Einschlafstillen und nächtliches Aufwachen

 Biggi Welter Frage an Biggi Welter Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

Frage: Einschlafstillen und nächtliches Aufwachen

Liebe Biggi, liebe Kristina, meine Tochter (5 Monate) wird noch voll gestillt und oft auch vorm Schlafen tagsüber und abends in den Schlaf gestillt. Sonst schläft sie im Kinderwagen oder im Auto ein. Ich hatte damit auch kein Problem, kenne ja auch eure Beiträge und wollte mich diesbezüglich nicht verrückt machen. Soweit der gute Vorsatz. Jetzt ist es aber so, dass sie zur Zeit immer öfter aufwacht nachts. Vorletzte Nacht alle 1,5 Stunden. Sie hat auch schon vorher mal unruhige Nächte gehabt, aber dann gab es auch mal wieder welche in denen sie mal 3-4 Stunden geschlafen hat. Jetzt ist es schon lange unruhig und wird nur schlechter, statt besser. Oft lieg ich stundenlang wach und kann nicht mehr einschlafen. Bei meinem Sohn war das auch schon so, nur dass er von Anfang an fast immer alle 2 Stunden kam, später dann auch alle 1-1,5. Bei ihm wurde es erst besser als ich mit 14 Monaten nachts abgestillt habe. Er wird zwar auch heute mit fast 3 Jahren nachts noch oft 2 mal wach, obwohl er allein einschläft, aber eben nicht mehr stündlich. Jetzt habe ich natürlich große Sorge, dass sich das bei meine Tochter ähnlich entwickelt und da ich mich auch um meinen Sohn kümmern muss, kann ich mich tagsüber kaum ausruhen. Großeltern haben wir hier auch nicht in der Nähe. Da man immer wieder liest, dass die Kleinen sich an das Einschlafen an der Brust gewöhnen und es anders lernen müssen, bin ich sehr verunsichert. Wenn ich sie auf dem Arm zum Schlafen bringen möchte schreit sie aber wie am Spieß (was auch sehr frustrierend ist) und ist sie eingeschlafen, lässt sie sich schlechter ablegen und wird ständig wieder wach und schreit. Das kann und soll ja auch nicht die Lösung sein. Alleine im Bett weinen lassen kommt schon gar nicht in Frage. Ich kenne leider niemanden der ähnliche Erfahrungen gemacht hat, deshalb meine Frage ob es tatsächlich Kinder gibt, bei denen sich die unruhigen Nächte wieder von alleine geben (in absehbarer Zeit) oder tatsächlich erst wenn sie so weit sind ohne Brust einzuschlafen. Entschuldigung für den langen Text, aber ich bin zur Zeit etwas verzweifelt. Auch vielen Dank für eure Arbeit hier und dass man sich mal alles von der Seele schreiben kann und jemand "zuhört". Liebe Grüße

