Immer wieder Rückschläge beim Stillen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Immer wieder Rückschläge beim Stillen

Hallo Frau Welter, meine Tochter kam sechs Wochen zu früh zur Welt. Bis auf ein paar normale Anpassungsstörungen ging es ihr gut. Im Krankenhaus bekam sie zunächst Nahrung über die Sonde und Flasche. Beim ersten Stillversuch konnte sie die Brustwarze nicht fassen, obwohl laut Hebamme die Brustwarzen normal sind. Damit hat sie dann aber angefangen zu saugen. Wir hatten dann nur kleine Mengen und ich hab Fläschchen nachgegeben je nach Gewicht. So ging es dann zuhause weiter. Es kam infolge des Fläschens zur Saugverwirrung und sie trank gar nichts mehr. Wir haben dann auf ein andeeres System umgestellt (Medella Calma) und ich hab weiter gekämpft. Dann konnten wir bis Weihnachten einen riesen Erfolg erreichen.Sie nahm zu, erreichte ihre Trinkmenge etc. Dann hab ich aufgehört zu wiegen um uns den Tag zu erleichtern... Kurz nach Weihnachten kam dann der Rückschlag. Sie schaffte nichts mehr oder nur kleine Mengen an der Brust. Sie war unzufrieden und fing an mit der Brust zu kämpfen... Also die ganze Prozedur mit wiegen etc. von vorn. Unsere Hebamme meinte erst es wäre ein Entwicklungsschub. Diese Phase hielt aber lange an. Am Donnerstag meinte sie es könnte am Stillhüttchen liegen. Ich sollte auf Größe L wechseln damit sie den Mund weiter aufmacht. Meine Tochter trinkt zur Zeit nur viermal am Tag (große Mahlzeiten) Dabei brauchen wir pro Mahlzeit 2-3h und sie will auch so lange. Manchmal schläft sie natürlich ein. Aber wir wickeln dann etc. Vorher hab ich sie geweckt, da war sie unausgeglichen und hat schlecht getrunken. Seit dem sie sich selber meldet, läuft es besser. Gestern sah es zum Beispuel so aus: 7 uhr 175ml 11.30Uhr 150ml 16.00 uhr 125ml 19.00 35ml und 21.00 uhr nur 70ml. abends war dann wieder der Rückschlag.Sie war ganz unruhig. Hat an der Brust gemeckert und gekämpft. Sie "quatscht" dann immer auf dem Hüttchen. und zieht ganz unruhig.Ich hab ihr dann noch ein Fläschchen gegeben mit 90ml. Das war auch ein Kampf ging aber besser. Danach war sie immer noch unruhig und wollte nuckeln. Hat aber weiterhin zirkus an der Brust gemacht. Sie schlief dann erst an Papas Bauch ein. Was kann das sein? Warum haben wir immer solche Rückfälle? Die Hebamme meint sie kann uns nicht mehr helfen. Meine Tochter bekommt nur Muttermilch. Ich pumpe aber nur noch ab, wenn sie eine Mahlzeit nicht selbst geschafft hat. Am besten trinkt sie natürlich, wenn die Brüste prall gefüllt sind und es fast von alleine läuft. Sie geht überhaupt nicht an die Brust ohne Stillhüttchen. Ich hab es immer wieder auf alle Möglichkeiten probiert. Ich möchte unbedingt vollstillen. Nur hab ich angst, dass mir bald die Kraft fehlt. Vielleicht können sie uns helfen. Vielen Dank! Katja

