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S. Fischer Verlag beendet Zusammenarbeit mit Monika Maron

S. Fischer Verlag beendet Zusammenarbeit mit Monika Maron

tonib

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https://www.sueddeutsche.de/kultur/monika-maron-fischer-trennung-verlag-1.5081858 Das tut mir leid - für beide. Ich kann mit den Büchern von Monika Maron -allen voran - Stille Zeile Sechs - sehr viel anfangen, und ich schätze sie auch sehr als Person für ihre klugen und kritischen Stellungnahmen. Den S. Fischer Verlag schätze ich auch, insbesondere für seine Standhaftigkeit in vergangenen Zeiten. Und dafür - das gehört zusammen- wie er Thomas Mann verlegt hat. Jetzt weht offenbar ein anderer Wind.


Mitglied inaktiv

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Ich kann zu Monika Maron wenig sagen, ich habe nie Texte von ihr gelesen. Aufgefallen ist sie mir lediglich in Zusammenhang mit den Aktionen des Vereins für deutsche Sprache in Form ihrer Gegenwehr gegen gendergerechte Sprache und "politische Korrektheit". Und da bin ich mit ihr von meiner Grundhaltung her überkreuz. Ich finde den Artikel, den du eingestellt hast, gut und differenziert, weil er versucht, beiden Standpunkten gerecht zu werden und möglichst wenig zu werten. Für mich persönlich kann ich aber sagen, dass es mich - obwohl Kunstfreiheit für mich ein hohes Gut ist und ich es wichtig finde, auch kontroversen Meinungen Raum zu geben - irritiert, dass eine historisch und politisch so gebildete Frau wie Frau Maron entweder so unbedarft oder vielleicht doch schon so stark vom neurechten Diskurs geprägt ist, dass sie die politischen Verstrickungen ihres Zweitverlages entweder ausblendet oder zumindest nach außen hin schönredet. Und dann doch wieder den tausendfach gehörten Vorwurf von der DDR 2.0 aus dem Ärmel zaubert, um dem Fischer-Verlag noch eins mitzugeben. Und mir stellt sich auch die Frage, warum für viele Intellektuelle mit DDR-Vergangenheit Meinungsfreiheit vor allem bedeutet, nach neurechts offen zu sein? Ich höre das nie andersherum. Mich irritiert das. Ich kann die Entscheidung des Fischer-Verlags verstehen. Der Suhrkamp-Verlag hat sich mit Uwe Tellkamp ja anders entschieden. Insofern gibt es vermutlich mehrere Winde, die gerade wehen. Oder zumindest Lüftchen. Und ich finde das Cancel-Kultur-Geblöke in den Medien momentan oft ganz schön laut, auch wenn gar nix dahinter ist. Und lese trotzdem mit großem Genuss ausgerechnet den "reaktionären Opa" (O-Ton meine Tochter) Martenstein im Zeit-Magazin, der die Einseitigkeit des öffentlichen Diskurses oft und gerne kritisiert. Wenigstens ist er dabei aber witzig und klug. Zumindest meistens.


tonib

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https://www.sueddeutsche.de/kultur/monika-maron-fischer-trennung-1.5081856 Hier ist noch eine aktuelle kritische Würdigung. Ich kann nur empfehlen, mal etwas von ihr zu lesen. Sie ist eine herausragende Schriftstellerin und ein kritischer, sturer Kopf. Ich denke, dass in der DDR sozialisierte, damals systemkritische Schriftsteller feine, vielleicht feinere, Antennen haben für Meinungsfreiheit und ihre tatsächlichen (nicht rechtlichen) Begrenzungen. Aus dieser Warte sieht man allgemeinen Jubel über Regierungsentscheidungen, zu denen man in intellektuellen, aufgeklärten Kreisen nur eine Meinung haben darf, ohne mindestens als "schräg" zu gelten, vielleicht eher kritisch; man spürt diese Beschränkungen und macht das, was man früher auch getan hat: man akzeptiert sie nicht, man fügt sich nicht ein.


pflaumenbaum

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"Ich denke, dass in der DDR sozialisierte, damals systemkritische Schriftsteller feine, vielleicht feinere, Antennen haben für Meinungsfreiheit und ihre tatsächlichen (nicht rechtlichen) Begrenzungen." Ich weiß nicht. Ich habe bei der Dresdner Connection um Susanne Dagen kein gutes Gefühl - habe mir einiges auf Youtube von ihr angeschaut. Niemand verlangt von Frau Maron, sich irgendwo einzufügen, aber dass sie Susanne Dagen nicht kritisch sieht, finde ich komisch. Dieses angebliche feine Gespür, dass die Ostdeutschen haben, ich weiß nicht .... Vielleicht fehlt ihnen auch das Gespür für die Linie nach Rechtsaußen? Vielleicht haben sie nicht so recht verstanden, dass Demokratie nicht bedeutet, dass jeder machen kann, was er will? Dass eben die Mehrheit entscheidet? Dass es Diskurse gibt, dass Kritik normal ist und man nicht sofort beleidigt sein muss, wenn man kritisiert wird?


