Wie kann ich meinen 1jährigen weniger stillen?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Wie kann ich meinen 1jährigen weniger stillen?

Mein Sohn, 14 Monate, möchte neuerdings (seit ca. 3 Wochen) am liebsten nur gestillt werden, was mich mittlerweile schon etwas nervt. Ich stille 3x am Tag zum Einschlafen, vormittags einmal und nachmittags 2-3mal, gegen abend häufiger. Dabei trinkt er tagsüber jedes Mal ca. 5min lang. Er bekommt 5 mal am Tag eine Mahlzeit, isst am Familientisch mit, da er Brei seit ca. 1 Monat nicht mehr mag. Ich koche auch selber, abwechslungsreich. Es scheint ihm zu schmecken,er mag alles, aber mehr als ein paar Bissen isst er meistens nicht (gerade Mittags). Manchmal möchte er eine Birne oder einen Apfel knabbern, aber auch da isst er keine Mengen. Mache mir Sorgen dass ihm wichtige Nährstoffe fehlen könnten. Er ist aber normalgewichtig. Verschiedene Trinklerntassen, Fläschchen, Schnuller – hat er alles nie genommen. Biete ich ihm Wasser oder Tee aus der Tasse an, trinkt er vll ein paar Schlückchen. Oft scheint er aber zu merken, was ich vorhabe und will dann sofort gestillt werden, auch wenn das letzte Trinken nur eine halbe Stunde zurückliegt. Versuche ich es ihm erklären dass es nicht sein kann dass er schon wieder etwas will, weint er oft bitterlich und zieht am Pulli oder fährt mir in den Ausschnitt. Ich stille übrigens nur mehr im Bett, an keinem anderen Ort der Wohnung mehr. Da krabbelt er auch hin wenn er etwas will. Ich habe leider auch keine Omas oder Opas in der Nähe, die mir helfen könnten ihn ohne meine Anwesenheit zu füttern. Mein Mann ist beruflich viel unterwegs. Ich möchte nicht abstillen, aber nur etwas weniger stillen. Ich weiß nur nicht wie ich das am besten anstellen soll. Soll ich es ignorieren wenn er weint? Ist das nurt eine Phase, die vorbei geht? Könnte es ein Entwicklungsschub sein? Bin dankbar für jeden Ratschlag. Danke! LG Vreni

von Vrenilein am 09.02.2015, 18:54



Antwort auf: Wie kann ich meinen 1jährigen weniger stillen?

Liebe Vreni, Stillen ist viel, viel mehr als reine Nahrungsaufnahme. Es ist Trost, Geborgenheit, sicherer Hafen und ein Weg zur Ruhe zu kommen, wenn die Wellen des Alltags so hoch geschlagen sind, dass das Kind keinen Weg mehr weiß, um mit sich selbst und der Umgebung ins Reine zu kommen. Das Stillen bietet in dem Alter der ersten Ablösung wichtige emotionale Hilfe. Dein Kind kann immer wieder den "Heimathafen" ansteuern, wenn etwas beängstigend ist. Wenn es für dich okay ist, dann warte einfach ab, es wird sich von ganz alleine wieder ändern. Es ist nicht so, dass Du immer und ganz fest konsequent bleiben musst beim Abstillen! Es ist nur nicht gut, wenn eine Mutter eigentlich abstillen will und dann nach vielen Tränen doch immer wieder nachgibt. Ist die Mutter innerlich nicht davon überzeugt, dass sie ihr Kind abstillen will, dann ist dieser Zweifel für das Kind sehr deutlich fühlbar und es reagiert in fast allen Fällen so, dass es eher noch häufiger gestillt werden mag. Zweifel und Unsicherheit sind für ein Kind unerträglich, Kinder brauchen Klarheit. Nicht „egal wie ich es mache, es ist falsch" sondern „wenn ich gegen mein Gefühl und gegen das, was ich als richtig empfinde handele, ist es falsch". Ich werde dir jetzt ein paar Möglichkeiten aufzählen, ein älteres Stillkind von der Brust zu entwöhnen. Eine Methode, die sich beim allmählichen Abstillen bewährt hat heißt „biete nicht an, lehne nicht ab". Das bedeutet, dass Du Deinem Kind die Brust nicht von Dir aus anbietest, aber auch nicht ablehnst, wenn es danach verlangt. Viele Kinder wurden auf diese Weise abgestillt. Eine weitere Möglichkeit heißt Ablenkung. Durch Ablenkung abzustillen bedeutet, Deine Gewohnheiten von Tag zu Tag erheblich zu verändern. Du musst die vertrauten Stillsituationen vermeiden und neue Betätigungsfelder schaffen. Für das eine Kind kann das bedeuten, dass Ihr viel häufiger Ausflüge zu Orten unternehmt, die Deinem Kind gefallen und wo es viele Menschen und viel Trubel gibt. Für ein anderes Kind bedeutet dies vielleicht, das Leben erheblich ruhiger zu gestalten, um Situationen, die es als bedrohlich empfindet, zu verringern. Es kann auch ablenkend wirken, wenn Du Dein übliches Verhalten in bestimmten Situationen veränderst. Wenn Du zum Beispiel sitzen bleibst anstatt Dich hinzulegen, wenn Du Dein Kind zum Einschlafen bringst. Andere Möglichkeiten sind Vorlesen, Singen oder vielleicht ein neues Spielzeug. Manchmal bringt es Dich auch weiter, wenn du das Stillen immer dann, wenn Dein Kind diesen Aufschub verkraften kann, für eine Weile verschiebst. Das kannst Du flexibler handhaben als den Vorsatz eine bestimmte Stillmahlzeit ausfallen zu lassen. Du kannst auch versuchen die Stillzeiten zu verkürzen. Viele Mütter haben festgestellt, dass es wirksam und relativ wenig belastend ist, ein Kind so oft anzulegen, wie es möchte, aber es nicht so lange zu stillen. Du kannst Dein Kind eine kleine Weile anlegen und es dann ablenken oder ihm etwas zu essen anbieten. Außerdem möchte ich dir das Buch „Wir stillen noch über das Leben mit gestillten Kleinkindern" von Norma J. Bumgarner empfehlen, das bei La Leche Liga und jeder La Leche Liga Stillberaterin (also auch bei uns) und im Buchhandel erhältlich ist. Wichtig ist, dass dein Kleiner spürt, dass Du ihm zwar die Brust entziehst, nicht aber deine Liebe. Viele Frauen glauben, dass sie sich beim Abstillen vom Kind distanzieren müssen, aber genau das Gegenteil ist der Fall. Deshalb halte ich auch nicht viel von der Lösung, dass die Mutter einige Tage alleine verreist. Diese plötzliche Trennung kann das Kind in tiefe Trauer und Verzweiflung stürzen. Ich hoffe, die Antwort hilft dir ein wenig weiter. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 09.02.2015