Warum wird man heutzutage so verteufelt wenn man nicht vollgestillt hat?
Meine Maus ist mittlerweile über ein halbes Jahr alt und hab sie nie vollgestillt. Sie musste ab ihrem zweiten Lebenstag zugefüttert werden, bekam Frühchennahrung.
Da ich nie stillen wollte fand ich die alternative Zwiemilch praktisch.
Allerdings durfte ich mir immer und immer wieder vorwürfe anhören dass ich mein Kind mit der pulvermilch vergifte, mein Kind wird mal ganz dumm enden und immer krank sein.
Ich kann dass Gegenteil behaupten...
Ich meine, es ist doch nichts schlimmes dabei wenn man nicht stillen will oder nicht vollgestillt hat.
Oder sehe ich da was falsch?
von
BettyBirne
am 10.07.2015, 14:25
Antwort auf:
Verteufelt wegen Zwiemilch/ Stillen nervte
Liebe BettyBirne,
ich halte es für sehr gefährlich, so pauschal zu vertreten, dass das Glück und die Entwicklung des späteren Lebens eines Menschen so entscheidend von einem einzigen Aspekt bestimmt werden könnten.
Stillen ist ohne Frage gut und wichtig, aber es lässt sich sicher nicht am Stillen festmachen, ob ein Mensch zu einer stabilen und in sich ruhenden Person heranwachsen wird. Da spielen unzählige andere Faktoren ebenfalls eine Rolle. Welche Bürde laden wir Eltern auf, die ein Kind haben, das – aus welchen Gründen auch immer – nicht gestillt werden konnte, wenn wir die These vertreten, dass ein nicht oder nicht lange genug (wie auch immer man dies auch definieren mag) gestillt wurde, müsse zwangsläufig unglücklicher werden. Schon alleine eine solche Behauptung setzt Eltern unter einen so immensen Druck, dass ich die Beziehung zum Kind und damit seine Entwicklung für gefährdet halte. Oder andersherum: Stillen oder langes Stillen sind weder eine Garantie noch ein Freibrief dafür, dass ein Kind in optimalen Bedingungen aufwächst.
Ich denke, dass wir alle hier sehr vorsichtig sein müssen. Eine gute Beziehung zum Kind und eine glückliche Kindheit hängen nicht alleine vom Stillen ab.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
von
Biggi Welter
am 10.07.2015
Antwort auf:
Verteufelt wegen Zwiemilch/ Stillen nervte
Liebe BettyBirne,
willst Du jetzt hören, dass Zwiemilch / nicht stillen genauso gut ist wie stillen? Es ist kein Drama, nicht zu stillen, aber besser ist das Stillen natürlich schon, und natürlich können auch nicht gestillte Kinder wunderbar gedeihen. Es ist, wie Biggi sagt, nicht ein Aspekt, der zu einer stabilen und ausgeglichenen Persönlichkeit verhilft, sondern das ganze Gefüge.
Man wird wohl überhaupt verteufelt. Ich wurde als Stillende schräg angesehen, weil ich nicht beizeiten abstillen wollte, eine Freundin in Frage gestellt, weil sie gar nicht stillte.
Ich habe Flaschenkinder gesehen, die mit der Flasche auf Mamas Schoß ganz eng an ihr dran waren und umarmt wurden. Da steckte viel Liebe dahinter. Andere lagen in ihrem Gitterbettchen und bekamen die Flasche einfach in die Hand gedrückt ("Schau mal, mein 5 Monate altes Kind kann seine Flasche schon selber halten!") und lagen da dann ganz allein und schlürften die Milch weg. Das hat mir schon das Herz gebrochen.
Liebe geben kann jeder nur ganz persönlich (oder eben nicht - Gott behüte). Und wie er das macht ist immer vollkommen individuell. Außenstehende können dazu wenig bis gar nichts beitragen.
Im Übrigen wird man auch verteufelt, wenn man:
* schon vor dem 5. Monat mit Beikost anfängt
* nicht vor dem 7. Monat mit Beikost anfängt
* die Beikost nicht in der richtigen Reihenfolge und mit den richtigen Lebensmitteln "einführt"
* das Kind mit 9 Monaten (oder 1,5 Jahren) noch nicht durchschlafen kann
* man als Mama nach 1 Jahr noch nicht arbeiten geht
* man als Mama nach 1 Jahr schon wieder arbeiten geht
* man nur neue Kleidung für sein Kind kauft
* seinem Kind erlaubt, Steine in den Mund zu nehmen
* man nicht mit seinem Kind jeden Tag mindestens 1 Stunde an die frische Luft geht
* man sich mit seinem Kind lange an eine große, voll befahrene Straße stellt, weil es so gerne Straßenbahnen sieht
* man das Kind vor 1 Jahr fernsehen lässt
* man das Kind gänzlich von den neuen Medien fernhält
* man sein Kind in ein eigenes Bett, oder sogar sein eigenes Zimmer zum Schlafen legt
* man ein Familienbett hat (und keine Aussicht auf Veränderung vor dem 2. oder 3. Lebensjahr, oder überhaupt, besteht)
* man Gläschen füttert oder eine Fertigpizza
* man nicht superbio-selber kocht
* man seinem Kind gebrauchte Schuhe anzieht
* man sein Kind nicht homöopathisch behandeln lässt
* ...
Ich habe inzwischen weitestgehend einen Standpunkt, und ich habe durchaus Probleme mit manchen Verhaltensweisen, die andere an den Tag legen. Aber das sollte nicht deren Problem sein und es ist auch nicht mein Karma.
Du hast doch auch Deinen Standpunkt. Solange Du Dein Kind und Dich selbst tief liebst und Du bestrebt bist, das Liebste und Beste aus Euch rauszuholen, höre auf Deine Intuition.
(Ok, das war jetzt ein wenig pathetisch, übertrieben gesprochen, aber...) ;)
Bleib locker! Und lass Dich von den anderen nicht verunsichern oder doof anquatschen!
Alles Gute!
von
Leijana
am 15.07.2015, 00:39