Hallo,
unser Sohn ist jetzt knapp 8 Monate alt und über den Tag voll auf Beikost umgestellt. Ich habe ausschliesslich gestillt, mit Ausnahme seiner ersten Lebenswoche hat er noch nie Milch aus der Flasche bekommen.
Mittlerweile ist es so, dass er um ca. 18h seinen Abendbrei bekommt und ich ihn zum Einschlafen zwischen 20h und 20h30 noch an die Brust lasse. Das möchte ich ihm auch erstmal nicht wegnehmen.
Ich habe nun zwei Fragen:
1. Er hat bis vor einigen Wochen eigentlich immer 6 Stunden am Stück geschlafen. Seit dem letzten Wachstumsschub wacht er wieder öfter nachts auf. Ab und zu schläft er mit kuscheln und Schnuller wieder ein (ich nehme ihn dann auch nicht aus seinem Bett), aber ab und an lege ich ihn auch an, er nuckelt dann kurz und schläft wieder ein. Laut meiner Nachsorge-Hebamme brauch er nachts eigentlich nichts mehr, d.h. er wacht nicht von Hunger auf, sondern holt sich die Nähe, die ihm tagsüber durch das Wegfallen des Stillens fehlt, nachts zurück.
Ich habe grundsätzlich kein Problem mit dem Anlegen, frage mich aber wie ich ihm helfen kann, wieder länger ruhig zu schlafen...
2. Ich werde ab Mitte Juli wieder 3 Tage die Woche arbeiten und morgens schon um halb 7 aus dem Haus sein. Momentan wacht mein Sohn meistens gegen 6 Uhr auf und dann leg ich ihn ein letztes Mal an, bevor wir wieder einschlafen und um ca 8 Uhr aufstehen. Er bekommt gegen 8h30-9h seinen Frühstücksbrei. Dieses Anlegen wird organisatorisch nicht mehr möglich sein, wenn ich wieder arbeite. Kann ich das dann durch eine Flasche ersetzen? Wenn ja, welche Nahrung gibt man in diesem Alter und wieviel?
Ich mache mir Sorgen, dass er um 6Uhr morgens doch noch eine Milchmahlzeit braucht um bis zum Frühstück "durchzuhalten".
Zur Information: Mein Mann wird dann mit ihm zuhause sein und könnte die 6Uhr-Flasche dann übernehmen.
Ich bitte um Entschuldigung für den langen Roman und freue mich auf Ihre Antwort :-)
Viele Grüsse
von
Angi2102
am 17.05.2016, 15:51
Antwort auf:
Stillen ersetzen und nächtliches Stillen
Liebe Angi2102,
der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind.
Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die auch mit 12 Monaten noch nicht so weit sind.
Leider hilft das Abstillen überhaupt nicht, dein Kind würde trotzdem aufwachen und Du musst es dann auf andere Weise beruhigen und herumtragen oder Flasche kochen (die ja auch nicht hilft, wie Du gerade merkst).
Ich würde also einfach weiterhin in der Naht stillen.
Wenn Du am Morgen eine Flasche geben möchtest, kannst Du bis zum ersten Geburtstag Pre-Milch anbieten.
Muttermilch ist der Goldstandard und von allen künstlichen Säuglingsnahrungen ist diesem Goldstandard die Pre Nahrung noch am ähnlichsten. Alle weiteren Nahrungen entfernen sich immer weiter von Goldstandard, was keinerlei Vorteile für die Gesundheit des Kindes bringt. Deshalb ist es nicht sinnvoll und vom ernährungsphysiologischen Standpunkt her auch nicht notwendig, andere Nahrung als Muttermilchersatz zu geben, als eine Pre Nahrung.
Pre-MIlch kann nach Bedarf gefüttert werden, dein Kind kann trinken, so viel es mag.
Wenn Du dir die Zusammensetzung der künstlichen Säuglingsnahrungen anschaust, dann kannst Du sehen, dass Pre Nahrung eindeutig zu bevorzugen ist. Spätestens bei der sogenannten Folgemilch 2 ist es dann sogar so, dass diese kaum noch an die Muttermilch angepasst ist, oft sehr süß ist und von der Zusammensetzung her so, dass sie nicht mehr als ausschließliche Nahrung für das Kind ausreicht. Sie darf deshalb auch nur in Zusammenhang mit Beikost gegeben werden.