von Katjuscha87 am 09.01.2017, 10:22



Antwort auf: Immer wieder Rückschläge beim Stillen

Liebe Katja, ich glaube, dass dein Baby saugverwirrt ist. Die Trinktechniken an Brust und Flasche (künstlichem Sauger) unterscheiden sich grundlegend. Manche Kinder kommen mit dem Wechsel zwischen den beiden Techniken nicht klar und versuchen dann mit der falschen Technik an der Brust zu trinken. Das funktioniert nicht, das Kind bekommt an der Brust keine oder nur wenig Milch, ist frustriert und lehnt die Brust dann im schlimmsten Fall sogar ab. In dieser Situation spricht man dann von einer Saugverwirrung. Bei den Beruhigungssaugern handelt es sich um künstliche Sauger. Und unabhängig davon, ob sie auf einer Flasche oder als Beruhigungssauger Anwendung finden, können sich künstliche Sauger negativ auf das Stillen auswirken, Dies ist eines der Probleme, die sich aus dem Gebrauch von Beruhigungssaugern beim gestillten Baby ergeben können, insbesondere dann, wenn das Baby noch nicht gelernt hat, korrekt an der Brust zu saugen. Das Saugen an einem künstlichen Sauger unterscheidet sich wie bereits geschrieben grundlegend vom Saugen an der Brust. Der künstliche Sauger ist bereits vorgeformt und relativ steif. Die Brust ist weich und nachgiebig. Ein Schnuller kann in den geschlossenen Mund eines Babys gesteckt werden. Um die Brust zu erfassen, muss das Baby den Mund weit öffnen, die Brustwarze reicht dann weit nach hinten in den Mund, wo die Bewegungen des Kiefers und der Zunge nicht stören. Auch die Bewegungsmuster der Muskeln von Mund, Gesicht und Zunge, sind am künstlichen Sauger ganz anders, als an der Brust. Mit der Saugtechnik, die das Baby beim Trinken an einem Flaschensauger oder beim Nuckeln an einem Beruhigungssauger anwendet, kann es kaum Milch aus der Brust bekommen. Wäre es denn möglich, dass dein Baby mit einer alternativen Fütterungsmethode gefüttert wird? Hast Du schon einmal versucht, dein Baby mit einem Becher zu füttern? Wenn du bei Youtube die Stichworte "Cup feeding" und "baby" eingibst, kannst du viele Videos finden auf denen zu sehen ist, wie das geht. Es ist in der Regel von Fütterer und Kind wirklich schnell gelernt und klappt meist erstaunlich gut. Ich würde dir zusätzlich noch empfehlen, ihr eine Kalorienbombe aus Muttermilchsahne zu geben, das gibt den Kleinen meist einen wirklich guten Zunahme- und Entwicklungskick. Schau, dass du Milch ausstreichst oder abpumpst, die du in 10 ml Spritzen aufziehst und dann kopfüber in ein Glas stellst (also mit der Spitze nach unten). Lass aber ein bisschen Luft, denn die Schwerkraft wird den Kolben vielleicht etwas weiter in die Spritze drücken... Oben auf der Milch wird sich eine Fettschicht absetzen, der Muttermilchrahm. Nach ca. 2 Stunden kannst du den wässrigen unteren Teil der Milch ausdrücken und deinem Kind die verbleibende Sahne in den Mund träufeln. Statt mit leeren Spritzen kannst du natürlich auch mit einer Tasse arbeiten, in die du die gewonnene Muttermilch gibst. Oben wird sich der fetthaltige Rahm absetzen, du kannst ihn mit einem Löffel abschöpfen und deinem Baby geben. Wenn du das 3-4 Tage lang machst (je mehr, desto besser), wird dein Baby ganz sicher einen Schub machen. Ich kenne dein Baby nicht, ich sehe nicht, wie es trinkt und wie es aussieht, deshalb könnte ich leider niemals sagen, wie Du weiter vorgehen kannst. Eben so wenig wie ein Arzt, dem Du am Telefon sagen „mir tut mein Rücken weh" eine Ferndiagnose stellen kann, kann eine Stillberaterin bei Saugproblemen aus der Ferne sagen „genau das ist es". Ich kann hier am PC aus dem, was mir die Frauen schildern, bestimmte Rückschlüsse ziehen und mehr oder weniger allgemeine Tipps geben, doch das ersetzt in vielen Situationen niemals die direkte Beratung durch eine Stillberaterin vor Ort. Ja, es wäre sogar fahrlässig, wenn ich behaupten würde, die Stillberatung über Internet kann alle Probleme lösen. Falls Du noch keinen Kontakt zu einer Stillberaterin hast, solltest Du dich an eine Stillberaterin vor Ort wenden, die dich beim Stillen sehen kann und so feststellen kann, ob sein Baby korrekt an der Brust saugt oder vielleicht ein Saugproblem vorliegt, das behandelt werden müsste. Sie kann dir Tipps zum Pumpen geben und auch für die wunden Brustwarzen. Außerdem kann sie dir zeigen, wie es alternativen Fütterungsmethoden klappt. Adressen von Stillberaterinnen findest Du im Internet unter: http://wwwlalecheliga.de (Stillberaterinnen der La Leche Liga), http://www.afs-stillen.de (Stillberaterinnen der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl-stillen.de (Still- und Laktationsberaterinnen IBCLC). Tut mir leid, wenn ich nicht mehr helfen kann…. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 09.01.2017