Frage: Stillen trotz Bupivacain möglich?

Hallo, spätestens am 05.07. wird mein kleiner per KS geholt. Bereits für den 19.07. Habe ich einen Termin zur Entfernung eines Leberfleckes, der dringend weg muss. Örtlich betäubt wird die Stelle am Unterschenkel mit Bupivacain. Die Hautärztin sagte, ich dürfe dann 4-5 Tage nicht stillen, da das Medikament in die Muttermilch übergeht. Nun habe ich angst, dass es nach so einer langen zeit mit Ersatznahrung ygar nicht mehr klappen könnte mit dem stillen. Nun konnte ich aber gar nichts finden, was die Aussage der Hautärztin bestätigen würde. Im gegenteil, manche bekommen das Medikament sogar unter der Geburt. Haben Sie Erfahrung damit? Wenn kann ich sonst fragen? Meine Hebamme kann sich das auch nicht vorstellen. Vielen Dank und liebe Grüße Nani

von Nani1704 am 09.06.2016, 09:26



Antwort auf: Stillen trotz Bupivacain möglich?

Liebe Nani, bitte Sie die Ärztin, sich zu informieren. Das Berliner Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie ("Embryotox") berät Ärzte und andere Fachleute bei Fragen zur Vereinbarkeit von Medikamenten und Stillzeit (und natürlich auch Schwangerschaft). Es ist unter der Telefonnr. 030 450-525700 erreichbar, per mail unter mail@embryotox.de, oder online unter www.embryotox.de bzw. http://www.bbges.de/content/index024a.html. LLLiebe Grüße und gute Besserung Biggi

von Biggi Welter am 09.06.2016



Antwort auf: Stillen trotz Bupivacain möglich?

Liebe Nani, deine Zweifel sind berechtigt! Bitte deine Hautärztin, sich bei der Embryotox in Berlin* ein individuelle Empfehlung für deinen Fall geben zu lassen. Es ist dein Recht, es zu bekommen, und gerade als dann Mama eines noch ganz kleinen Säuglings sollte es ihr ja auch am Herzen liegen, dass du genau richtig beraten wirst. Wer sich mit dem Stillen nicht auskennt sagt leicht "Sie dürfen dann 4-5 Tage nicht stillen", wer jedoch gut informiert ist weiß, dass eine solche Aussage nicht sinnvoll ist, eine Stillpause ziemliche Probleme mit sich bringt und es gar nicht so einfach möglich ist (weder für das Baby, noch für die Mutter), danach einfach wieder weiterzustillen... Die Aussage, dass Bupivacain in die Muttermilch übergeht ist korrekt, nicht jedoch, dass du danach nicht stillen darfst. Ich zitiere hierzu aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Schaefer, Spielmann, 7. Auflage 2006: "Lokalanästhetika: Erfahrungen. Lidocain (z.B. Xylocain®) geht selbst bei intravenöser Behandlung von Herzrhythmusstörungen nur in geringer Menge in die Muttermilch über (siehe Kapitel 4.6). Bei insgesamt 27 Patientinnen, die zur Sectio eine Epiduralanästhesie mit durchschnittlich 183 mg Limain und 82 mg Bupivacain erhalten hatten, wurden nach 2, 6 und 12 Stunden Lokalanästhetika und deren Metabolite im Serum und in der Milch nachgewiesen. Im Mittel fanden sich 860 µg/l Lidocain und 90 µg/l Bupivacain in der Milch sowie 140 µg/l des Metaboliten Pipecolylxylidid (PPX) (Ortega 1999). Die M/P-Quotienten betrugen 0,9, 0,4 und 1,3. Es sind nicht mehr als 1 bis höchstens 4 % der per os ohnehin kaum verfügbaren Wirkstoffe als relative Dosis für ein gestilltes Kind zu erwarten. Die beobachteten Kinder zeigten keine Auffälligkeiten. Bei der Applikation von 3,6 - 7,2 ml Lidocain 2 % ohne Adrenalinzusatz im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Therapie fanden sich für Lidocain und seinen Metaboliten Monoethylglycerinxylidid durchschnittlich nur 73,4 µg/l bzw. 66,1 µg/l in der Milch, toxische Wirkungen beim gestillten Kind wurden für unrealistisch gehalten (Giuliani 2001). Eine interpleurale Dauerinfusion von Bupivacain (z.B. Carbostesin®), 25 mg/Stunde, führte zu maximal 0,45 µg/ml in der Muttermilch. Im Serum des Säuglings war die Substanz nicht nachweisbar (Nachweisgrenze < 0,1 µg/ml). Toxische Symptome wurden nicht beobachtet (Übersicht in Spigset 1994). Zu Levobupivacain (Chirocain®), Mepivacain (z.B. Scandicain®), Procain und Ropivacain (Naropin®) liegen keine Daten zur Stillzeit vor. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Substanzen und vor allem solche mit kurzer Halbwertszeit und hoher Plasmaeiweißbindung wie Articain (z.B. Ultracain®) nur sehr geringe Konzentrationen in der Milch erreichen. Der bei Lokalanästhesie übliche Adrenalinzusatz wirkt ohnehin einem Übergang in die Muttermilch entgegen. Prilocain (Xylonest®) wirkt in stärkerem Maße als die anderen Lokalanästhetika als Methämoglobinbildner. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Stillzeit fehlen auch für die ausschließlich zur Lokaltherapie eingesetzten Substanzen Benzocain (z.B. Anaesthesin® Creme), Chlorethan (z.B. WariActiv® Aerosol), Oxybuprocain (z. B. Thilorbin® Augentropfen) und Tetracain (z.B. Acoin® Lösung), wobei hier nicht mit einer systemischen Resorption größerer Mengen zu rechnen ist. Empfehlung für die Praxis: Bei üblicher Anwendung (im Rahmen einer Zahnbehandlung oder anderer Eingriffe) können Lokalanästhetika in der Stillzeit verwendet werden; dies gilt auch für Kombinationen mit Adrenalin. Prilocain sollte gemieden werden, nach dennoch erfolgter Applikation ist jedoch keine Stillpause erforderlich." LIeben Gruß, Kristina *Das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité-Universitätsmedizin in Berlin, ist erreichbar unter Tel. 030 / 450-525700 Fax 030 / 450-525902 und hat einen Online-Fragebogen für Ärzte unter http://www.embryotox.de/frageboegenuebersicht.html

von Kristina Wrede am 09.06.2016