Leena
Ich weiß eigentlich gar nicht so ganz genau, warum ich diesen Beitrag hier jetzt schreibe - ich glaube, ich will es einfach mal "aussprechen", und hier in meinem realen Umfeld ist es schwierig, der Umgang mit dem Thema Tod und Trauer ist schwer und die meisten Leute finden entweder, nach mehr als 3 Monaten sollte es doch "mal gut sein", oder sie gucken betroffen und wissen nichts zu sagen... geht mir ja selbst im Grunde genau nicht anders... Jedenfalls: Nächsten Sonntag ist Muttertag. Gefühlt werde ich überall mit Werbung und co. überschwemmt "Schenken Sie zum Muttertag...!", "Danke, Mama!"... Egal, ob per Email oder in den "Social Media", überall Rezepte zum Muttertag, Blumen zum Muttertag, Geschenke zum Muttertag... und, was mir irgendwie am meisten ausmacht, "Schenken Sie Zeit zum Muttertag..!", Erlebnisgeschenke... "Weil Zeit das kostbarste ist, was Sie Ihrer Mutter schenken können!" Nein, ich kann meiner Mutter keine Zeit mehr schenken. Das ist vorbei. Sie ist Anfang des Jahres gestorben. Ihre Wohnung haben wir abgewickelt, auch wenn immer wieder noch irgendwas ist, der Energieversorger hat jetzt weiter abgebucht, obwohl gekündigt, … Um die Steuer muss ich mich noch kümmern und um Beihilfe-Ansprüche und was weiß ich, und die letztendliche Abwicklung der Konten steht auch noch an... Da kann ich also durchaus noch Zeit mit verbringen, aber besonders "kostbar" ist sie nicht und ein "Geschenk" für meine Mutter nun erst recht nicht. Es ist komisch. Vor einem Jahr war "die Welt noch in Ordnung", meine Mutter scheinbar gesund, alles wie immer. Im Juli war sie noch mit Kind2 in Norwegen, Rundreise, hatte sie ihm zur Konfirmation geschenkt. Im August fiel erst meinem Mann und dann mir auf, dass sie teilweise so komisch "vernuschelt" sprach, mit Hintergedanken an Schlaganfall o.ä. haben wir sie dann zum Arzt geschickt. Sie ist dann auch direkt zum Arzt und im Grunde stand die Verdachtsdiagnose "bösartige Hirntumore" dann von der ersten Untersuchung an im Raum, hat sich dann auch bestätigt. Es war emotional heftig, bis sie dann im Dezember beschlossen hat, sie will nicht mehr, alle Behandlung abbrechen, und Anfang Januar ist sie gestorben. Ich hatte ja Angst vor ihrem ersten Geburtstag "ohne sie", aber das war dann erstaunlich "leicht". Im Grunde überwog noch die Erleichterung, dass sie es geschafft hatte, dass es "vorbei war", die Wohnungsabwicklung hatten wir gerade hinter uns, was zwischenzeitlich auch noch für leichte Dramen mit dem Vermieter gesorgt hatte. Aber jetzt haut mich dieser blöde Muttertag emotional irgendwie um... Dabei hatte ich weder ein einfaches noch ein wirklich inniges Verhältnis zu meiner Mutter. Es ist auch nicht so, dass ich sie schrecklich vermissen würde, weder den Menschen, der sie vor der Krankheit war, noch den Menschen, den die Krankheit zum Schluss aus ihr gemacht hatte. Aber diese "Leere", dieses "da ist keiner mehr, dem ich eine SMS schicken muss, wenn wir im Urlaub heil angekommen sind", "da ist keiner mehr, den ich ab und zu anrufen muss", dieses "da ist keiner mehr, den man mit einplanen muss", damit komme ich im Moment gerade verdammt schlecht zu recht. Ich werde jedenfalls heilfroh sein, wenn der Muttertag dieses Jahr vorbei sein wird und mir nicht mehr auf allen Kanälen das Thema entgegenschreit!
