Frage: Stillprobleme

Liebe Biggi, ich habe einen 4 Monaten alten Sohn, ist mein 2. Kind. Meinen ersten Sohn habe ich ein halbes Jahr voll gestillt und noch darüber hinaus. Bei meinem zweiten Sohn hat es bisher auch ganz gut geklappt, nur momentan habe ich das Gefühl ihm reicht die Muttermilch nicht mehr. Die ersten drei Monate war er ein absolutes Sonnenschein-Baby, d.h. er war eigentlich immer zufrieden, hat nur geschrieen wenn er Hunger hatte, nachst kam er 2 - 3 mal und schlief sofort wieder ein. Ich habe vor einer Woche eine Mittelohrentzündung bekommen, mußte Antibiotika nehmen und man riet mir, weiterzustillen. Seit dem ist mein Sohn aber verändert, er wacht öfters nachts auf und weint sehr viel und auch tagsüber ist er ziemlich quengelig. An den ganz heißen Tagen habe ich ihm einmal eine kleine Flasche Fencheltee gegeben und er hat sie fast in einem Zug leergetrunken, ich habe gedacht, oje mein armes Kind hat ja furchtbar Durst und habe ich ihm die ganze Zeit nichts außer Muttermilch gegeben. Ich muß dazu sagen, mein erster Sohn kam im Winter zur Welt, da hatte ich das Problem mit den heißen Tagen nicht. Ich habe jetzt überlegt, mit Beikost anzufangen. Bin nun doch etwas unentschlossen, soll ich noch weiterstillen, oder kann ich mit Karotten mittags anfangen? Ich wüßte gerne eine Rat von Dir. Vielen Dank im voraus. Susan Merz

