Hallo Still-Team,
meinte Tochter ist 10 Monate alt und ißt mit Beigeisterung Beikost und wird zusätzlich gestillt. Allerdings nimmt das Stillen gerade Ausmaße an, die mir eigentlich zu viel sind.
Tagsüber wird sie zum Aufwachen gestillt, um 11.30 gibt es ein Glas Mittagsbrei und Essen vom Tisch, dann macht sie ihren Mittagsschlaf und gegen 15 Uhr wird sie nochmal gestillt, allerdings bin ich gerade dabei diese Still-Mahlzeit mit einem Obst-Getreide-Brei zu ersetzen, am Abend dann gibt es Abendbrei und Essen vom Tisch, zum Einschlafen manchmal die Brust. In der Nacht wacht sie dann um 24 Uhr, 2 Uhr, 4 Uhr und 6 Uhr auf und will gestillt werden. Dabei habe ich beobachtet, dass sie nicht nur kurz nuckelt, sondern richtig viel trinkt und jedes Mal. Einerseits sind die Nächte so sehr unruhig (ich pendle zwischen ihrem und meinem Bett) und andererseits verstehe ich nicht, warum sie nachts so viel trinkt, wo sie tagsüber mit Begeisterung ißt, immer für einen Keks zu haben ist und manchmal ein kleiner Nimmersatt ist. Ich habe kein Problem nachts 1-2 mal zu stillen, aber 3-4 mal sind einfach zu viel.
Wie kann ich meiner Tochter tagsüber mehr Energie zukommen lassen bzw. ein Glas Milch oder ähnliches, damit sie nachts nicht mehr gar so viel trinken muss?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
von
SabMah
am 07.03.2017, 14:08
Antwort auf:
11 Monate altes Stil-Baby nachts hungrig
Liebe SabMah,
der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten.
Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen.
Es kann also gut sein, dass dein Bay tatsächlich schlicht und ergreifend Hunger hat und noch Nahrung braucht.
Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht.
Die unruhigen Tage und Nächte sind furchtbar anstrengend, daran kann ich mich auch noch gut erinnern. Trotzdem: Sie sind normal und werden garantiert irgendwann vorbei sein. Wann, kann ich leider nicht sagen. Aber sie gehen wirklich vorbei! Bis dahin kannst du probieren, dir den Alltag so einfach wie möglich zu machen, so dass auch du tagsüber mal ein kurzes Nickerchen machen kannst.
In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Kleines weiter entwickelt!
Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben.
Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!!
Ein Baby muss eine gewisse Reife erreichen, um längere Zeit schlafen zu können. Wann dieser Zeitpunkt erreicht wird, ist von Kind zu Kind unterschiedlich. Eine Flasche mit künstlicher
Säuglingsnahrung (oder ein Abendbrei) verbessern das Schlafverhalten nicht (das wurde in
Studien nachgewiesen). Es gibt nicht wenige Kinder, die dann sogar noch weniger schlafen. Auch wenn das Kind am Tag viel isst, schläft es nicht besser, denn es wacht ja nicht nur wegen dem Hunger auf, sondern sucht Nähe und Geborgenheit!
Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt dir in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten.
Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist.
Sehr empfehlenswert ist von Sibylle Lüpold das Buch: "Ich will bei euch schlafen - Ruhige Nächte für Eltern und Kinder." Von ihr ist auch die Broschüre "Kinder brauchen uns auch nachts", in der 20 namhafte Experten wie Dr. William Sears, Prof. Dr. Gerald Hüther und Prof. Dr. Remo Largo gute Argumente liefern , weshalb von der Anwendung eines Schlaftrainings, wie zum Beispiel der Ferber-Methode, abzuraten ist.
http://www.fuerkinder.org/files/broschre_kinder_brauchen_uns_auch_nachts_de.pdf
LLLiebe Grüße
Biggi
von
Biggi Welter
am 07.03.2017