"keiner mehr, den ich ab und zu anrufen MUSS", dieses "da ist keiner mehr, den man mit einplanen MUSS...." Dieses MUSS statt einem " kann" oder "darf" zeigt mir schon, dass es doch auch eine Art Zwang war und nicht von Dir selbst von Herzen kam. Es fehlt etwas, aber Du hast doch auch oft geschrieben, dass es eher Belastung als Bereicherung war. Ich verstehe trotzdem, dass da eine Lücke ist, wie sagt man so schön: Es war halt die Mutter.... Bin gespannt, wie es bei mir mal wird, auch ich habe kein besonders enges Verhältnis zu meiner Mutter, einfach weil es mit ihr immer anstrengend ist und sie einfach nicht so die "liebe Mama (und Oma) ist" die man gerne hätte. Aber Du bist wahrscheinlich so wie ich eine sehr treue Seele, ein Mensch der die Fehler immer erst bei sich sucht und es immer allen recht machen möchte, also kommt allein beim Gedanken: "eigentlich ist es besser also vorher" schon wieder ein schlechtes Gewissen auf. Und doch auch irgendwie Wehmut. Lass beides zu. Ich kann das gur nachvollziehen.
ganz wichtig, schmore an diesem tag nicht allein daheim schaffe dir ein neues ritual für den muttertag, geh aus ins kino oder theater und lass es zu einer neuen ära werden , in der deine mutter in deinem geiste weiter lebt
Trauer folgt keinen Regeln Auch bei mir ist es das erste Mal, dass der Muttertag ohne meine Mutter begangen werden kann. Tatsächlich wird es auch mir bewusst. Ja, natürlich denke ich an sie und an ihre Reaktionen manchmal meine ich ihre Stimme zu hören, was sie zu diesem oder jenen gesagt hätte, oft habe ich sie auf der Straße gesehen, da war sie schon längst tot. Ich WUSSTE sie konnte es nicht sein und doch habe ich die fremde Frau beklommen angeschaut. Auch heute noch sehe ich Menschen, Mimiken, Bewegungen die meiner Mutter ähnelten, aber es ist mir nun bewusster, dass es nicht sein kann. Am Schlimmsten ist der Gedanke, dass es gut ist, dass sie tot ist, dass die Krankheit zu grausam war. Es ist bei dir noch relativ frisch, also warum solltest du nicht so fühlen dürfen? Wer schreibt denn einen vor, wie man mit einer bestimmten Situation umgehen muss Du darfst und sollst fühlen, wie es eben ist Und es ist traurig, dass die eigene Mutter nicht mehr da ist, dabei ist es egal, dass es auch Differenzen gab.... Der Todestag meiner Mutter jährt sich diesen Monat, viel zu früh Man denkt immer, man hat noch Zeit, aber das Leben ist endlich, wir sind nur zu ignorant um das einzugestehen. Alles Gute
Ich kann das alles sehr gut nachvollziehen und verstehen. Nimm es an. Du bist traurig. Das ist o.k. Das ist ein Gefühl. Es muss nicht begriffen werden. Es darf da sein. Vielleicht geht es dir, Du schreibst das Verhältnis war nicht besonders innig, gerade deswegen so. Du trauerst auch mit über das, was hätte sein können? Ich spekuliere nur. Aber auch das wäre o.k. Ich kann dir nur sag3n,dass ich selber auch große Probleme mit dem Tod meiner Mutter habe. Bei mir spielen noch andere Dinge mit rein. Deshalb weiß ich, dass es erst einmal wichtig ist, das so anzunehmen. Diese Trauer ist da und soll da sein. Das hat seinen Sinn und seine Berechtigung. Sag der Trauer dass Du sie annimmst. Dann hat sie nicht mehr so große Macht. Sei gut zu dir. Sei so, wie Du bist und nimm dich so an mitsamt deiner Trauer. Es wird Tage geben, da kommt alles wieder hoch. Dann kommen Tage, wo alles gut ist. Nimm jeden Tag so an. Irgendwann wird es nicht mehr so weh tun. Aber dass es jetzt weh tut, auch das darf sein. Es ist alles im Wandel. Was andere denken wie lange man zu trauern hat, und wie lange nicht, das ist deren Problem. Nicht deins. Du musst für dich da sein und gut zu dir sein. Das ist deine Aufgabe. Und wenn da Trauer ist, sei traurig. Aber nicht verzweifelt. Das ist alles gut so. Ich drücke dich gedanklich. Liebe Grüße
Das kenne ich auch. Genau das. Meine Mutter ist jetzt 18 Jahre tot (wurde nur 60). Der Schmerz hört nie ganz auf, man gewöhnt sich nur dran. Muttertag ist für mich noch heute schlimm (obwohl ich selber Kinder habe).
