Wie lange hält sich Penicillin in der Muttermilch?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Wie lange hält sich Penicillin in der Muttermilch?

Ihr Lieben, ich war heute beim Arzt und habe Penicillin gegen eine Mandelentzündung bekommen. Habe hier schon gelesen,dass ich weiter Stillen kann. Allerdings möchte ich dies dann erstmal auf ein Minimum reduzieren, da unser Sohn schon 19 Monate alt ist. Meine Frage jetzt wenn ich seinen Wünschen nach der "Mimi" am Tag nicht mehr nachgebe und ihn ablenke und versuche nur noch zum Einschlafen und Wiederschlafen zu Stillen, wie sieht es mit der konzentration des Penicillins in der MuMi aus. Also soll ich sonst zwischendrin abpumpen, dass sich der Wirkstoff nicht potenziert? Ich hoffe Ihr wisst was ich meine. Wenn ich seltener Stille ist dann ganz viel Penicillin in der Milch? Ich danke euch für eine Antwort da ich erstmal abwarten möchte ob ich das Penicillin überhaupt nehmen will oder irgendwie drum rum komme. Danke und viele viele Grüße Franzi

von Franziska27 am 04.02.2016, 21:27



Antwort auf: Wie lange hält sich Penicillin in der Muttermilch?

Liebe Franzi, wegen dem Medikament musst Du keine Sorge haben und ob Du oft oder weniger oft stillst, dein Kind bekommt keinen Schaden davon. Ich zitiere hierzu aus „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit“ von Spielmann, Steinhoff, Schaefer, 7. Auflage 2006: Antibiotika allgemein Bei vielen Antibiotika erhält ein gestilltes Kind unter Behandlung der Mutter weniger als 1 % der auf das Körpergewicht bezogenen therapeutischen Dosis. Damit werden allenfalls minimale, in keinem Fall Bakterien hemmende Konzentrationen im Säuglingsplasma erreicht. In der Literatur werden immer wieder folgende Risiken diskutiert: Beeinflussung der Darmflora (ggf. „dünnere" Stuhlkonsistenz, selten Durchfall), Beeinflussung bakteriologischer Untersuchungen, die im Fall einer Erkrankung des Säuglings erforderlich werden könnten, Entwicklung resistenter Keime, Sensibilisierung. Als klinisch relevant oder gar therapiebedürftig haben sich alle diese Nebenwirkungen bisher nicht erwiesen. Am ehesten ist mit einer vorübergehenden Auswirkung auf die Stuhlkonsistenz zu rechnen (Ito 1993). Penicilline, Cephalosporine und andere ß Lactam Antibiotika Erfahrungen. Bei allen gängigen Penicillinderivaten (z.B. Isocillin®, Amoxypen®) liegt der M/P Quotient unter 1. Der voll gestillte Säugling erhält in der Regel deutlich weniger als 1 % einer therapeutischen Dosis (Übersicht in Bennett 1996). Ähnliches gilt für Cephalosporine, die zum Teil im Darm des Säuglings inaktiviert werden (Übersicht in Bennett 1996). Benyamini und Mitarbeiter (2005) haben 67 Mütter mit Amoxicillin plus dem Enzyminhibitor Clavulansäure (in Augmentan®) sowie 38 mit Cefuroxim nach Nebenwirkungen bei ihren gestillten Kindern gefragt. Bei der ersten Gruppe wurden mit 22 % häufiger Symptome berichtet als bei Amoxicillin alleine. Die Symptome waren dosisabhängig, bedurften aber keinerlei Intervention. Bei Cefuroxim wurden in knapp 3% der Fälle leichte Nebenwirkungen berichtet, die im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit Cefalexin nicht häufiger auftraten. Bei Aztreonam (Azactam®) sind nach einer Einzeldosis an die Mutter 0,2 % als relative Dosis für das Kind in der auf die Applikation folgenden Stillmahlzeit ermittelt worden (Ito 1990). Bei lmipenem (Zienam®) wurden in einer japanischen Untersuchung durchschnittlich 0,8 % einer gewichtsbezogenen, i.v. verabreichten Dosis in der Tagesmilchmenge gemessen (Ito 1988). Von Sulbactam (z.B. Unacid®) beträgt die relative pro Tag übergehende Dosis maximal 1 % (Foulds 1985). Enteral werden die zuletzt genannten Substanzen kaum resorbiert. Dies spricht zusätzlich für eine geringe biologische Verfügbarkeit beim gestillten Kind. Zu anderen ß Lactam Antibiotika liegen keine ausreichenden Daten vor. Bisher gibt es keinen Anhalt für toxische Effekte beim gestillten Kind. Empfehlung für die Praxis: Penicillinderivate und Cephalosporine gehören zu den Antibiotika der Wahl in der Stillzeit. Soweit möglich, sollten länger eingeführte Substanzen bevorzugt werden, d. h. im Fall der Cephalosporine solche der 2. Generation. Wenn erforderlich, können auch andere ß Lactam Antibiotika und Clavulansäure verwendet werden. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 04.02.2016



