Frage: power-stilling ;-)???

Hallo, unsere Olivia ist erst 9 Tage alt. Von Geburt an hatte sie einen sehr ausgeprägten Saugreflex; d.h. dass sie (wenn sie nicht schläft) an meiner Brust verweilt. Entweder sie trinkt sehr ausgiebig und schläft ein; oder sie fängt nach dem Trinken an zu weinen und ist entweder durch ein Tragetuch oder durch erneutes Anlegen zu beruhigen. Unsere Frage: ist es richtig, sie immer wieder gleich anzulegen? Besteht dadurch die Gefahr, dass sich das Baby schwierig an einen Rhythmus gewöhnt? Unsere Hebamme meint, wir sollten nach dem Stillen versuchen sie 3-4 Stunden nicht anzulegen. Kann es andere Probleme geben? Dazu muss ich sagen, dass es nachts seit drei Nächten ganz gut läuft; das Weinen sich hauptsächlich auf vormittags und abends bezieht. Vielen Dank für einen Tipp! Gruß Astrid

Mitglied inaktiv - 05.11.2004, 21:47



Antwort auf: power-stilling ;-)???

Liebe Astrid, Ihre Hebamme hat Ihnen keinen guten Rat gegeben. Ein Baby sollte nach Bedarf gestillt werden. Alle Stillexperten sind sich einige, dass Stillen nach Bedarf für Mutter und Kind am Besten ist. So wird sichergestellt, dass das Baby die Nahrung, die es braucht, genau dann bekommt, wenn es es braucht und sich das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage einstellen kann. Während eines Wachstumsschubs kann es durchaus sein, dass ein Baby alle Stunde an die Brust möchte. Es gibt keinen Grund einen Mindestabstand zwischen zwei Stillmahlzeiten einzuhalten. Im Extremfall kann das „Hinhalten" des Babys zu Gedeihstörungen führen. All die Erzählungen von einem bestimmten Rhythmus eines Babys sind schlicht und ergreifend falsch. So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Alterstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, das die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Bitte lassen Sie sich nicht verunsichern, Sie machen es so genau richtig! Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, einmal ein Stillgruppentreffen zu besuchen oder zumindest einmal mit einer Stillberaterin in ihrer Nähe ein direktes Gespräch (auch am Telefon) zu führen. Viele Unsicherheiten lassen sich im direkten Gespräch sehr viel besser ausräumen und der Austausch mit anderen stillenden Müttern kann sehr ermutigend sein und vor allem werden Sie sehen und erleben, dass sich andere Babys genau so verhalten wie Ihr kleines Menschlein. Wenn Sie mir Ihren Wohnort mit Postleitzahl angeben, suche ich Ihnen gerne die nächstgelegene LLL Stillberaterin heraus. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 05.11.2004



Antwort auf: power-stilling ;-)???

Liebe Biggi, vielen Dank für Deine ausführliche Antwort, die uns auch sehr beruhigt hat. Dass, was Du beschrieben hast, scheint genau auf unsere Situation zuzutreffen. Nachdem Olivia gestern von 18 Uhr bis 1 Uhr morgens total aufgewühlt war und nur durch Stillen zu beruhigen war, hat sie fast die ganze Nacht geschlafen. Tagsüber war sie heute sehr lieb, hat getrunken, geschlafen, war wach und sehr ausgeglichen. Jetzt gerade begann die selbe Situation wie gestern. Olivia trinkt, schläft dabei ein - doch sobald man sie ins Bett legt, wird sie wach, total hektisch und ist nur durch Stillen zu befriedigen, wobei sie nicht unbedingt viel trinkt. Ist es das was Du meinst? Andersherum sagt man ja auch, Babys sollen nicht an der Brust nur "rumnuckeln" und einschlafen... Kann ein Baby eigentlich zuviel trinken? Es wäre nett, wenn Du noch einmal kurz antworten würdest. Auf alle Fälle wollen wie trotzdem einmal Kontakt mit einer Stillberaterin in unserer Nähe aufnehmen - unsere PLZ ist 49545 (Tecklenburg). Vielen Dank! Lieben Gruß Astrid

Mitglied inaktiv - 06.11.2004, 18:51



Antwort auf: power-stilling ;-)???

? Liebe Astrid, Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist das Stillen und gemeinsame Schlafen eine bewährte Methode Kinder glücklich, gesund und zufrieden aufwachsen zu lassen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Kindes nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys und Kleinkinder wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben und Eltern, die nicht in das „Schema der derzeitigen Mode" passen, werden verunsichert. Wenn ein Kind so weit ist, dass es alleine Ein(Schlafen) kann, dann wird es dies von sich aus tun. Niemand käme auf die Idee, ein Kind mit sechs Wochen immer wieder hinzustellen, damit es schneller laufen lernt, denn jeder weiß, dass dies nicht sinnvoll ist. Warum soll ein Erzwingen in anderen Bereichen der Entwicklung sinnvoll sein? Weil es für uns Erwachsene angenehmer ist? Das heißt jedoch keineswegs, dass ein Baby oder Kleinkind immer ausschließlich durch Stillen zum Schlaf finden kann. Babys wissen zum Beispiel sehr genau, dass es einen Unterschied zwischen Mutter und Vater gibt und auch, dass der Vater keine Brust zum Stillen hat. Väter und Kinder entwickeln daher - wenn sie die Gelegenheit dazu bekommen - ihre eigenen Wege und sind dabei oft erstaunlich kreativ. Tipps, wie die Babynächte (wieder) ruhiger werden und Erklärungen zum kindlichen Schlaf findest Du in dem Buch von Dr. William Sears „Schlafen und Wachen - Ein Elternbuch für Kindernächte". In diesem Buch werden aber keine Schlafprogramme oder Therapiepläne aufgestellt. Der Autor ist ein erfahrener Kinderarzt und achtfacher Vater und zeigt etwas sehr Wichtiges: Achtung vor dem Kind. Das Buch ist im Buchhandel, bei der La Leche Liga und jeder LLL-Stillberaterin erhältlich. Die nächstgelegene LLL-Stillberaterin dürfte Frau Gundi Regner-Hendriks Tel.: 05901-4209 sein. Ruf einfach mals an. LLLiebe Grüße Biggi Welter

von Biggi Welter am 08.11.2004