Wer behauptet, es muss irgendwann mal gut sein, du übertreibst o.ä. - der hat das noch nicht durch oder nicht so ein gutes Verhältnis zu seiner Mutter.
Ich esse noch heute keine Linsensuppe (mein Leibgericht von ihr gekocht).
Du kannst, du sollst du musst so lange trauern wie es für dich gut ist.
Wenn es dir hilft: geh am Muttertag zum Grab, rede mit dir, schenk ihr was - und weine, soviel du magst. Ich geh immer alleine hin - da muss ich auf niemanden Rücksicht nehmen.
Und ich erzähle meinen Kinder viel von Oma, die im Himmel wohnt.
Das hier trifft es genau:
Der ungebetene Gast
Die Trauer ist ein unerwarteter Gast.
Eines schönen Tages klopft sie an Deine Tür und fragt nicht erst, ob sie hereinkommen darf, sondern sie setzt sich mitten in Dein Wohnzimmer und macht es sich bequem und gemütlich.
Am Anfang denkt man sich *nun gut, irgendwo muss sie ja sein* und bleibt gastfreundlich.
Dann kommt der Punkt, wo man sich denkt *nun könnte sie aber mal langsam wieder gehen* und versucht, mit allerlei diplomatischen und weniger diplomatischen Mitteln, sie dazuzubringen, aufzustehen und sich zu verabschieden, weil man gern mal wieder für sich sein möchte.
Aber nein, sie hockt da, stumm und unversöhnlich und bewegt sich kein bisschen vom Fleck.
Du versuchst sie rauszuzerren, rauszuekeln - aber sie sitzt da einfach.
Jeden Tag versuchst Du es wieder, doch wie ein Sack nasser Zement thront sie auf Deinem Sofa und schaut Dir die ganze Zeit über die Schulter. Du fühlst Dich beobachtet und unwohl - aber sie sitzt da einfach.
Und schweigt.
Und wartet.
Und Du weisst nicht mal worauf, geschweige denn wie lang.
Und noch ein Tag und noch ein Versuch, sie zum gehen zu bewegen.
Herrgott, in unserer modernen Welt muss es doch möglich sein, der Lage Herr zu werden!
Aber nein, dieses Ding hockt da wie eine Spinne im Netz und wartet.
Ok, raus will sie nicht.
In Deinem Wohnzimmer ist zuwenig Platz.
Also fängst Du an, Dich an sie zu gewöhnen. Stellst den Tisch ein bisschen weiter da und den Stuhl ein bisschen weiter dort - und nun sitzt sie zwar noch immer da, aber nicht mehr in der Mitte.
AHA! - denkst Du Dir!
Ich kann sie nicht zum Gehen bewegen - aber ich kann mich um sie herum bewegen.
Ein bisschen Möbel umstellen, ein bisschen Perspektive wechseln und schon sieht sie nicht mehr so bedrohlich aus. Tatsächlich kannst Du sogar um sie herumgehen und sie von hinten anschauen - unspektakulär..
Weitere Tage vergehen und sie setzt schon langsam ein bisschen Staub an, bis sie sich plötzlich wieder mal schüttelt, eine Trauer-Staubwolke aufsteigt und Dich einhüllt. *hust*
Du stellst den Tisch noch ein bisschen mehr dort und den Stuhl noch ein bisschen mehr da, und auf einmal ist sie nur noch der Rand Deines Wohnzimmers und nicht mehr das Zentrum.
Aber sie sitzt noch immer da.
Manchmal wirft sie Dir einen vorwurfsvollen Blick zu und Du fühlst dich versucht, sie wieder in die Mitte auszurichten.
Manchmal schüttelt sie sich und hüllt Dich in eine Staubwolke...
Aber irgendwann ist sie so eins geworden mit Deinem Wohnzimmer, dass Du sie nicht mal mehr siehst, ausser wenn sie sich grad schüttelt.Und das wird sie immer wieder tun.
Doch so hast Du aus der Not eine Tugend gemacht und dank dem ungebetenen Gast, der nicht mehr gehen wollte, eine ganz neue Perspektive in Dein Leben gebracht.
Und würde man nun die Trauer aus Deinem Wohnzimmer entfernen - so würde ein hässlicher , kahler Fleck bleiben.....
