Liebe Expertinnen,
meine Tochter - 3 Jahre alt - hat leider ein massives Verstopfungsproblem. Vor 2 Monaten hat sie von selbst gefordert, keine Windeln mehr, sondern eine Unterhose zu tragen. Wir haben ihr diesen Wunsch erfüllt. Sie ging zunächst aufs Töpfchen - auch groß - und bis auf ein paar Unfälle war alles in Ordnung. Nachts trägt sie gerne und freiwillig weiter eine Windel. Da sie schon länger Probleme mit hartem und seltenen Stuhlgang hat, bekommt sie seit etwa 9 Monaten Movicol und hat seitdem immer schön weichen Stuhl. Wir haben versucht, sie über Belohnung und Lob zum großen Geschäft zu überreden: Mal hat es besser, mal schlechter geklappt, wir haben jedoch niemals geschimpft. Selbst dann nicht, als sie vor etwa drei Wochen mehrmals hintereinander Stuhlgang in die Unterhose machte. Wir haben dann versucht, sie mittels Belohnung zu motivieren, die Toilette zu nutzen statt der Unterhose - kein Erfolg. Im Gegenteil: Seitdem verkneift sie sich den Stuhlgang vollständig, tänzelt, wackelt und jammert, wenn sie spürt, da kommt was. Wir haben sie dann immer getröstet und ihr gesagt, dass es wieder besser wird, wenn sie Aa macht - kurz: Sie hat ziemlich viel Aufmerksamkeit dafür bekommen. Ich habe ihr auch immer wieder angeboten, nur für das große Geschäft die Windel anzuziehen - auch das verweigert sie vehement. Momentan ist das Thema omnipräsent. Ich bin so rat- und hilflos... Sie leidet sehr, ständig tänzelt sie durch die Gegend und hat Bauchschmerzen. Wie kann ich sie nur zum großen Geschäft bewegen? Movicol bekommt sie, es fühlt sich an wie eine reine Kopfsache. Sind wir schon reif für den Psychologen? Und wenn ja, an wen sollen wir uns wenden?
von
Grottenolm
am 02.01.2017, 19:31
Antwort auf:
Stuhlgang verdrücken - was haben wir falsch gemacht?
Liebe Grottenolm, nein, ich denke weder sie noch ihre Kleine sind reif für einen Psychologen, aber ich kann nachvollziehen, dass sie zu dieser Annahme kommen :-(( Das Problem einer Verstopfung und den Folgen davon, bzw der Kreislauf in den die betroffenen Kinder geraten, ist sehr typisch , kann sehr problematisch sein und ist manches mal gar kein Selbstläufer in der Behandlung. Die Angst vor Schmerzen bei ihrer Tochter ist doll ausgeprägt und sie tut das einzig "schlaue" (aus ihrer Sicht), sie versucht die Darmentleerung zu vermeiden. Damit gerät sie allerdings immer noch mehr in ein Dilemma, sie kann es aber alleine nicht einfach ändern. Genau so, wie sie es genau richtig und gut beschrieben und beobachtet haben, wird sehr deutlich dass genau das auch immer noch das Hauptproblem darstellt. Trotz Macrogol kommt es immer noch nicht regelmäßig zu einer unproblematischen und schmerzfreien Darmentleerung. Genau das ist aber das Ziel!
Was kann also der Grund dafür sein, dass es noch nicht dauerhaft funktioniert und es scheinbar immer wieder zu schmerzhafter Entleerung , der Angst davor und dann zu einer unzureichenden Entleerung kommt, die wiederum eine erneute Verstopfung zur Folge hat? Wie können sie helfen, dass es besser gelingen kann? Ihre kleine Tochter reagiert zurzeit nur und das ist auch ganz normal. Was soll sie auch sonst tun??
- Grundsätzlich kann es bis zu einer endgültigen Verbesserung einer problemlosen Darmentleerung äußerst lange dauern, auch wenn sie sich wundern dass es schon mehr als 9 Monate dauert...
- zwischendurch lief es gut, was klappte zu dieser Zeit besser?
