Stillen und Schichtarbeit - vereinbar?

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Stillen und Schichtarbeit - vereinbar?

Guten Tag Frau Welter Seit ich stille, habe ich hier oft mitgelesen und viele Ihrer Ratschläge sehr hilfreich gefunden. Insbesondere haben Ihre Ausführungen über das Familienbett, bzw. Cosleeping nachhaltigen Eindruck auf mich gemacht - so muss ich immer an die kleinen Elefanten denken, wenn sich unsere Tochter im Bett an mich kuschelt:) Nun zu meinem aktuellen Problem: Meine Tochter ist sechs Monate alt und ich hätte einen Job in Aussicht. Bei Arbeitsantritt wäre sie achteinhalb Monate alt. Bis jetzt wurde sie voll gestillt. An den probeweise verabreichten Karottenbreichen hatte sie zwar ihre Freude, mit Hinunterschlucken klappt es aber bislang nicht. Sie kennt keine festen Essenszeiten und meldet sich meist alle 1.5 bis spätestens alle 3 Stunden und will dann meist ausgiebig trinken. Wenn sie einen schlechten Tag hat, lässt sie sich fast nur durch die Brust beruhigen, auch das Einschlafen gelingt mittlerweile eigentlich nur durch Stillen. Das Fläschchen nimmt sie kaum je (und wenn, so spielt sie eher damit, als dass sie trinken würde...) Dies die für mich nicht immer einfache Ausgangslage. Der Job wäre an zwei bis drei ganzen Tagen pro Woche, jeweils gemäss Monatsplänen und mit Schichten, einen Ort, um sie zu stillen, gäbe es kaum (kein fester Arbeitsort)... Ich habe zwar den Eindruck, dass meine Kleine schon Einiges für ihr Alter versteht, aber ob sie dermassen flexibel sein könnte, dass sie während meinen Abwesenheiten auf die Brust verzichtet und dann zum Stillen bereit ist, wenn ich zuhause bin? Denken sie, das ist irgendwie realistisch, oder muss ich mich zwischen Abstillen.und dem Job entscheiden? Ich habe leider keine vernünftigen Alternativen zu der Stelle... Müsste ich zwingend abpumpen, wenn ich in diesem Pensum arbeite oder reicht es vor und nach der Arbeit? Mache mir Sorgen, dass die Milch zu sehr zurückgeht und natürlich auch, dass der Plan für mein Kind eine zu grosse Zumutung sein könnte... Entschuldigen Sie meine Ausführlichkeit. Beste Grüsse Dyo

von Dyo am 15.08.2016, 22:51



Antwort auf: Stillen und Schichtarbeit - vereinbar?

Liebe Dyo, Ihr schafft das und Ihr Baby WIRD flexibel sein. Es wird in Ihrer Abwesenheit essen und sich danach auf Sie stürzen :-). Rechnen Sie damit, dass die Nächte zunächst einmal deutlich unruhiger werden. Viele berufstätige Mütter erleben, dass ihr Kind nachts Mama „tanken" muss. Falls möglich, legen Sie den Berufsstart auf einen Mittwoch oder Donnerstag (vorausgesetzt Sie arbeiten von Montag bis Freitag), dann habt ihr nicht gleich eine ganze Arbeitswoche vor euch, sondern könnt nach zwei bis drei Tagen erst einmal verschnaufen. Zunächst sollten Sie in den Pausen etwas Milch ausstreichen oder abpumpen, um einen Milchstau zu verhindern, Ihre Brust wird aber mit der Zeit daran gewöhnen. Als stillender Mutter stehen Ihnen in D und A bezahlte Stillpausen zu. Ich zitiere aus dem deutschen Mutterschutzgesetz, in dem auch die Stillpausen geregelt sind: „Stillende Frauen haben auf Verlangen Anspruch auf die zum Stillen erforderliche Zeit, mindestens aber zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde. Bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als acht Stunden soll auf Verlangen zweimal eine Stillzeit von mindestens 45 Minuten oder, wenn in der Nähe der Arbeitsstätte keine Stillgelegenheit vorhanden ist, einmal eine Stillzeit von mindestens 90 Minuten gewährt werden. Die Arbeitszeit gilt als zusammenhängend, soweit sie nicht durch eine Ruhepause von mindestens zwei Stunden unterbrochen wird. Durch die Gewährung der Stillzeit darf ein Verdienstausfall nicht eintreten. Die Stillzeit darf von stillenden Müttern nicht vor oder nachgearbeitet und nicht auf die in dem Arbeitsgesetz oder anderen Vorschriften festgesetzten Ruhepausen angerechnet werden. Werdende und stillende Mütter dürfen nicht mit Mehrarbeit, nicht in der Nacht zwischen 20 und 6 Uhr und nicht an Sonn und Feiertagen beschäftigt werden. Ausnahmen (z.B. für Landwirtschaft, Gastronomie und Künstlerinnen) werden im §8 Absatz 3 geregelt. Außerdem dürfen stillende Mütter nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie besonderen Gesundheitsgefahren ausgesetzt sind, zum Beispiel durch Strahlen, Staub, Hitze, Nässe, Erschütterungen oder Lärm. Verboten sind körperlich schwere Arbeiten wie Akkordarbeit am Fließband und Heben und Fortbewegen von schweren Lasten (mehr als 5 Kilo). Muss die Arbeitnehmerin ggf. aufgrund der arbeitsplatzbedingten Schutzmaßnahmen vorübergehend versetzt werden, darf sie finanziell nicht schlechter gestellt werden: Lohn und Gehaltsminderungen sind verboten." Manche Mütter nehmen diese Pausen zum Abpumpen, andere als zusammenhängende Zeit um später anzufangen oder früher zu gehen. Wenn Sie sich über das Thema Stillen und Berufstätigkeit noch weiter informieren möchten, möchte ich Ihnen das Buch "Stillen, Job und Family -Stillen, Erwerbstätigkeit und Familie lassen sich verbinden" von Gale Pryor / Kathleen Huggins empfehlen. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 16.08.2016