von bine1084 am 03.07.2018, 20:07



Antwort auf: Einschlafstillen und nächtliches Aufwachen

Liebe bine1084, ich verstehe Dich so gut, ich weiß, dass Schlafentzug Folter ist :-(. Das Schlafverhalten hängt nicht unbedingt oder nur in extrem geringem Maße von der Ernährung ab. Gerade in der Zeit ab etwa sechs Monaten wachen viele Babys (wieder) vermehrt auf. Dies liegt nicht an der Ernährung des Kindes, sondern ist entwicklungsbedingt. Deshalb ist die Einführung von fester Nahrung oder künstlicher Säuglingsnahrung auch keine Garantie für angenehmere Nächte. Die Kinder beginnen um diesen Zeitraum die Welt sehr konkret zu erleben, sie müssen das am Tag Erlebte in der Nacht verarbeiten, sie lernen neue Fähigkeiten (umdrehen, robben, krabbeln, gezieltes Greifen ...), sie beginnen den Unterschied zwischen fremd und bekannt zu erkennen. All dies ist ungeheuer aufregend und auch anstrengend. Dazu kommt, dass sich die Zähne verstärkt bemerkbar machen, dass vielleicht die erste Erkältung kommt und, und, und ... Der scheinbare Rückschritt im Schlafverhalten ist eigentlich ein Fortschritt, denn er zeigt, dass die Entwicklung des Kindes voranschreitet. Du kannst jetzt mit vielen Tricks versuchen, die Situation zu verändern, aber es wird nur Stress und Tränen geben, denn dein Kind IST einfach in der Phase, in der es dich so viel braucht. In dieser Zeit verarbeiten Kinder vieles in der Nacht, und brauchen die Bestätigung, dass Mama ganz nah ist, und die beruhigende Milch, noch ziemlich. Es ist kein Rückschritt, wie es scheint, sondern zeigt, dass sich dein Kleines weiter entwickelt! Seit Jahrtausenden und in unzähligen Kulturen ist es so, dass Mütter ihre Babys in den Schlaf stillen. Das Saugen wirkt beruhigend und nicht umsonst wurden im Laufe der Zeit die verschiedensten Brustattrappen (z.B. Schnuller s.o.) erfunden. Von der Natur ist es nicht vorgesehen, dass ein Baby oder Kleinkind allein ist und alleine einschläft. Nur passt dieses „natürliche" Verhalten des Babys nicht in unsere derzeitige Zeitströmung und damit haben wir ein (von uns selbst produziertes) Problem: Babys wissen nicht, was zur Zeit „Mode" ist und benehmen sich so, wie sie es seit Anbeginn der Menschheit getan haben. Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" Du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch! Und hast Du es schon einmal mit dem Kinn-Trick" probiert? Der ist oft sehr hilfreich bei Babys, die die Brust fast ein wenig aus Gewohnheit im Mund haben wollen beim Schlafen. Dabei legst du, wenn du die Brust dem schlafenden Kind aus dem Mund gezogen hast, einen Finger längs unter die Unterlippe, so dass die Lippe beim "Suchen" einen gewissen Widerstand spürt. Dieser Widerstand wirkt beruhigend auf viele Kleinen, und sie schaffen es sich zu entspannen und eine tiefere Schlaf-Ebene zu erreichen... Das geht auch, wenn das Kind im Schlaf oder Halbschlaf wieder zu "suchen" beginnt: Man drückt ganz sanft sein Kinn nach oben. Bei vielen Babys wirkt das Wunder und sie schlafen plötzlich auch ohne Brust weiter/wieder ein. Manche Mütter berichten, dass es sogar geholfen hat, wenn sie ein kleines Kuscheltier ans Kinn des Kindes gelegt haben... Da ist es natürlich wichtig darauf zu achten, dass die Atemwege nicht blockiert werden :-). Wichtig ist auch, dass Du weißt, dass dies zwar eine lange Phase ist, aber sie WIRD vorbei gehen! Bis dahin ist es meist einfacher, das Drumherum zu ändern, als das Baby. • Nimm ALLE Hilfe an, die Du bekommen kannst. Erkundige dich mal, ob Du nicht eine Haushaltshilfe bekommen kannst (wegen absoluter und chronischer Erschöpfung). Möglicherweise kann dir auch deine Mutter, Schwiegermutter, Schwester oder eine Freundin (selbstverständlich auch das männliche Pendant dazu) etwas unter die Arme greifen. Das können ganz simple Dinge sein z.B. einmal alle Fenster putzen, deinen Bügelkorb leerbügeln, einige vorgekochte Mahlzeiten für deine Tiefkühltruhe, ein Nachmittag Babysitten während Du in die Sauna gehst oder sonst etwas für dich tust ... • Vielleicht findest Du auch einen verantwortungsbewussten Teenager, der gegen geringes Entgelt bereit ist, mit deinem Kind zu spielen oder spazieren zu gehen. In dieser Zeit solltest Du dann aber wirklich entweder schlafen (bzw. ruhen) oder DIR etwas Gutes tun. • Lass den Haushalt auf Sparflamme laufen. Nicht alles muss gebügelt werden. Wenn Handtücher nach dem Baden und Duschen wieder aufgehängt werden, statt auf dem Fußboden zu landen, können sie mehrmals benutzt werden, das spart Wäsche. Es ist nicht wesentlich mehr Arbeit die doppelte Menge Spaghettisoße zu kochen, aber Du hast dann eine fast fertige Mahlzeit für die Tiefkühltruhe. Es schadet nicht der Gesundheit der Familie, wenn Du die Fenster erst wieder im nächsten Jahr putzt. Du wirst sicher einiges finden, was im Haushalt nicht so perfekt gemacht werden muss. • Achte darauf, dass Du genügend isst und trinkst. Du musst keine perfekten Menüs kochen und essen, einigermaßen ausgewogen reicht und es darf auch Tiefkühlgemüse statt frischem Gemüse sein (dann sparst Du dir auch das Schälen und Putzen). Eine hungrige Mutter ist nicht so belastbar. Überlege dir auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren, dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Ich hoffe, die Antwort hilft dir weiter, auch wenn ich Dir so gar nicht helfen kann. Wenn Du in meiner Nähe wohnst (kommst u zufällig aus Augsburg ;-)), komme ich gerne vorbei und geh mit Deinen Zwergleins spazieren, damit Du Dich ausschlafen kannst…. LLLiebe Grüße Biggi