- aus der Ferne bzw. rein nach ihrem Bericht zu urteilen, fehlt eine gute Möglichkeit der Entleerung. Wenn ihre Tochter überhaupt keine Windel akzeptiert, sollten sie nun versuchen ein sehr konsequentes, regelmäßiges Toilettentraining einführen. Dafür muss man den Reflex der Darmbewegung nach größeren Mahlzeiten ausnutzen und ca. 20 Minuten nach dem Frühstück, Mittagessen und Abendesssen eine Toilettenssitzung machen. Dabei kann sich der Darm dann reflektorisch gut in die Toilette entleeren, mit der Zeit zeigt sich an welchem Zeitpunkt die Darmentleerung meist tatsächlich stattfindet. Auf diese Zeit kann man sich allmählich dann konzentrieren, aber weiter daran festhalten! Es sollte also anfänglich mehrmals, später mindestens 1x/Tag zu einer guten Entleerung kommen. Die Toilettensitzung braucht und sollte nicht länger als 10 Minuten dauern, sie kann (und muss) positiv mit kleinen Geschichten, kleinen Spieleinheiten und "groß machen" verbunden werden. Voraussetzung dafür, dass es funktionieren kann ist ein gutes Angebot an Flüssigkeit gut über den Tag verteilt, auch das muss natürlich immer spielerisch einfließen...:-))) noch einen kleinen Hinweis zur Ernährung: Mit reiner Vollmilch sollten Sie zurückhaltend sein, mehr als 1 Glas am Tag fördert die Verstopfung. Sollte ihre Tochter das Toilettentraining noch nicht mitmachen wollen, wäre eine Höschenwindel sehr wichtig, dauerhaft wird die Entleerung in die Unterhose sicher nicht zielführend sein, es läd einfach nicht zur guten Entleerung ein und falls doch, ist es für sie natürlich auf Dauer die wirklich schlechteste Lösung.
- zuletzt und sehr wichtig: die Gabe bzw. Dosis von Macrogol muss schon mal angepasst werden, eigentlich sollte regelmäßig der Darm mit Ultraschall kontrolliert werden, um zu schauen, ob die Einstellung ausreichend ist. Aber auch die Erfolge, die gute Entleerung eines weichen Stuhlgangs sind ein gute Parameter, also eine gute Kontrolle. Inkontinenz zeigt immer, dass die Darmentleerung nicht ganz optimal eingestellt ist.
Zurzeit sehen sie also, dass es ganz und gar nicht gut genug geregelt ist. Sie bekommen es mit der entsprechenden Hilfe aber sicher wieder hin!!!!
Soviel von meinen Möglichkeiten sie hier über dieses Forum zu unterstützen. Sprechen sie alles noch einmal gut mit dem behandelnden Arzt/Ärztin ab und holen sich dort noch einmal Hilfe.
Viel Erfolg und liebe Grüße
Ellen Janhsen-Podien
von
Ellen Janhsen-Podien
am 02.01.2017
Antwort auf:
Stuhlgang verdrücken - was haben wir falsch gemacht?
Vielen Dank für die ausführliche Antwort!
Seit einer Woche läuft es wirklich gut: Sie geht jeden Tag freiwillig und gut gelaunt auf die Toilette, es ist der Wahnsinn! Was uns geholfen hat:
1. Movicol
2. Ernährung umstellen - keine Süßigkeiten, kein Weißmehl
3. Morgens direkt nach dem Aufwachen einen "Fruchtquetschi"
4. Das Buch "Nane und Stinki" - das war der eigentliche Durchbruch. Seitdem hat sie keine Angst mehr vor dem großen Geschäft!
von
Grottenolm
am 09.01.2017, 21:07
Antwort auf:
Stuhlgang verdrücken - was haben wir falsch gemacht?
Das klingt sehr gut! Danke für Ihre Rückmeldung, sie ist ganz sicher auch für andere betroffene Eltern sehr hilfreich! Lieben Gruß Ellen Janhsen-Podien
von
Ellen Janhsen-Podien
am 10.01.2017