Mitglied inaktiv - 13.08.2004, 15:27



Antwort auf: Stillprobleme

Liebe Susan, wenn Sie Ihrem Kind etwas Gutes tun wollen, dann verzichten Sie noch etwa zwei weitere Monate auf jegliche Form von Beikost. Auch wenn Ihr Baby nicht allergiegefährdet ist, so ist die zu frühe Einführung der Beikost immer eine starke Belastung für den noch unreifen Darm und belastet auch die Nieren enorm durch die erhöhte Molenlast. Es ist sinnvoll mit der Beikost zu beginnen, wenn das Baby die folgenden Anzeichen zu erkennen gibt: o es ist in der Lage aufrecht zu sitzen, o der Zungenstreckreflex, durch den das Baby feste Nahrung automatisch wieder aus dem Mund herausschiebt, hat sich abgeschwächt, o es zeigt Bereitschaft zum Kauen, o es kann selbstständig Nahrung aufnehmen und in den Mund stecken und interessiert sich dafür, o es zeigt ein gesteigertes Stillbedürfnis, das sich nicht mit einer Erkrankung, dem Zahnen oder einer Veränderung in seiner Umgebung oder in seinem Tagesablauf in Verbindung bringen läßt. Dies ist meist etwa mit sechs Monaten der Fall, bei wenigen Kindern früher, bei gar nicht so wenigen später. Ehe diese Zeichen nicht zu erkennen sind, sollte noch keine Beikost eingeführt werden. Auch Babys, die mit künstlicher Säuglingsnahrung gefüttert werden, sollten in den ersten sechs Monaten keine andere Nahrung erhalten. Überlegen Sie sich wirklich, ob Sie bereits jetzt mit Beikost beginnen wollen, es hat keinen Vorteil für Ihr Kind, aber viele Nachteile und nur die Tatsache, dass die Nahrungsmittelindustrie auf die Packungen druckt "ab vier Monate" heißt nicht, dass Beikost ab diesem Alter sinnvoll oder notwendig ist. Wahrscheinlich reagiert Ihr Baby eher auf Ihre Krankheit, denn Ihnen ging es ja auch nicht gut, möglicherweise hat ja sogar Ihr Baby selbst einen kleinen Infekt gehabt und fühlte sich nicht wohl. Selbst wenn es Durst hatte, ist es besser, ein Baby öfter zu stillen, als Tee zu geben. Ein gesundes, voll gestilltes Kind braucht keinen Tee (und wenn es welchen bekommt, dann ist es nicht mehr voll gestillt). Tee ist ein Arzneimittel und ein gesundes Kind braucht keine Medikamente. Tee kann nicht nur unerwartete Nebenwirkungen mit sich bringen (da Tees nun einmal eine Arzneiwirkung haben, haben sie auch Nebenwirkungen), sondern auch zu Problemen wie Gedeihstörungen (das Baby erhält eine kalorienarme oder kalorienfreie Flüssigkeit, die den Magen füllt und so verhindern kann, dass es oft genug an der Brust trinkt) oder auch Saugverwirrung (wenn der Tee mit der Flasche gegeben wird) führen und sogar das Abstillen einleiten. Alle Flüssigkeit, die ein voll gestilltes Baby braucht, bekommt es an der Brust (auch bei heißem Wetter, Beduinenfrauen geben auch weder Tee noch Wasser). Eine Studie in den Tropen ergab sogar, dass vollgestillte Kinder mehr Flüssigkeit aufnahmen als die Kinder, die zusätzliche Flüssigkeit bekamen (Sachdev, Krishna, Puri et al., 1991). Zur eingehenderen Information hänge ich Ihnen am Schluss den Artikel einer Kollegin an. Haben Sie den Eindruck, dass Ihr Kind nicht richtig gedeiht? Ob Ihr Kind gedeiht können Sie bei einem vollgestillten Baby an den folgenden Anzeichen erkennen: o mindestens fünf bis sechs nasse Wegwerfwindeln hat (um zu sehen wie nass "nass" ist, können Sie sechs Esslöffel Wasser auf eine trockene Windel geben). Diese Regel gilt aber nur für voll gestillte Kinder, das heißt das Baby bekommt nichts außer Muttermilch (kein Wasser, Tee, Saft usw.). o in den ersten sechs Wochen täglich mindestens zwei bis vier Stuhlentleerungen (später sind seltenere Darmentleerungen normal) o eine durchschnittliche wöchentliche Gewichtszunahme von mindestens 110 g pro Woche ausgehend vom niedrigsten Gewicht (mit zunehmendem Alter verringert sich die durchschnittliche Gewichtszunahme), o eine gute Hautfarbe und eine feste Haut, o Wachstum in die Länge und Zunahme des Kopfumfangs o ein aufmerksames und lebhaftes Verhalten des Babys in den Wachphasen. Solange diese Kriterien erfüllt sind, dürfte alles in Ordnung sein. Sollte dies nicht zutreffen, sollten Sie vermehrt anlegen. Außerdem wäre es dann sicher empfehlenswert, dass Sie sich die Unterstützung einer Stillberaterin vor Ort suchen. Sie kann im direkten Gespräch mit Ihnen viele Fragen sofort klären und kann sich auch anschauen, wie Sie anlegen und wie Ihr Baby saugt. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi Welter Ist zusätzliche Flüssigkeit für gesunde, voll gestillte Babys notwendig? Von Denise Both, IBCLC Immer wieder wird stillenden Müttern gesagt, dass Muttermilch alleine für ihr Kind nicht ausreichend sei und sie unbedingt Tee oder Wasser zugeben müssten. Die für diese Empfehlung angeführten Gründe sind vielfältig, stehen jedoch im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Empfehlungen zur Stillförderung, die UNICEF und WHO im Rahmen ihrer Initiative "Stillfreundliches Krankenhaus" veröffentlicht haben. Zusätzliche Gaben von Tee, Glukoselösung oder Wasser sind bei einem voll ausgetragenen, gesunden Baby, das ausschliesslich mit Muttermilch ernährt wird, nicht notwendig und können den Stillerfolg erheblich gefährden. Auch wenn unter unseren westlichen Verhältnissen nicht zu erwarten ist, dass das Kind durch verunreinigtes Wasser Schaden nimmt, so können sich zusätzliche Flüssigkeitsgaben bei einen Neugeborenen auf andere Weise auswirken. Zusätzlich gegebene Flüssigkeit füllt den Magen des Babys und verringert so sein Interesse am Gestilltwerden. Ein Baby, dessen Magen mit Tee gefüllt ist, erhält nicht genügend Kalorien. Tee und Glukoselösungen wirken sich störend auf das Stillen aus. Babys, die derartige Flüssigkeiten erhalten, neigen dazu, mehr an Gewicht zu verlieren als Babys, die ausschliesslich gestillt werden. Zusätzlich verabreichter Tee (oder Glukoselösung) trägt zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Untersuchungen haben ergeben, dass die Bilirubinwerte eines Babys um so höher liegen, je mehr Tee es in den ersten Lebenstagen erhalten hat. Das Mekonium (erster Stuhlgang) ist sehr bilirubinreich. Kolostrum hat eine abführende Wirkung und hilft dem Baby bei einer beschleunigten Ausscheidung des Mekoniums. Dadurch wird der Bilirubinwert niedrig gehalten. Zusätzlich gegebener Tee hingegen regt nicht zu Darmbewegungen an, verursacht eine Rückabsorption des Bilirubins in den Körper des Babys und trägt somit zur physiologischen Neugeborenengelbsucht bei. Auch während einer Phototherapie bei verstärkter Neugeborenengelbsucht sollte das Kind bevorzugt häufig Muttermilch statt Tee erhalten Wird Flüssigkeit mit einer Flasche gegeben, kann dies zu Stillproblemen, einer Schwächung der Saugfähigkeit oder Ablehnung der Brust führen. Ein Neugeborenes kann auf den Wechsel zwischen Brust und Flasche während der ersten Lebenswochen mit Verwirrung reagieren. Eine Saugverwirrung kann zu gravierenden Stillproblemen führen. Auch bei heissem Wetter ist es nicht notwendig zusätzliche Flüssigkeit zu geben. Muttermilch genügt auch in dieser Situation als vollwertiges Nahrungsmittel und enthält genau das richtige Verhältnis von Flüssigkeit und Nahrung, um Hunger und Durst des Babys zu befriedigen. Wichtig ist jedoch, dass die Mutter das Baby nach Bedarf stillt, was bei heissem Wetter häufiger der Fall sein kann. Quellen: Mohrbacher und Stock: The Breastfeeding Answer Book, 1997 Lauwers und Shinskie: Counseling the Nursing Mother, 1999 Goldberg und Adams: Studie veröffentl. im Arch. Dis. Child, 1983 Sachdev, Krishna, Puri et al.: Zusätzliche Flüssigkeit für voll gestillte Kinder im Sommer in den Tropen, Lancet 1991

Mitglied inaktiv - 13.08.2004, 19:20