Frage: Überfütter ich mein Baby?

Hallo, Ich stille meinen Sohn (7 Wochen diesen Samstag) nach Bedarf, oder besser hatte das so geplant. Ich bekomme ständig entgegengesetzte Meinungen und bin mittlerweile so frustriert, dass ich denke vielleicht sollte ich zur Flasche übergehen. Eigentlich will ich das nicht aber ich weiß einfach nicht weiter. Ich gehe einmal die Woche zu Sauglingsschwestern meinen Kleinen wiegen, er nimmt meist um die 300-330g pro Woche zu und ist bisher 1 cm/Woche gewachsen (wenn man sein Wachstum durch die Anzahl der Wochen teilt). Die sagen immer es sei perfekt. Sie sagen ich soll ruhig nach Bedarf stillen. Mein Sohn hat bis vor ca 2 Wochen meist einen Abstand von 3, manchmal 3,5 h zwischen den Mahlzeiten gehabt, dann wurden es um die 2, 2,5h Stunden. Es ist momentan sent heiss aber recht kuehl in der Wohnung. Ich dachte, dieses Wechsel liege am Wetter und am wachsen und habe entsprechend geantwortet. Nun hat er oft Koliken und neuerdings läuft ihm öfter Milch aus dem Mund nach den Mahlzeiten und manchmal auch noch 1h später. Die Kinderärztin sagt mir jedesmal er trinke zu häufig (es sind da 7-9mahlzeiten, manchmal 10), ich sollte 6 mal, wenn heiß ist Max 7 mal stillen. Er hatte aufgrund meiner stillfrequenz Koliken . Da dieser Gedanke unerträglich war, habe ich versucht die Abstände zu vergrößern und Fencheltee/Wasser zu geben, wie von der Ärztin geraten. Er will das nicht und schreite sich oft müde und trank danach nicht mehr richtig, schlief noch schneller ein als sonst schon. Außerdem sagte sie, er nähme viel zu viel pro Woche zu, Max 200g pro Woche. Ich weiß nicht mehr was tun. Er hat viel Koliken aber halt im Moment auch viel Durst. Nachts schafft er jetzt zwischen 3 und 4h Abständen, am Tag eher 2,5. ich versuche ihn auf 3h zu kriegen um ihm weniger Bauchschmerzen zu bescheren. Dies ist alles sehr anstrengend und es zerbricht mir das Herz wenn er sich vor schmerzen krümmt , egal ob mit oder ohne pupsen tut er das halt oft. Ich habe große Angst ihn tatsächlich zu überfüttern (in der Regel biete ich beide Seiten an und ertrinkt die auch... Zwischen 10-20 min)) und ihm diese schlimmen Koliken zu verpassen. Brauche dringend Rat. Vielen Dank

von Vanes77 am 25.08.2016, 16:12



Antwort auf: Überfütter ich mein Baby?

Liebe Vanes77, ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es sie braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. Muttermilch ist innerhalb von 60 bis 90 Minuten verdaut und der Organismus eines Babys ist auf häufige Mahlzeiten eingestellt. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Wachstumsschübe sind Zeiten erhöhter Nachfrage, in denen das Baby sehr oft gestillt werden möchte. Wird das Baby dann auch häufig angelegt (etwa alle zwei Stunden, manchmal sogar noch häufiger), erhält der Körper der Frau das Signal „mehr Milch bilden" und nach ein paar Tagen ist der Spuk vorbei und die Milchmenge hat sich dem Bedarf des Babys wieder angepasst. Stillen funktioniert nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Darum raten wir erst dann zur Gabe von künstlicher Milch, wenn keine andere Maßnahme geholfen hat - oder das Kind deutlich zu wenig zugenommen hat! Aber auch ohne Wachstumsschub ist es normal, dass ein so kleines Baby mindestens acht bis zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden will. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Die Statur der Kinder ist genetisch festgelegt und bei einem Kind das nach Bedarf gestillt wird, ist nicht zu befürchten, dass dadurch der Grundstein für ein späteres Problem mit Übergewicht gelegt wird. Im Gegenteil, Stillen schützt vor Übergewicht. Das heißt jedoch nicht, dass nicht auch ein gestilltes Baby zwischendurch wie ein kleiner Buddha aussehen kann. Im Gegensatz zur (industriell) stark weiterverarbeiteten Nahrung enthält Muttermilch keine leeren Kalorien. Es gibt keinen Beweis dafür, dass ein gestilltes Kind, das rasch zunimmt, als Erwachsener Gewichtsprobleme haben wird. Im Gegenteil es gibt mehrere Untersuchungen, die zeigen, dass Stillen eindeutig vor Übergewicht schützt und dass dieser Schutz nicht nur im Kindesalter sondern auch beim Erwachsenen anhält. Das Fett, das sich in der relativ passiven Phase vor dem Krabbelalter möglicherweise ansammelt, stellt einen Vorrat für die sehr aktive Phase dar, in der das quirlige Krabbelkind keine Zeit zum Essen haben will. Im Alter von ein bis zwei Jahren werden die Kinder, die schnell zugenommen haben, gewöhnlich von alleine schlanker. Gerade Kinder, die nach Bedarf gestillt werden, behalten ein gutes Gefühl dafür, wann sie satt sind, denn sie entscheiden ja selbst, wann und wie viel sie trinken. Also keine Sorge, durch das Stillen nach Bedarf wird sicher nicht den Grundstein für spätere Gewichtsprobleme gelegt. Bitte lass dich nicht verunsichern, Du machst nichts falsch und die Blähungen kommen eher vom Tee und der Flasche und nicht von zu viel Milch! Überlege dir einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen wo Du dich mit anderen Müttern austauschen kannst, denen es vielleicht einmal ganz ähnlich ging wie dir jetzt. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC). LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 25.08.2016