Kann ich nachvollziehen, für mich ist es der dritte Muttertag ohne Mutter. Ich habe immer Blumen geschickt. An wen schick ich die Jetzt (Vater vor 5 Jahren gestorben, auch er fehlt sehr) Ich hatte ein gutes Verhältnis und ich habe niemand mehr, den ich anrufen kann, um ihm dies und das zu erzählen, tolle Sachen von den Kindern oder auch blöde Sachen, die mich nerven. Meine Mutter hat immer an allem Anteil genommen, obwohl wir 500 km auseinander wohnten. Das fehlt mir schon immer noch. Da ich auch keine Geschwister habe, habe ich auch da niemand zum Austausch. Grab besuchen ist auch nicht (Friedwaldbestattung 500 km entfernt). Das ist manchmal echt doof. Und an solchen Tagen (Muttertag, Vatertag, Geburtstage, Hochzeitstag der Eltern, Weihnachten :'-( usw.) kommt es hoch, genau aus den Gründen, die Du, Leena, schilderst. Fühl Dich mal gedrückt :-)
Meine Mutter ist jetzt 3 Jahre tot.... ein paar Tage vor dem Sterbedatum bin ich unausstehlich, am Todestag geht's mir miserabel am Geburtstag meiner Mutter kommen mir die Tränen und die Träume sind Begegnungen oder Gespräche die mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Ich glaube, dass gehört dazu. Ich lasse es auch zu und ich teile meiner Familie mit, wenn es mir nicht gut geht....Ich habe begriffen, Trauer kann vielfältig sein und ich nehme es an. Das hat mir geholfen. Es anzunehmen - es ist mein Weg und hilft nicht allen..
Ach du. Ich könnte jetzt sagen, konzetrier' dich auf die neue Freiheit, deine Mutter und die von dir getragene Verantwortung war ja auch belastend. Feiere deine Tochter als neue Mutter in der Welt. Könnte ich sagen. Aber meine Oma (faktisch Mama) starb 2013. Die ersten Jahre waren hart, meine genauere jüngere Vergangenheit kennst du ja. Sie war in meiner Kindheit mein Anker, ihr Tod hat mir faktisch den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich bin Tag für Tag dabei, neu zu sortieren, abzuklopfen, wie es heute geht. Das aber hat mich gelehrt, weg vom autopiloten u funktionieren, hin zum achtsamen hinspüren zu kommen, was kann ich heute, was muss, was muss nicht. Ich kann dir nur raten, leide, wenn dir danach ist, heule, sei bedrückt, drei Monate sind nichts. Aber es wird leichter. Folgendes istentweder eininternetfund, ausmeiner meditationsapp oder eine Geschichte meiner Psychologin.... Ich kann leider die Quelle nicht genau nennen, aber mir hat sie geholfen. Trauer ist wie ein medizinball in einer Schachtel. Bei jeder kleinsten Bewegung dotzt er an den Seiten an, und das ist das, was wir als schmerz wahrnehmen. Die Kiste (du) bleibst, der Ball auch, aber: er wird kleiner. Vielleicht verliert er sogar an sprungkraft, wird zum Basketball, dann zum Tennisball, zum Flummi (oh, plötzlich kleiner, hüpft aber wieder mehr...), dann zum tischtennisball, und irgendwann vielleicht eine Murmel. Oder eine vetrocknete Erbse. You get the picture. Er bleibt, aber das darf er auch, das sind deine eigenen, ganz gültigen Gefühle. Aber du darfst auch entscheiden, ob du heute nur wahrnimmst, dass sie da sind oder ob du sie heute auch beachtest. Und auch, wie du sie beachtest. Auf den Friedhof gehe ich nicht mehr, sie steht dort im urnengrab neben opa, mit dem hatte ich es nie so, im ggteil, der war einfach nur böse. Dort hinzugehen, hat mich immer sehr runtergezogen. Ab und zu trage ich ihr heissgeliebtes 4711, und den ring, den sie mir mit noch wärmen Händen geschenkt hat. Bilder gibt es auch, aber keine schreinecke oder so. Ich drück dich ganz fürchterlich fest. Wenn du einen zugang für meine meditationsapp möchtest, 30 Tage voller Zugang kostenlos, meld dich. Mir hilft sie wahnsinnig.
*drückdich*
...für Eure Rückmeldungen, Gedanken und ganz besonders für Eure eigenen Erfahrungen. Und für das Drücken. Ich gucke, dass ich bis Sonntag noch mal zum Grab komme, der Gärtner hat es jetzt soweit fertig gemacht. Einen Moment schnaufen, auch wenn sich derzeit mal wieder alles ballt... Liebe Grüße!