Antwort auf: Wie lange hält sich Penicillin in der Muttermilch?

Liebe Biggi, Vielen herzlichen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich habe trotzdem versucht das Stillen erstmal auf ein Minimum zu reduzieren. Wir sind eh schon Dank euren Tipps bei "nicht anbieten nicht ablehnen". Allerdings musste ich in den vergangen Tagen doch oft ablehnen, da ich mir so unsicher wegen des Penicillins war. Klar geht nur eine verschwindend geringe Menge in seinen Kreislauf, aber so schnell wie das Zeug bei mir geholfen hat muss es der Megahammer sein. Nun bekommt dieser kleine Körper auch diese Dröhnung ab. Darüberhinaus bin ich jetzt darauf gekommen, dass ich ja auch die Pille (cerazette) nehme und auch hier geht ja ein gewisser Teil laut Beipackzettel in die Milch. Ich stille unseren Sohn ja nun schon seit 19 Monaten und war immer stolz darauf, weil er sich so toll entwickelt und ich einfach das Gefühl habe er braucht diese Nähe einfach noch und kann sich schwer selbst regulieren. Ich dachte ich Stärke so sein Selbstvertrauen und "erziehe" so einen Psychisch und Körperlich gesunden Jungen. Nun kommen mir irgendwie so große Zweifel: Hormone, Antibiotika-alles über meine Milch in seinen Körper. Auch wenn die Präperate ja zugelassen sind-Denke ich trotzdem so was hat doch in einem so kleinen Körper nicht verloren? Was wiegt nun Stärker? Die psychische oder die körperliche Gesundheit? Ich möchte nicht abstillen solange er es nicht will aber ich will ihn ja auch nicht "versuchen! Das ist so schwer :(... Vielleicht hast du eine Idee oder einen Anhalt für mich. Einen schönen Abend und viele Grüße Franzi

von Franziska27 am 07.02.2016, 19:13



Antwort auf: Wie lange hält sich Penicillin in der Muttermilch?

Liebe Franzi, leider wird Medikamentenrisiko häufig überbewertet. Tatsächlich kommt es selten zu Symptomen einer gesundheitsschädigenden Wirkung von Medikamenten über die Muttermilch. Die Risikoinformationen in Beipackzetteln und Einschätzungen in Arzneibüchern sind irreführend und geben keine Hilfestellung bei der Wahl einer adäquaten Therapie. Für die meisten Erkrankungen stehen Medikamente zur Verfügung, die mit dem Stillen zu vereinbaren sind. Bei therapeutischen Empfehlungen oder der individuellen Beurteilung des Medikamentenrisikos während der Stillperiode sollten definitiv Handbücher zu diesen speziellen Thema (z.B. „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" von Schaefer und Spielmann) oder eine Beratungsstelle für Embryonaltoxikologie wie zum Beispiel das Institut für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie in Berlin hinzugezogen werden. Du kannst embryotox absolut vertrauen. Trotzdem solltest Du dich wohl fühlen und wenn Du das nicht tust, ist ein Abstillen natürlich legitim. Biggi

von Biggi Welter am 08.02.2016