Es gibt Länder, in denen Folgenahrungen gar nicht erhältlich sind.
Eltern erhoffen sich, was die Werbung ja auch deutlich suggeriert, dass ihre Kinder mit einer Folgenahrung seltener gefüttert werden müssen und länger schlafen. Das ist der Hauptgrund, warum diese Nahrungen verkauft werden.
LLLiebe Grüße
Biggi Welter
Pre, 1 oder 2 – was bedeuten die Kürzel der Säuglingsnahrung
von Denise Both, IBCLC
Die EU Norm unterscheidet zwischen drei verschiedenen Nahrungsarten:
• Säuglingsanfangsnahrung
• Folgenahrung
• Antigen Reduzierte Nahrung
Säuglingsanfangsnahrungen sind künstliche Säuglingsnahrungen, die den Nährstoffbedarf eines Babys in den ersten vier bis sechs Monaten als Alleinnahrung decken und zusammen mit geeigneter Beikost das gesamte erste Lebensjahr gegeben werden können. Sie tragen die Silbe "Pre" oder die Zahl "1" im Namen.
Unter einer Pre Nahrung wird eine adaptierte Säuglingsnahrung verstanden, die der Muttermilch weitestgehend angeglichen ist, was ihre Zusammensetzung an Mineralstoffen, Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß betrifft. Pre Nahrungen können, wie Muttermilch, nach Bedarf (ad libitum) gegeben werden.
"1" steht für teiladaptierte Nahrung. Diese Säuglingsnahrung ist zum Teil der Muttermilch angeglichen, enthält mehr Eiweiß und außer Milchzucker noch weitere Zucker sowie Stärke. 1er Nahrung ist nicht so dünnflüssig wie Pre Nahrung und hält länger vor. Teiladaptierte Nahrung sollte nicht nach Bedarf gegeben werden.
Folgenahrung wird durch eine "2" gekennzeichnet. Sie ist nicht mehr als alleinige Nahrung für den Säugling gedacht, sondern sollte frühestens ab dem fünften Monat zusammen mit Beikost gegeben werden. Ihre Zusammensetzung unterscheidet sich grundlegend von der der Muttermilch.
Für allergiegefährdete Babys, zu denen zur Zeit etwa ein Drittel aller Neugeborenen zählen, gibt es antigen reduzierte Nahrungen, die durch die Abkürzung "HA" erkennbar sind. "HA" steht für hypoallergen und es bedeutet, dass in diesen Nahrungen das Kuhmilcheiweiß in kleinere Bestandteile aufgespalten wurde. Durch die Zerlegung des Eiweißes kann das Allergierisiko verringert werden.
Außer den oben aufgezählten Nahrungen gibt es noch Spezialnahrungen (zum Beispiel laktosefreie Säuglingsnahrung oder Nahrungen mit sehr geringem Phenylalaningehalt), die besonderen Situationen vorbehalten sind. So kommt es zwar sehr selten vor, aber es gibt tatsächlich Fälle, in denen ein Baby keine Muttermilch erhalten darf (bei Galaktosämie, einer sehr seltenen Stoffwechselstörung) oder nicht ausschließlich gestillt werden darf (z.B. bei Phenylketonurie (PKU), ebenfalls eine Stoffwechselstörung).
von
Biggi Welter
am 17.05.2016
Antwort auf:
Stillen ersetzen und nächtliches Stillen
Liebe Frau Welter,
vielen Dank für die informative und ausführliche Antwort. Das bestätigt mein Bauchgefühl was das nächtliche Stillen angeht. Wie gesagt möchte ich ihm das erstmal nicht wegnehmen und es geht mir auch nicht darum, vom Stillen wegzukommen. Solange er sich das einfordert soll er auch darauf zurückgreifen können.
Es ging mir nur um das Stillen am frühen Morgen, was bald zeitlich für mich nicht mehr passt. Da werde ich dann auf Pre-Nahrung umstellen für die Tage, die ich nicht verfügbar bin.
Vielen Dank nochmal.
Herzliche Grüsse
von
Angi2102
am 17.05.2016, 17:31