Frage: Einschlaf-Stillen

Hallo, mein fröhlicher, großer und kräftiger kleiner Junge ist Ende August 1 Jahr alt geworden und ich würde langsam gerne abstillen, denn er isst schon sehr gut am Familientisch mit. Eigentlich stille ich nur noch abends/nachts und er schläft bei mir nur an der Brust ein. (Wenn wir tagsüber unterwegs sind, schläft er aber auch im Auto oder Buggy unkompliziert ein.) Durch Tragen oder ins Bettchen legen mit Streicheln und gut Zureden lässt er sich von mir nicht beruhigen. Er schreit und weint dann bitterlich. Sobald ich ihn an die Brust lege, schläft er, zumindest mittags, sehr schnell ein und lässt sich dann auch in sein Bett legen. Abends ist es aber inzwischen so, dass er unbedingt an die Brust will, dort auch ganz zufrieden trinkt und nuckelt und eindöst, dann aber sofort wach wird, wenn ich aufstehe und versuche, ihn hinzulegen. Von meinem Mann lässt er sich teilweise in den Schlaf tragen, aber ihn wach ins Bettchen legen mit Hand halten, streicheln... geht gar nicht - er steht dann im Bettchen auch und hält sich weinend am Bettgitter fest. In der Nacht schläft er noch im Elternbett. Er wird mehrmals wach, in den letzten Wochen vermehrt, ist dann oft sehr unruhig, möchte an die Brust, nuckelt, beißt immer mal wieder hinein (Aua!), dreht sich dann wieder weg, setzt sich auf, robbt im Bett herum, sucht wieder die Brust und so weiter... Bis vor Kurzem wurde er zwar nachts auch öfter wach, schlief dann aber an der Brust eigentlich stets schnell wieder ein und ich konnte seine Lippen von der Brust lösen. Inzwischen habe ich das Gefühl, es ist meist mehr Nuckeln als Trinken, das dauert und ist sehr unangenehm. Einen Schnuller nimmt er einfach nicht. Gerade in den letzten Wochen ist es sehr anstrengend geworden. Ich tue mich schwer, ihm die Brust zu verweigern, zumal er dann sehr lautstark protestiert und so seinen älteren Bruder aufweckt. Ob er sich irgendwann beruhigt oder vor Erschöpfung einschläft, weiß ich nicht - so lange habe ich es noch nicht durchgehalten. Schnuller, Kuscheltier, Milchflasche mit Pre-Milch - haben wir alles probiert, wird aber vehement abgelehnt! Die Milchflasche trinkt er im Zweifelsfall aus, schläft dann aber trotzdem nicht. Nun ist es so, dass er im Oktober in die Kinderkrippe kommt und dort mittags auch schlafen soll. Ich bin mir unsicher, ob es lohnt, vorher die Situation noch zu verändern - und weiß auch nicht, wie! Haben Sie einen Tipp für mich? Herzlichen Dank im Voraus und viele Grüße! Marietta

Mitglied inaktiv - 07.09.2017, 14:11



Antwort auf: Einschlaf-Stillen

Liebe Marietta, es scheint, dass dein Kind viel Nähe braucht, wenn du nun abstillst, wird dein Kind deswegen sicherlich nicht weniger anhänglich sein und genau so oft aufwachen wie bisher. Du musst dir bewusst sein, dass sich durch das Abstillen dein Leben keineswegs auf wundersame Weise positiv verändern wird. Falls Du diese Vorstellung haben solltest, könntest Du eine herbe Enttäuschung nach dem Abstillen erleben. Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Auch wenn das Kind am Tag viel isst, schläft es nicht besser, denn es wacht ja nicht nur wegen dem Hunger auf, sondern sucht Nähe und Geborgenheit! Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht. Die unruhigen Tage und Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst. Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Leider geht der Trend zu immer früherer Anwendung sogenannter Schlaftrainingsprogramme und Eltern von Babys, die sich nicht dieser „Norm" anpassen, wird mehr oder weniger direkt vermittelt, dass sie selbst schuld sind, ja manchmal kommt unterschwellig sogar dazu, dass dies Eltern sich als Versager fühlen sollten. Hast du gewusst dass ein junger Elefant eingeht, wenn er in den ersten 2 Lebensjahren nicht die PERMANENTE Anwesenheit seines Hauptbezugs"tieres" hat (kann auch ein Mensch sein...). Wenn ein Elefantenbaby zum Waisenkind wird bekommt es im Zoo selbstverständlich einen Pfleger zur Seite gestellt, der Tag und Nacht Hautkontakt bietet. Kein Mensch würde die Notwendigkeit dafür in Frage stellen. Nur mit unseren eigenen Babys, die viel unreifer geboren werden, erwarten wir so viel mehr. Das ist ein Punkt, der viele Diskussionen auslöst und bei Mutter und Kind zu vielen Tränen führen kann: Das Kind soll "wach" ins Bett gelegt werden und alleine einschlafen können (was eine enorme neurologische Leistung darstellt). Wenn es aber nur an der Brust oder im Körperkontakt mit der Mutter einschlafen kann, dann verurteilen wir dies als schlechte oder gar schädliche Angewohnheit... Aber das ist es gar nicht! Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch! Schau du, dass du gut auf dich achtest, Ruhepausen findest, vielleicht mal jemanden, der morgens oder am Nachmittag mit der Kleinen im Tragetuch spazieren geht, damit du dich ausruhen oder in die warme Wanne legen kannst. Und hast Du es schon einmal mit dem Kinn-Trick" probiert? Der ist oft sehr hilfreich bei Babys, die die Brust fast ein wenig aus Gewohnheit im Mund haben wollen beim Schlafen. Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen... Das geht auch, wenn das Kind im Schlaf oder Halbschlaf wieder zu "suchen" beginnt: Man drückt ganz sanft sein Kinn nach oben. Bei vielen Babys wirkt das Wunder und sie schlafen plötzlich auch ohne Brust weiter/wieder ein. Manche Mütter berichten, dass es sogar geholfen hat, wenn sie ein kleines Kuscheltier ans Kinn des Kindes gelegt haben... Da ist es natürlich wichtig darauf zu achten, dass die Atemwege nicht blockiert werden :-). Ich persönlich würde jetzt vor dem Krippenstart nicht versuchen, mit Gewalt das Durchschlafen durchzusetzen, dein Baby braucht jetzt Sicherheit, denn der Krippenstart bedeutet schon eine große Umstellung! Wichtig ist auch, dass Du weißt, dass dies zwar eine lange Phase ist, aber sie WIRD vorbei gehen! Bis dahin ist es meist einfacher, das Drumherum zu ändern, als das Baby. • Nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ... • Vielleicht findest Du auch einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinem Kind zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun. • Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss. • Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menüs kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. Überlege dir auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren, dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 07.09.2017