Frage: Still-und Schlafproblem

Hallo liebe Stillberaterinnen, mein Sohn ist 4 1/2 Monate alt, ich stille ihn seit seiner Geburt voll und nach Bedarf. Er kam mit 2915 g am Termin auf die Welt, wiegt jetzt ca. 5800g. Ich habe keine Babywaage, kontrolliere aber ab und zu sein Gewicht mit mir zusammen auf der normalen Waage, also eher ungenau. Momentan habe ich das Gefühl, dass er eher stockend zunimmt (seit ca 3 Wochen wiegt er immer 5700, 5800 in dem Dreh). Der Kinderarzt war bisher immer zufrieden, sein Gewicht lag stets im unteren Bereich aber innerhalb der Perzentilen. Schlafen tut er in einem Babybalkon direkt neben mir. Soweit zur Vorgeschichte. Mein Problem ist, dass er mehr oder weniger seit Geburt nachts alle 2 Stunden gestillt werden will und mir das langsam aber sicher an die Substanz geht. Nächte, in denen er mal 3 oder gar 4 Stunden am Stück geschlafen hat kann ich an einer Hand abzählen. Er trinkt jedesmal 10-15 Minuten, es ist also scheinbar nicht nur Nuckelbedürfnis. Am Tag will er bei weitem nicht so häufig trinken, außerdem ist das stillen oft sehr unruhig. Entweder er lässt sich dauernd ablenken, guckt herum, lehnt sich zurück usw. oder aber er schreit nach wenigen Zügen die Brust an. Oft hilft ein vorzeitiger Seitenwechsel, aber nicht immer. Ich habe also das Gefühl, dass er nachts nachholt, was er am Tag zu wenig getrunken hat. Öfter anlegen, im ruhigen Raum stillen etc, hab ich alles versucht. Wenn er nicht richtig trinken will, will er nicht. Da er ja nun eher zart ist, mag ich ihn nachts auch nicht irgendwie "hinhalten" oder ihm die Brust verweigern. Ich überlege ernsthaft, ob ich ihn abends mit Pre-Milch zufüttere in der Hoffnung, dass er damit länger satt ist und besser schläft. Was halten Sie davon oder was kann ich sonst tun? Ich habe auch Angst, dass ihm meine Milch nicht mehr reicht, er nie satt wird etc. Tschuldigung dass es so lang geworden ist und vielen Dank für Ihren Rat im Voraus! Kerstin

Mitglied inaktiv - 26.05.2009, 11:54



Antwort auf: Still-und Schlafproblem

Liebe kessrrsstin, gerade Babys, die in der ersten Zeit sehr gut zugenommen haben, stagnieren dann auch um den vierten, fünften Monat gerne einmal. Babys nehmen ohnehin in Schüben zu und nicht linear und mit zunehmendem Alter verlangsamt sich die Gewichtszunahme. Die durchschnittliche Gewichtszunahme bei einem gestillten Baby beträgt in den ersten drei bis vier Monaten 113 bis 227 Gramm pro Woche, bei einem vier bis sechs Monate alten Stillkind beträgt sie noch 85 bis 142 Gramm wöchentlich. Es ist ein normaler entwicklungsphysiologischer Verlauf, dass Babys ab dem Alter von vier bis sechs Monaten nachts (wieder) vermehrt aufwachen. Dieses Aufwachen liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung oder eben das Abstillen auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Außerdem kann es passieren, dass Ihr Baby die Brust ganz verweigert, wenn es die Flasche bekommt und Sie so unfreiwillig abstillen. Die Kinder beginnen die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Abgesehen von den umstrittenen Schlaftrainingsprogrammen, die von Stillexperten nahezu einhellig abgelehnt werden, bleibt in dieser Zeit nicht viel, als geduldig zu bleiben und sich die Tage und Nächte so einfach wie möglich zu gestalten. Der immer wieder verbreitete Gedanke, dass ein Baby ab sechs Monaten (oder einer anderen Altersgrenze) nachts nicht mehr aufwachen darf und nachts keine Nahrung mehr braucht entspringt in keinster Weise dem natürlichen Verhalten und den Bedürfnissen eines Babys oder Kleinkindes, sondern er entstammt dem (verständlichen) Wunsch der Erwachsenen, die gerne ihre Nachtruhe hätten. Eine Studie von Jelliffe und Jelliffe ergab, dass Babys im Alter von 10 Monaten mindestens 25 % ihrer Muttermilchaufnahme nachts zu sich nehmen. Das spricht eindeutig dafür, dass Babys auch nach den ersten sechs Monaten nachts noch hungrig sind. Es gibt Kinder, die nachts keine Nahrung mehr brauchen, aber es gibt eben auch sehr viele Kinder, die mit einem halben Jahr noch nicht so weit sind. So wie manche Kinder bereits mit elf Monaten laufen und andere damit erst mit 16 Monaten beginnen, so entwickeln sich auch alle anderen Dinge bei jedem Kind individuell verschieden und diese Entwicklung lässt sich begleiten, aber nicht beschleunigen. Es gibt kein Patentrezept, um ein Kind zu längeren Schlafphasen zu bringen. Hätte ich eines, das das Kind achtet, würde ich ein Buch darüber schreiben und damit einen Bestseller landen, an dem sich gut verdienen ließe. Wenn Sie gerne lesen und ein Buch lesen möchten, das sich mit dem Thema Schlaf auseinandersetzt und dessen Autor beim Thema Schlaf auch Achtung vor dem Baby zeigt und dessen Bedürfnisse ernst nimmt, kann ich Ihnen wärmstens `Schlafen und Wachen - ein Elternbuch für KindernächteA von Dr. William Sears empfehlen, das Sie im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL-Stillberaterin bekommen können. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 26.05.2009