von Biggi Welter am 03.07.2018



Antwort auf: Einschlafstillen und nächtliches Aufwachen

Liebe Biggi, vielen Dank für deine Antwort und dein Angebot. Leider wohnen wir sehr weit von Augsburg entfern :-( Ich kenne die Punkte, die du aufgeführt hast und habe auch ziemlich alles probiert und berücksichtigt. Zumindest der Haushalt läuft auf Sparflamme, wenn ich mich hier so umschaue ;-) Wenn man halt wieder in der Situation steckt, sucht man nach irgendeiner Möglichkeit. Ich werde wohl noch etwas Geduld haben müssen und hoffen, dass die Kleine wie in bisher allem, etwas schneller ist als ihr großer Bruder :-) Liebe Grüße

von bine1084 am 05.07.2018, 09:46



Antwort auf: Einschlafstillen und nächtliches Aufwachen

:-)) Ich umarme Dich! Biggi

von Biggi Welter am 05.07.2018



Antwort auf: Einschlafstillen und nächtliches Aufwachen

Liebe Biggi, leider muss ich nochmal eine Frage zu unserer Situation stellen. Denkst du, dass ich bei meiner Tochter etwas „kaputt gemacht“ haben könnte, weil sie sich zweimal auf meinem Arm in den Schlaf weinen musste? Seit dem ist das Einschlafen viel schwieriger und langwieriger geworden. Davor musste ich sie nur an die Brust lassen, wenn sie müde war und sie ist sofort eingeschlafen, auch wenn das Stillen sonst nicht immer so harmonisch geklappt hat. Jetzt klappt es beim Stillen meistens nur wenn ich mich mit ihr hinlege. Mal ohne, mal mit etwas Gemecker. Aber es kann sich auch in die Länge ziehen. Schwierig ist es wenn wir unterwegs sind. In der Wiegehaltung will sie dann tagsüber auch nicht an die Brust. Abends geht das eigentlich auch. Zur Zeit weint sie aber auch im Kinderwagen, Fahrradanhänger oder Auto immer öfter (so seit 3 Tagen), was vorher selten ein Problem war. Nur schreit sie sich auf dem Arm auch richtig in Rage. In der Trage weint sie auch, aber es geht recht schnell und dann schläft sie ganz ruhig. Ich habe auch das Gefühl, dass es nachmittags schwieriger ist, als morgens. Was kann ich also unterwegs machen, wenn sie nicht an die Brust will. Ist es ok, wenn sie dann in der Trage weint? Ich mach mir jetzt natürlich Vorwürfe, dass sie das Vertrauen in mich verloren haben könnte und möchte nicht, dass sie dauern weinen muss beim Einschlafen. Sie musste aber noch nie lange alleine weinen, nur mal kurz, wenn ich mich grad um meinen Sohn kümmern musste. Der möchte halt auch was unternehmen, deshalb kann ich ja auch nicht nur zu Hause bleiben um sie ins Bett zu legen. Puh, das war jetzt wieder lang, aber mein Kind ist mir einfach ein großes Rätsel. Liebe Grüße und vielen Dank

von bine1084 am 16.07.2018, 21:03



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