Mitglied inaktiv

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Danke, den Artikel lese ich mir durch. Was die "feinen Antennen" angeht, geht es mir ein bisschen wie Pflaumenbaum: Ich habe ein paar ältere (ebenfalls sehr kluge und von mir geschätzte) Kollegen aus Ostdeutschland, die eine generell kritische Haltung gegenüber "der Obrigkeit" oder "dem Establishment" vertreten. Ich beobachte dort aber auch, dass der "Meinungs-Mainstream" (den es zweifellos gibt) und die Kritik an neurechten Denkweisen fälschlicherweise mit den diktatorischen und Überwachungsstrukturen in der ehemaligen DDR gleichgesetzt wird. Neurechte Denkweisen gelten teilweise als nicht pc oder erregen moralisch Anstoß, aber sie werden nicht aktiv "unterdrückt". Sie finden nur keine allzu breite Basis oder positives Echo außerhalb der eigenen Blase oder Echokammer. Möglicherweise lernt man aber gerade in diktatorischen Strukturen, dass diese Blase der Menschen, die genauso ticken wie man selbst, überlebenswichtig in einer feindlichen Umgebung sind. Deutschland ist aber keine "feindliche Umgebung" gegenüber Andersdenkenden, es dauert hierzulande ja ziemlich lange, bis eine Äußerung z. B. strafrechtlich relevant wird. Ich würde deshalb Bürgern der ehemaligen DDR, die die diktatorische Gedankenkontrolle noch live miterlebt haben, eher eine Art "PTBS" (mir fällt leider gerade kein passenderer Vergleich ein) unterstellen. Was Maron betrifft, sind es für den S. Fischer-Verlag aus meiner Sicht Abwägungen zwischen "Schätzen der Autorin als Künstlerin" und eigenem Image-Verlust als Verlag. Das ist ja trotz allem eine Geschäftsbeziehung. Ich hatte nach Lesen des Artikels auch nicht den Eindruck, dass man sich diese Entscheidung leicht gemacht hat.


tonib

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Im Spiegel vom Wochenende ist auch ein mehrseitiger Artikel (sehr kritisch über die Verlagsleitung), und in der FAZ auch einiges., was mich wiederum nicht überrascht hat. Allerdings war ich am Sonnabend in unserer "literarischen" Buchhandlung (im Unterschied zu Hugendubel, den wir auch haben, die kleine Einzelbuchhändlerin hat krisenbedingt dicht gemacht) und wollte das neueste Werk von Monika Maron erstehen - nicht den Essay-Band, sondern den letzten Roman, der noch bei S. Fischer erschien. Fragt die Dame "monika wer?" Nein, die führen wir nicht. " Kann es sein, dass eine große Buchhandlung eine der bekanntesten deutschen Gegenwarts-Literatinnen nicht kennt? Immerhin bot sie mir an, das Buch zu bestellen. Zum Thema: feine Antennen: damit meinte ich nicht alle Ostdeutschen, sondern die systemkritischen Intellektuellen. Viele Leute nehmen sich selbst zurück in Gesprächen, wenn bestimmte Themen diskutiert werden, um sich nicht auszuschließen und kein Missfallen zu erregen, manche befürchten berufliche Nachteile. Vielleicht fällt Dir das nicht so auf, weil Deine Meinungen davon nicht betroffen sind. Die anderen, älteren, "einfacheren" Ostdeutschen, die ich kenne, sind weit weniger subtil: sie schauen nach Neukölln und können nichts Erstrebenswertes an Multi-Kulti erkennen, vorsichtig ausgedrückt. Verallgemeinern kann man das natürlich nicht.


pflaumenbaum

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"Viele Leute nehmen sich selbst zurück in Gesprächen, wenn bestimmte Themen diskutiert werden, um sich nicht auszuschließen und kein Missfallen zu erregen, manche befürchten berufliche Nachteile." Dem würde ich 100% zustimmen, aber es ist eben doch ein starker Unterschied, ob man Missfallen erregt oder ob man in den Knast kommt. Berufliche Nachteile gibt es sicher in einigen Branchen, vor allem im Medienbereich, vermute ich. Das sehe ich definitiv auch sehr kritisch und setze mich auch dagegen ein.


As

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Antwort auf Beitrag von tonib

Lest ihr bestimmt nicht mehr, aber ich bin da bei Hase und Pflaumenbaum. Ich finde die missverstandene Demokratie vieler Ostdeutschen bedenklich und finde es bedenklich, dass auch einige Intelektuelle die rote Linie rechts überschreiten oder Kritik am Überschreiten dieser Linie als Einschränkung von "Meinungsfreiheit" empfinden. Mit feinen Antennen hat das für mich nichts zu tun, sondern mit mangelndem Demokratieverständnis. Je weiter nach Südost im ehemaligen Osten, also je tiefer ins Tal der Ahnungslosen man vordringen, umso gravierender ist das. Die hatten zum Teil dort wirklich nicht mal Westfernsehen und die Debatten der 70er und 80er Jahre, die andere wenigstens auf ARD verfolgt haben, sind an denen völlig vorbeigegangen. Mit Frau Marion hab ich da auch so mein Problem.


tonib

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Antwort auf Beitrag von As

Ich habe´s noch gelesen. Findest Du, dass MM die rote Linie rechts überschritten hat? Wodurch?