Frage: Schmelzflocken vs Stillen

Hallo, Mein Sohn ist nun 9,5 Monate alt und seine Ernährung gestaltete sich von Anfang an schwierig. Er nahm von Beginn an nicht gut zu, ich musste ihn regelmäßig zum Trinken wecken. Nach der Impfung mit drei Monaten kränkelte er sehr, verweigerte dann die Brust ganz und verlor Gewicht, so dass wir ihn mit der Flasche aufpäppeln mussten. Ich habe dann etwa 4 Monate tagsüber Muttermilch abgepumpt und mit der Flasche gefüttert, zusätzlich bekam er 1-2 Flaschen pre-Milch bis zur Einführung der Beikost. Abends, morgens und nachts hat er gern gestillt, aber tagsüber wollte er lieber die Flasche. allerdings hat er auch da immer nur kleine Mengen getrunken, normale Portionen waren 100ml. An der Einführung der Beikost war er sehr interessiert, aber bis heute isst er auch da immer nur kleine Portionen, meist 3x am Tag etwa 80-100 g. Nun habe ich Anfang September wieder angefangen zu arbeiten, und seitdem will er auch tagsüber wieder stillen. So sind wir aktuell auf dem Stand, dass er zu den drei Beikostmahlzeiten morgens, Mittags, gegen Nachmittag, abends und nachts auch noch stillt, allerdings ebenfalls nur kleine Mengen, ich nehme an, es dient eher dem Nähebedürfnis und dem Durststillen, denn Trinken tut er neben dem Essen auch so gut wie gar nichts. Während ich arbeite verweigert er das Essen gewöhnlich ganz, sowohl bei der Tagesmutter als auch bei meinem Mann. Gern probiert er ganz neugierig alles, was er bei uns vom Tisch bekommt; aber mehr als probieren mag er auch nicht, nur selten will er mehr davon. Er wiegt aktuell 7500g bei einer Länge von 71 cm. (Geburt: 52 cm, 3360g). Weil mir sein Essverhalten bzw die geringen Mengen in Verbindung mit dem Essenstreik und dem geringen Gewicht Sorgen bereitet, habe ich heute unsere Kinderärztin um Rat gefragt. Die schlug vor, ihm morgens eine Flasche Milchbrei oder Schmelzflocken mit dem Breisauger zu geben, damit mal was im Magen ist und damit er mal das Gefühl erlebt, satt zu sein. Das Stillen wäre ja nun nicht mehr gehaltvoll, Schmelzflocken oder Brei macht satter, somit müsste er eh eine Milchmahlzeit morgens haben, das könne ja auch zusätzlich zum Stillen sein. Ich zweifle nun sehr daran, ob dies der richtige Weg ist... Ich werde ihm diese Flasche Brei wohl nur a) als Ersatz für die morgendliche Stillmahlzeit einflößen können, denn er isst eben nur kleine Portionen, und wenn er morgens stillt, wird er anschließend genausowenig eine Flasche Brei trinken, wie er Brei vom Löffel essen würde, und b) nimmt er eben eine bestimmte Menge Nahrung zu sich, und alle Versuche, diese zu erhöhen, sind bisher gescheitert, also kann ich nur ersetzen... Außerdem wird er deshalb während ich zur Arbeit bin auch nicht seinen Streik beenden. Wenn es für ihn, sein Essverhalten und seine Entwicklung wichtig ist, bin ich ja bereit auch abzustillen, aber ich kann einfach nicht glauben dass das der richtige Weg sein soll... Ich würde mich über eine Einschätzung oder Tipps sehr freuen... Viele Grüße, Katja

