Gibt es Bedenken bezüglich Zahnfüllung in der Stillzeit

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Gibt es Bedenken bezüglich Zahnfüllung in der Stillzeit

Ich stille meinen Sohn (13 Monate) noch zusätzlich zur Beikost. Mal mehr und mal weniger, je nach seinem Bedarf. Nun hab ich aber ein Loch im Zahn und brauch eine Füllung vermutlich inkl. Schmerzspritze. Was muss da beachtet werde? Mein Arzt wird es mir sicher erklären, aber ich will vorbereitet sein. Falls Schmerzmittel und Amalgamfüllung notwendig sind. Wie lange sollte ich dann nicht stillen? Danke schon im Vorfeld!

von raven123 am 19.07.2017, 09:14



Antwort auf: Gibt es Bedenken bezüglich Zahnfüllung in der Stillzeit

Liebe raven123, Amalgam gehört zu den Themen, die leider immer wieder sehr heiß diskutiert werden, und damit zu starken Verunsicherungen führen. Dazu zitiere ich dir aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" von Schaefer, Spielmann, Vetter, 7. Auflage 2006: "Empfehlung für die Praxis. Die durch Amalgam hervorgerufene Belastung führt nach heutiger Erkenntnis nicht zu "Ausreißern" im Spektrum der Schwermetallprofile, die Konsequenzen wie das Abstillen erfordern. Auch eine Entgiftungsbehandlung ist nicht indiziert. Sie ist sogar kontraindiziert, da eine Mobilisierung des Schwermetalls zu einer stärkeren Belastung der Muttermilch führen könnte. Da andererseits Schwermetalle nicht unnötigerweise zugeführt werden sollen, sind Korrekturen von Amalgamplomben nur bei Beschwerden durchzuführen und generelle Sanierungen auf die Zeit nach dem Stillen zu verschieben. Wo immer möglich sollte auf Amalgam verzichtet werden. Die Amalgamproblematik darf in keinem Fall zu einer "toxikologischen Krise" hochgespielt werden, die dann die Mutter Kind Beziehung in nicht gerechtfertigtem Umfang belastet." Wenn dein Zahn behandelt werden muss, dann ist das so und um die Belastung so gering wie möglich zu halten, ist es sinnvoll, dass der Zahnarzt oder die Zahnärztin ein Spanngummi (Cofferdam) einlegt. (das ist etwas aufwändig und wird nicht so gut vergütet, aber es ist sinnvoll). Eine Zahnbehandlung, auch mit örtlicher Betäubung, verlangt also KEINE Stillpause und auch kein Verwerfen der Milch! Ich zitiere hierzu aus "Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit" Schaefer, Spielmann, 7. Auflage 2006: "Lokalanästhetika: Erfahrungen. Lidocain (z.B. Xylocain®) geht selbst bei intravenöser Behandlung von Herzrhythmusstörungen nur in geringer Menge in die Muttermilch über (siehe Kapitel 4.6). Bei insgesamt 27 Patientinnen, die zur Sectio eine Epiduralanästhesie mit durchschnittlich 183 mg Limain und 82 mg Bupivacain erhalten hatten, wurden nach 2, 6 und 12 Stunden Lokalanästhetika und deren Metabolite im Serum und in der Milch nachgewiesen. Im Mittel fanden sich 860 µg/l Lidocain und 90 µg/l Bupivacain in der Milch sowie 140 µg/l des Metaboliten Pipecolylxylidid (PPX) (Ortega 1999). Die M/P-Quotienten betrugen 0,9, 0,4 und 1,3. Es sind nicht mehr als 1 bis höchstens 4 % der per os ohnehin kaum verfügbaren Wirkstoffe als relative Dosis für ein gestilltes Kind zu erwarten. Die beobachteten Kinder zeigten keine Auffälligkeiten. Bei der Applikation von 3,6 - 7,2 ml Lidocain 2 % ohne Adrenalinzusatz im Zusammenhang mit einer zahnärztlichen Therapie fanden sich für Lidocain und seinen Metaboliten Monoethylglycerinxylidid durchschnittlich nur 73,4 µg/l bzw. 66,1 µg/l in der Milch, toxische Wirkungen beim gestillten Kind wurden für unrealistisch gehalten (Giuliani 2001). Eine interpleurale Dauerinfusion von Bupivacain (z.B. Carbostesin®), 25 mg/Stunde, führte zu maximal 0,45 µg/ml in der Muttermilch. Im Serum des Säuglings war die Substanz nicht nachweisbar (Nachweisgrenze < 0,1 µg/ml). Toxische Symptome wurden nicht beobachtet (Übersicht in Spigset 1994). Zu Levobupivacain (Chirocain®), Mepivacain (z.B. Scandicain®), Procain und Ropivacain (Naropin®) liegen keine Daten zur Stillzeit vor. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese Substanzen und vor allem solche mit kurzer Halbwertszeit und hoher Plasmaeiweißbindung wie Articain (z.B. Ultracain®) nur sehr geringe Konzentrationen in der Milch erreichen. Der bei Lokalanästhesie übliche Adrenalinzusatz wirkt ohnehin einem Übergang in die Muttermilch entgegen. Prilocain (Xylonest®) wirkt in stärkerem Maße als die anderen Lokalanästhetika als Methämoglobinbildner. Systematische Untersuchungen zur Anwendung in der Stillzeit fehlen auch für die ausschließlich zur Lokaltherapie eingesetzten Substanzen Benzocain (z.B. Anaesthesin® Creme), Chlorethan (z.B. WariActiv® Aerosol), Oxybuprocain (z. B. Thilorbin® Augentropfen) und Tetracain (z.B. Acoin® Lösung), wobei hier nicht mit einer systemischen Resorption größerer Mengen zu rechnen ist. Empfehlung für die Praxis: Bei üblicher Anwendung (im Rahmen einer Zahnbehandlung oder anderer Eingriffe) können Lokalanästhetika in der Stillzeit verwendet werden; dies gilt auch für Kombinationen mit Adrenalin. Prilocain sollte gemieden werden, nach dennoch erfolgter Applikation ist jedoch keine Stillpause erforderlich." Sollten danach Medikamente nötig sein, gibt es auch genug Alternativen, die mit dem Stillen vereinbar sind. LLLiebe Grüße, Biggi

von Biggi Welter am 19.07.2017



Antwort auf: Gibt es Bedenken bezüglich Zahnfüllung in der Stillzeit

Vielen Dank für die rasche Antwort. Hat mir sehr weiter geholfen. Mein Zahnarzt ist anscheinend sehr vorsichtig. Bin ich eh froh drüber. Hab jetzt eine provisorische füllung mit zement und auch röngten ist ihm lieber erst nach dem abstillen.

von raven123 am 19.07.2017, 20:18