Liebes Stillberatungsteam,
meine 20 Monate alte Tochter wird von mir noch immer nach Bedarf gestillt. Das war so nicht geplant, aber sie akzeptierte Beikost erst mit 13 Monaten (da kam sie in die Kita). Mittlerweile isst sie sehr gut, stilt aber noch immer recht häufig: regelmäßig, wenn ich sie von der Kita abhole (dort ist sie 7-8 Stunden täglich), morgens, abends und in der Nacht. Ich stille sie in den Schlaf und stille sie nachts mindestens 2 weitere Male. Für mich ist das insgesamt ok, auch wenn es in schwierigen Phasen (Krankheit, Entwicklungsschub) auch anstrengend sein kann, weilsie dann vor allem nachts sehr viel nuckelt.
Sie hatte nie Fläschchen oder Schnuller (den mochte sie nicht).
Wie gesagt, geplant war es so nicht, aber es hat sich so entwickelt und ich war dann eigentlich an dem Punkt, ihr den Abstillzeitpunkt zu überlassen.
Dann kam mein Zahnarzt, ganz entsetzt darüber, dass ich noch stille und sie auch in den Schlaf stille und nuckeln lasse. Ich würde die Zähne meiner Tochter gefährden und sollte sofort mit dem Stillen aufhören.Jetzt bin ich sehr verunsichert. Ich sehe, dass meine Tochter sehr gerne stillt, sie scheint es noch zu brauchen (mindestens emotional) - seit dem Zaharztbesuch fühle ich mich aber schlecht, weil ich ihr ja nicht schaden möchte. Zur Zahnhygiene: Ich putze meiner Tochter morgens und abends die Zähne (oft stillt sie abends aber auch direkt nach dem Zähneputzen wieder - ich versuche nicht immer erfolgreich, wenigstens eine Pause dazwischen zu haben). Sie bekommt nur ausnahmsweise und dann sehr wenig Süßes oder Saft.
Ich brauche dringend Rat und freue mich über Ihre Antwort.
Herzliche Grüße,
Susan
von
Susan F.
am 03.03.2015, 08:13
Antwort auf:
Ist nächtliches Stillnuckeln schlecht für die Zähne?
Liebe Susan,
weder Langzeitstillen noch nächtliche Stillen leistet entgegen der immer wieder geäußerten Meinung dem Karies Vorschub. Lange gestillte Kinder, die auch zum Einschlafen und während der Nacht gestillt werden haben nicht mehr Karies als andere Kinder, eher im Gegenteil. Beim Stillen werden die Zähne nicht ständig mit Milch umspült, da im Gegensatz zu einem mit der Flasche gefütterten Kind, die Milch erst weit hinter den Zahnleisten in den Mund gelangt und von dort geschluckt wird. Die Milch läuft aus der Brust nicht einfach aus (wie das bei der Flasche der Fall ist), das Kind muss aktiv arbeiten und schluckt dann auch. Gestillte Kinder und auch langzeitgestillte Kinder bzw. noch lange während der Nacht gestillte Kinder haben nicht mehr Karies als nicht gestillte Kinder und wenn es zu Karies kommt, dann nicht wegen, sondern trotz des Stillens.
Selbstverständlich ist aber auch für gestillte Kinder Zahnpflege notwendig.
Hier findest du weitere Informationen:
www.still-Lexikon.de und dann das Stichwort "Zahngesundheit" eingeben
http://www.stillen-institut.com/de/default.asp?ID=567&Area=news
oder
http://www.rabeneltern.org/index.php/wissenswertes/stillen-wissenswertes/1136-stillen-und-zahngesundheit
Wenn Du englisch lesen kannst findest Du weitere Informationen, auch eine Presseerklärung von LLLI zum Thema Karies auf der Homepage von LLLI (www.lalecheleague.org). Gib dort einmal die Suchbegriffe "decay", "dental caries" und "dental health" ein, dann müsstest Du entsprechende Artikel finden.
Harry Torney, ein britischer Zahnarzt hat in Nottingham auf der LLL Europakonferenz im letzten Sommer einen Vortrag zum Thema "Breastfeeding and Dental Health" gehalten und in seinem Vortrag aufgezeigt, dass es keinen Zusammenhang mit vermehrtem Auftreten von Karies und Langzeitstillen gibt.
Er hat auch eine Arbeit darüber veröffentlicht: "Prolonged, on demand breastfeeding and dental caries an investigation, Torney PH, M Dent Sc thesis, Trinity College, Dublin 1992
LLL Großbritannien hat auch eine Infobroschüre mit dem Titel "Breastfeeding and Dental Health" herausgebracht. Über die LLLI Seite kommst Du auch zu Seite von LLLGB und kannst dort eventuell diese Broschüre bestellen.
Ich habe hier einen Ordner in dem auf drei Seiten Studien aus den letzten 20 Jahren zum Thema Karies und Stillen aufgelistet sind und in keiner dieser Studien gibt es einen Beleg dafür, dass das (Langzeit)Stillen zu einem erhöhten Auftreten von Karies führt im Verhältnis zu kurz oder nicht gestillten Kindern. Das Fazit insgesamt ist, dass es zu Karies nicht durch das Stillen sondern trotz Stillen kommen kann.
Karies wird durch ein Bakterium verursacht (streptococcus mutans), das die meisten Erwachsenen in ihrem Mund haben. Wenn ein Baby auf die Welt kommt, ist sein Mund in aller Regel noch frei von diesem Bakterium und meist bleibt dies zumindest so lange so, bis der erste Zahn da ist, bei manchen Kindern kommt es auch erst deutlich nach dem ersten Zahn zu einer Besiedelung mit Streptococcus mutans. Ein ganz wesentlicher Übertragungsweg ist übrigens das Ablecken eines runtergefallenen Schnullers durch die Mutter (oder sonst einen Erwachsenen) und das gemeinsame Benutzen eines Löffels oder das Vorkosten des Breis mit dem gleichen Löffel, wie er zum Füttern benutzt wird.
Ob ein Mensch (vermehrt) Karies bekommt oder nicht, hängt auch noch von weiteren Faktoren ab: wie gut oder schlecht hat sich die Mutter in der Schwangerschaft ernährt; waren in der Schwangerschaft Antibiotika notwendig; hatte die Mutter in der Schwangerschaft Erkrankungen, die mit hohem Fieber einhergingen; kommen in der Familie genetisch bedingt gehäuft Schmelzdefekte vor; ist das Kind zu früh geboren ...
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 03.03.2015