von KatjaJ am 12.11.2015, 15:26



Antwort auf: Schmelzflocken vs Stillen

Liebe Katja, Brei sollte prinzipiell immer mit dem Löffel gegeben werden. Brei enthält Kohlenhydrate und für die Verdauung der Kohlenhydrate ist es ganz wichtig, dass die Nahrung eingespeichelt wird. Die Kohlenhydratverdauung beginnt bereits im Mund. Wird der Brei mit einer Breiflasche gegeben, entfällt das Einspeicheln und damit die erste Stufe der Verdauung. Dazu kommt, dass mit der Breiflasche das natürliche Sättigungsgefühl des Kindes leicht übergangen werden kann. Es gibt viele Gründe, warum ein Kind sich weigert zu essen und die Brust bevorzugt. Es kann sein, dass es eine Krankheit ausbrütet, es kann sein, dass die Zähne Probleme machen, es kann sein, dass es gerade eine neue Fertigkeit lernt und all seine Energie darauf verwendet, es kann sein, dass es gerade dabei ist die große weite Welt zu entdecken und dringend den ruhigen Hafen Mutterbrust braucht, es kann sein ... So schwer es auch fällt, versuche die Geduld zu bewahren und mach bitte keinen Kampf ums Essen. Wenn es erst einmal so ist, dass das Essen Machtkampf bedeutet, dann sind wir Eltern sehr schnell die Verlierer und viele Essstörungen haben ihre Ursache in einem krampfhaften Machtkampf ums Essen im Baby und Kleinkindalter. Lass dich leiten von deiner Kleinen, sie WEISS genau, was sie braucht. Wenn sie nichts oder nur wenig essen mag, dann lass sie. Sonst erzeugst du nur einen Stress, der keinem von Euch gut tut. Der beste Weg, ein Kind zu einem "schwierigen Esser" zu machen besteht darin, es zum Essen zu zwingen! Ein Kind darf essen, aber es muss nicht essen und eine sehr bewährte Methode lautet "Die Mutter bietet an, was es gibt, das Kind entscheidet wie viel oder wenige es davon isst". Sei getrost, dass er solange du weiter stillst bekommt was er braucht. Vielleicht ist auch für dich das Buch "Mein Kind will nicht essen" von dem spanischen Kinderarzt Dr. Carlos Gonzales eine interessante (und beruhigende) Lektüre. Das Buch ist im Buchhandel (ISBN 3 932022 12 2) bei der La Leche Liga oder auch im Stillshop hier auf der Seite erhältlich. Dr. Gonzales hat eine Aufstellung gemacht, wie viel Muttermilch (MM) ein Baby im Alter zwischen neun und zwölf Monaten benötigt, um den empfohlenen Bedarf an verschiedenen Nährstoffen zu decken: Energie: 830 kcal = 1185 ml MM Eiweiß: 9,6 g = 910 ml MM Vitamin A: 350 µg = 700 ml MM Vitamin B: 0,4 µg = 412 ml MM Vitamin C: 25 mg = 625 ml MM Diese Angaben zeigen, dass Muttermilch den Bedarf des Kindes an vielen Nährstoffen lange zu decken vermag und nicht unbedingt Eile geboten ist, das Kind zum Essen zu zwingen. Ich zitiere dir noch aus einem Artikel, den Denise Both IBCLC geschrieben hat: "Das am heißesten gehandelte Thema, wenn es um Mangelerscheinungen bei gestillten Kindern ist das Eisen. Stillende Frauen dürfen sich immer wieder anhören, dass Muttermilch ja nur wenig Eisen enthält und dass die Eisenspeicher des Kindes nur bis etwa sechs Monate ausreichen und dann sei es unabdingbar Beikost einzuführen, um einen Eisenmangel abzuwenden. Es stimmt, dass Muttermilch im Verhältnis zu Kuhmilch oder künstlicher Säuglingsnahrung nur wenig Eisen enthält, demgegenüber steht jedoch die bessere Bioverfügbarkeit des Muttermilcheisens für das Kind. Dennoch kann es zu einem Eisenmangel bei gestillten Kindern kommen. Besonders gefährdet dafür sind Frühgeborene, Kinder deren Mütter in der Schwangerschaft einen Eisenmangel hatten und Kinder, deutlich länger als sechs Monate jegliche feste Nahrung ablehnen. Man muss zwischen Eisenmangel und einer Eisenmangelanämie unterscheiden. Eisenmangel lässt sich nicht unbedingt an einem niedrigen Hämoglobinwert (Hb) erkennen. Es reicht also nicht, beim Kind regelmäßig den Hb zu bestimmen, um einen Eisenmangel auszuschließen, sondern es muss zusätzlich auch noch der Serum Ferritin Wert bestimmt werden. Ein Eisenmangel im Kindesalter kann wirklich schwer wiegende und vor allem nicht immer wieder behebbare Folgen für die geistige und körperliche Entwicklung haben und sollte deshalb nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Dazu kommt, dass sich ein unguter Kreislauf entwickeln kann, wenn das Kind erst mal in eine Mangelsituation geraten ist: Der Eisenmangel macht das Kind appetitlos, das Kind mag erst recht keine Beikost essen, der Eisenmangel verschärft sich. Deshalb ist es sinnvoll, dass bei einem Kind, das lange jegliche Beikost verweigert, Hämoglobin und Ferritin bestimmt werden, um rechtzeitig eingreifen zu können, falls sich ein Mangel bestätigt. Der Pieks für die Blutuntersuchung ist weniger traumatisch für das Kind, als ein unentdeckter Eisenmangel. Eine vegetarische Ernährung ist übrigens nicht gleichzusetzen mit einer zu geringen Eisenzufuhr. Vegetarisch lebende Familien sollten jedoch unbedingt auf eine bewusste Zusammenstellung ihrer Ernährung achten, denn das Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln wird nur zu 3 bis 8 Prozent verwertet, also deutlich weniger als das hämgebundene Eisen aus Fleisch, dessen Verwertbarkeit bei etwa 23 % liegt." Es gibt Babys, die es geradezu hassen und hysterisch reagieren, wenn man ihnen etwas in den Mund stecken will. Diese Kinder essen aber recht gut, wenn sie selber essen dürfen. Das Geschmiere, das es dabei gibt, ist weniger schlimm, als das Theater mit einem Kind, das sich mit allen Kräften wehrt und außerdem lernen die Kinder recht schnell gut zu essen. Es gibt eine ganze Menge, was als fingergerechte Nahrung angeboten werden kann. Banane zum Beispiel kann ein Kind gut in die Hand nehmen, sie ist weich und es kann sie alleine essen. Auch ein Stück von einer gekochten Kartoffel geht gut. Gekochte Erbsen können einzeln aufgepickt werden (ist gleichzeitig eine gute Übung für die Feinmotorik), alle Gemüse und Obstarten, die einigermaßen weich sind und dann in kleine Stücke geschnitten werden, können gegeben werden. Probiere es einfach einmal aus. Und frag doch bitte mal deinen Arzt ob er vermutet, dass dein Kleiner zu wenig Eisen haben könnte (Eisenmangel kann zu Appetitlosigkeit führen). Falls ja, kann er ihm Eisentropfen verschreiben, und du kannst trotzdem weiter stillen :-) LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 12.11.2015