflanzenfetten. Sie lassen sich offenbar nicht zu 100% vermeiden. Die heutzutage gemessenen Werte sind bereits bis zu 10-fach niedriger als noch vor einigen Jahren. Daneben gelangen 3-MCPD-Ester auch über die Nahrung der Mutter, beispielsweise über Margarine, in geringen Mengen in die Muttermilch. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) haben Grenzwerte für den täglichen, unbedenklichen Verzehr solcher Stoffe festgelegt - insbesondere für die Säuglingsmilch.
Darüber hinaus wird geprüft, ob krankmachende Keime enthalten sind. In den Tests der letzten Jahre wurden erfreulicherweise nie krankmachende Keime gefunden.
Das Vorhandensein und die Konzentration von Schadstoffen oder Keimen führt zur Abwertung im Test.
Verpackung
Für die Tester ist auch von Bedeutung, ob die Verpackung alle notwendigen und vorgeschriebenen Informationen enthält. Dabei wird geprüft, wie und ob alle enthaltenen Substanzen auf der Verpackung angegeben sind, sowie welche Aussagen auf der Verpackung an welchen Stellen gemacht werden. Auch die Einschätzung der Tester im Hinblick auf die Gestaltung der Packung bestimmt also das Gesamturteil mit und kann zu ganz erheblichen Abstufungen führen - wobei diese Einschätzung nichts über die Qualität der Inhaltstoffe aussagt.
FAZIT: Die Auswahl an Säuglingsmilchen in Pulverform ist groß. Die für die Gesundheit und das Wachstum des Babys wichtigsten Nährstoffe sind in der Diätverordnung festgeschrieben und sind in ihrer Zusammensetzung bei allen Produkten gleich. Anderenfalls dürften diese Produkte nicht auf den Markt gelangen. Mütter, die ihre Kinder (auch) mit Säuglingsmilchen in Pulverform ernähren, müssen sich also keine Sorgen machen: Alle getesteten Säuglingsmilche sind ernährungsphysiologisch gut.
von Dr. Christine Hutterer, Medizinjournalistin, Biologin
Zuletzt überarbeitet: April 2022